African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
»Behördenirrtümer« schließlich gelegt hatten, atmete ich auf. Ich hatte meine Arbeit und eine hübsche kleine Wohnung, die ich Stück für Stück hell und freundlich einrichtete. Das Geld, das ich verdiente, reichte für mich. Doch ich hatte da noch diesen Traum aus Kindheitstagen, den ich nicht vergaß: Ich wollte den Kindern in Bukom helfen.
Als Putzkraft sah ich auf den Messen, dass die Toilettenfrauen gute Möglichkeiten hatten, etwas dazuzuverdienen. Sie hatten ihr Festgehalt und durften die Trinkgelder behalten. Ich hatte die Abende frei, kannte kaum jemanden – ich war einsam. Anstatt zuhause herumzusitzen, könnte ich mir doch eine solche Stelle als Klofrau suchen, dachte ich.
Eine griechische Kollegin vermittelte mir einen Abendjob bei einer Firma, für die ich die Toiletten verschiedener Kneipender Düsseldorfer Bolkerstraße putzte. Dort musste ich zwar das Trinkgeld abgeben, erhielt dafür jedoch ein Festgehalt. Aber die Arbeit hat mir nicht so gut gefallen, weshalb ich mich nach einer anderen Stelle umsah.
Ich ging durch Düsseldorfs Altstadt und sah nach, wo schon eine Klofrau arbeitete und wo nicht. Ich schaute mir die Kneipen genau an und verwarf die, in denen die Männer schon um neun Uhr abends betrunken auf die Toiletten torkelten und sich spätestens ab zehn Uhr übergaben.
Es war an einem Sonntag nach dem Gottesdienst, als ich mich wieder einmal in der Altstadt auf die Suche machte. Ich schlenderte die Heinrich-Heine-Allee entlang und bog in die Ratinger Straße ein. Ich wusste nicht genau, wohin ich wollte, und ging daher einfach so der Nase nach. Auf einmal hatte ich das Gefühl, dass mich ein starker Wind in meinem Rücken in eine bestimmte Richtung schob, und ohne nachzudenken setzte ich Fuß vor Fuß. Ich hatte die Augen fast geschlossen, ließ mich einfach so vom Wind treiben. Als ich die Augen wieder öffnete, stand ich vor dem Lokal »Zum Goldenen Einhorn«.
Na gut, dachte ich, schauen wir mal nach. Ich betrat das Lokal, das mir sofort gefiel. Am frühen Sonntagnachmittag waren nicht viele Leute da, aber ich erkannte sofort, dass es sich bei den wenigen Gästen um Akademiker handelte.
Ich setzte mich. Ein Mann kam hinter dem Tresen hervor und fragte mich nach meinen Wünschen. Ich bestellte eine Tasse Schokolade, irgendwie war mir nach dem Getränk meiner Kindheit zumute. Der Mann schaute mich neugierig an, sagte aber nichts, sondern brachte mir die Schokolade, die ich Schluck für Schluck genoss. Dann ging ich zu den Toiletten.
Nein, es gab keine Klofrau. Auf den ersten Blick war mir klar, dass ich hier dringend gebraucht wurde. Ich ging wieder hinauf und begann mit dem Mann ein Gespräch.
»Ich möchte gerne den Geschäftsführer sprechen«, sagte ich freundlich, aber bestimmt.
Der Mann schaute mich verdutzt an: »Einer von den beiden steht vor dir. Ich bin Volker. Was kann ich für dich tun?«
»Ich finde, ihr braucht eine Toilettenfrau. Ihr habt ein schönes Lokal, aber bei den Klos liegt einiges im Argen.«
»Eine Toilettenfrau?« Der Mann machte große Augen. »Moment bitte«, sagte er dann. »Ich ruf mal meinen Partner.«
Als die beiden vor mir saßen, unterbreitete ich ihnen meinen Vorschlag: Ich würde jeden Abend nach ihren Toiletten sehen und sie bräuchten mir nichts zu bezahlen. Es wäre schön, wenn sie mir ein Tischchen hinstellen könnten. Mehr benötigte ich nicht. Ich würde auf der Basis der Trinkgelder arbeiten.
»Ihr könnt dabei nur gewinnen. Euren Gästen wird das gefallen.«
Die beiden sahen sich an.
»Ja«, sagte Volker, »die Toiletten müssen dringend erneuert werden. Das haben wir schon seit einer ganzen Weile vor. Nicht wahr, Uli? Wie wäre es, wenn wir das noch abwarten?«
»Nein«, meinte ich strahlend. »Ich möchte heute Abend schon anfangen. Wenn ihr die Klos irgendwann umbaut, umso besser. Aber warum sollen sie nicht jetzt schon sauber und ansprechend sein?«
Wer weiß, wie lange die Sanierung dauern wird, dachte ich. Und tatsächlich: Im »Einhorn« sind die neuen Toiletten gerade erst vor Kurzem fertig geworden.
Die beiden lachten und sahen sich an.
»Was meinst du?«, fragte Volker.
»Ich finde das klasse! Sie soll anfangen. Von mir aus schon heute Abend.«
Wir reichten uns die Hände. Damit war es abgemacht. Es sollte, wie man so schön sagt, der Beginn einer langen Freundschaft sein, die bis heute andauert.
Als ich am Abend kam, fand ich vor dem Toilettenbereich ein Tischchen und einen Stuhl. Außerdem hatten sich
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