African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
meineneuen Chefs ein kleines Zusatzgeschäft für mich ausgedacht: Auf dem Tisch befand sich ein Tablett mit diversen Süßigkeiten.
»Als Startkapital«, sagte Uli.
Von da an wurde es Brauch, dass man bei mir auch etwas Süßes kaufen kann.
Ich freute mich und dankte Gott für den glücklichen Wind, den er in meinen Rücken hatte wehen lassen, um mich von allen Kneipen Düsseldorfs ausgerechnet ins »Einhorn« zu leiten.
Als Toilettenfrau verdiente ich im Schnitt umgerechnet 400 Euro pro Monat. 50 Cent für 50 Cent sammelte ich Geld für die Kinder in Bukom. Wo andere Menschen nur eine Münze sahen, sah ich Schulbücher, Schuluniformen, Schulgebühren. Zunächst erzählte ich niemandem von meinem Vorhaben, auch nicht den beiden »Einhorn«-Geschäftsführern.
Ein Jahr nachdem ich meinen Messejob begonnen hatte, konnte mein Onkel in Accra das erste Kind aufnehmen. Als sich meine Mutter für ein Leben in London entschieden hatte, war er in ihr Haus nach Abeka gezogen. Dort lebten auch meine kleine Schwester und mein Sohn; Mama Patience kümmerte sich um alle.
Mein Onkel erwies sich als wunderbarer Partner in Sachen Bukom-Kinder. Ich hatte eine Menge Cousins und Cousinen, die Kinder und Enkelkinder in die Welt setzten, jedoch nicht in der Lage waren, das Schulgeld für sie aufzubringen. Mein Onkel hatte nach und nach viele solcher Kinder in sein Haus aufgenommen und ich schickte ihm das nötige Geld, das ich allabendlich als Klofrau verdiente. Wenn das »Einhorn« geschlossen hatte, saß ich in einer anderen Kneipe und irgendwann sprach mich ein Stammkunde des »Einhorn« darauf an.
»Hey, Mädchen, du musst reich sein! Egal, wo ich hinkomme, du bist schon da. Tagsüber sehe ich dich auf der Messe. Komme ich abends ins ›Einhorn‹, sitzt du bei den Toiletten. Und neulichhab ich dich woanders gesehen … Sag mal, was machst du mit dem vielen Geld?«
Da erzählte ich von den Kindern in Ghana, die ich unterstützte. Dass ich mit dem Geld ihre Schulgebühren finanzierte, damit sie eine bessere Zukunft haben. Er konnte es kaum glauben.
»Wow«, sagte er, »das ist ja unglaublich. Du bist ein richtiger ›African Angel‹!«
Das gefiel mir.
Dieser Stammkunde, seine Name ist Jörg, erzählte meine Geschichte weiter. Die Reaktion der Leute war immer gleich: Zunächst wollten sie es nicht glauben, dann waren sie begeistert. Ich war darüber erstaunt, wie sehr sich die Menschen in Deutschland für ein Projekt, das Kindern im fernen Ghana hilft, interessieren. Mit vielen geriet ich in anregende Gespräche, ich konnte ihnen ja alles genau und anschaulich schildern, weil ich mit ihnen über meine Heimat sprach. Ja, in gewisser Weise betrachte ich Bukom als meine Heimat.
Die Toilettenfrau im »Einhorn«, die mit den 50-Cent-Münzen auf ihrem Teller ein Kinderprojekt in Afrika finanziert, faszinierte viele. Die Gäste gaben gerne ihren Obolus, sodass mein Onkel immer mehr Kinder aufnehmen konnte, bis schließlich 51 Kinder aus Bukom das Haus meiner Mutter bevölkerten. Für mich wurde dieses Projekt immer wichtiger. Mein Leben und meine Arbeit hatten einen neuen Sinn bekommen. Meine Arbeit half mir über Vieles hinweg.
Denn mein Leben war nicht einfacher als zuvor geworden. Immer wieder überfiel mich die Trauer über meine so tragisch gescheiterte Ehe wie eine dunkle Wolke. Darum war es gut für mich, rund um die Uhr zu arbeiten. Schlaf habe ich in diesen Jahren wenig bekommen. Tagsüber arbeitete ich auf der Messe und abends bis in die Nacht hinein im »Einhorn«. Für mich war das eine Art Beschäftigungstherapie, so wie das Kinderprojekt Balsam für meine Seele war.
Und doch, für einen geselligen und im Grunde lebensfrohen Menschen wie mich bedeutete die Einsamkeit eine schwere Prüfung. Ich war zwar ständig von Menschen umgeben, aber von niemandem, der mich wirklich kannte und bei dem ich so sein konnte, wie ich bin.
Ich hatte nur eine einzige echte Freundin – Mary-Ann. Doch auch von ihr sollte ich schrecklich enttäuscht werden.
FALSCHE FREUNDE
Im Frauenhaus hatte ich mich mit Mary-Ann angefreundet, die jetzt wieder mit Moses zusammen war. Ich freute mich für meine Freundin, dass ihre Ehe offenbar wieder funktionierte. Ich hielt Moses für einen umgänglichen Menschen und konnte mir kaum vorstellen, dass er so gewalttätig gewesen war. Aber auch Anthony konnte man den Prügelknaben schließlich nicht ansehen.
Während meiner gesamten Zeit in Deutschland hatte mir der Anschluss an eine
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