African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
mir helfen könnte, den TÜV zu erneuern.
»Klar, das mach ich gern. Kostet 200 Mark.«
Ich gab ihm das Geld und überließ ihm den Wagen. Am Abend desselben Tages brachte er ihn mir mit einer neuen Plakette zurück. Ich bedankte mich herzlich bei Moses. Was würde ich nur ohne meine Freunde tun, dachte ich.
Eine Woche später klingelte es bei mir an der Tür. Zwei Polizisten wollten mich sprechen.
»Wissen Sie eigentlich«, fragte mich der eine, »dass sie eine gestohlene TÜV-Plakette an Ihrem Nummernschild haben?«
Ich fiel fast um vor Schreck.
»Nein! Gestohlen? Das ist unmöglich.«
Die beiden wechselten einen Blick.
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie diese Plakette rechtmäßig erworben haben? Können wir mal bitte die Bescheinigung vom TÜV sehen?«
»Ich habe 200 Mark dafür bezahlt«, stammelte ich. »Ein Freund hat das für mich erledigt. Er hat gesagt, das kostete so viel. Ich bin sicher, dass es ein Irrtum ist. Das Auto hab ich erst seit Kurzem. Ich kenne mich nicht aus in diesen Sachen.«
Ich hatte Glück. Die Polizisten glaubten mir, dass ich mit der gestohlenen Plakette nichts zu tun hatte. Sie gaben mir drei Tage, danach sollte ich auf die Wache kommen und die Angelegenheit erklären.
Ich rief Moses an und erzählte ihm das Ganze. Noch war ich davon überzeugt, dass sich die Polizisten geirrt hatten. Moses versprach, mir die Bescheinigung zu bringen. Doch nach drei Tagen hatte ich immer noch nichts von ihm gehört.
Da bin ich zur Polizeiwache gegangen, habe dort den Hergang erneut geschildert und Moses’ Adresse angegeben. Langsam kam mir die ganze Sache doch komisch vor.
Was darauf folgte, war ein Durcheinander: Die Polizei führte bei meinen Freunden eine Durchsuchung durch, konnte aber keine Anhaltspunkte hinsichtlich der Plakette finden. Sie müssen allerdings Verdacht geschöpft haben, denn die Polizei begann, gegen Moses zu ermitteln. Kurz darauf erhielt ich einen Brief von einem Anwalt, der mich in Moses’ und Mary-Anns Namen verklagte. In dem Brief standen unglaubliche Dinge: Die beiden würden mich gar nicht kennen. Ich würde lügen, wenn ich behauptete, ich hätte ihnen 200 Mark gegeben. Niemals hätten sie mein Auto zum TÜV gebracht. Nun, Letzteres stimmte wohl. Vom TÜV hatte Moses meine Plakette sicherlich nicht her.
Die ganze Angelegenheit kam tatsächlich vors Gericht. Viele rieten mir dazu, dass auch ich mir einen Anwalt nehmen sollte, denn Moses und Mary-Ann hatten ebenfalls einen eingeschaltet. Ich sagte: »Nein. Ich nehme keinen Anwalt. Ich gehe mit Gott dorthin, er und ich, das muss reichen. Schließlich habe ich nichts getan.«
Die Gerichtsverhandlung lief sehr seltsam ab. Der Anwalt der beiden stellte mir ganz komische Fragen: ob ich mit diesem oder jenem Mann zusammen gewesen war, ob ich Mitglied unserer Kirchengemeinde sei. Schließlich fragte ich den Richter:
»Sind wir etwa wegen einer Kirche hier? Geht es darum, mit wem ich geschlafen habe? Oder nicht vielleicht doch um eine gestohlene TÜV-Plakette?«
Da musste er mir zustimmen. Meine Freunde zogen ab, samt Anwalt. Ich bekam mein Recht.
Mir war Recht zugesprochen worden, aber nun stand ich wieder ganz allein da. Um sich zu rächen, hatte Mary-Ann herumerzählt, dass ich als Klofrau arbeitete. Ich erkannte, dass ich in dieser Kirchengemeinde, in der Mary-Ann und Moses weiterhin eine ganz große Nummer waren, nichts mehr verloren hatte.
Wieder fühlte ich mich wie ein entwurzelter Baum, ohne Rückhalt, ohne einen Ort, wo ich hingehörte. So ganz allein in einem fremden Land zu leben, ohne Familie, ohne Freunde, das ist entsetzlich deprimierend. In dieser Zeit begann ich nach all den Jahren, wieder über Selbstmord nachzudenken. Was hatte das alles für einen Sinn, fragte ich mich. Mein Leben war verkorkst. Jede Beziehung war in die Brüche gegangen. Ich war einsam. Sogar meine Freunde hatten mich verraten. Mir fehlten die Gottesdienste, die mir Woche für Woche neue Kraft gegeben hatten.
Ich erinnere mich noch gut an einen Tag im Herbst, an dem alles in Nebel gehüllt war. Tage wie diese sind für mich, die ich aus einem Land komme, wo die Sonne immer und oft bis zum Überdruss scheint, besonders schwer zu ertragen. Während meiner Arbeit auf der Messe hatte ich überlegt, wie ich meinem Leben am besten ein Ende setzen könnte. Einfach einschlafen und nicht mehr aufwachen, das schien mir die beste Lösung. Niemand würde mich vermissen. Ich würde kein Mäusegift mehr schlucken, nein, inzwischen
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