African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
derselben Stadt und ich habe nicht das geringste Interesse daran, sie ihren Verwandten zu entfremden. Ganz im Gegenteil.
Während meines Jahresurlaubs 2004 meldete ich die Kinder also in der Schule des verständnisvollen Direktors an, bezahlte die Schulgebühren und schickte die Kinder vorläufig wieder zu ihren Familien zurück, weil noch Ferien waren. Da merkten auch die misstrauischsten Eltern, dass ich nicht vorhatte, ihre Sprösslinge an Bordelle zu verkaufen.
Sechs Kinder waren noch nicht im Schulalter. Für sie fand ich in der Nähe des Hauses einen vornehmen Kindergarten. Ich hatte noch etwas von den Spendengeldern übrig, machte mich eines Morgens elegant zurecht und fuhr zu diesem Kindergarten. Die Direktorin war in der Ferienzeit nicht da, dafür aber ihre Sekretärin.
»Ich möchte gerne meine Kinder anmelden.«
»Gerne«, meinte sie und zog die Schublade mit den Anmeldeformularen auf. »Wie viele sind es denn?«
»Sechs«, sagte ich selbstbewusst und hoffte, dass sie nichtstutzig werden würde. Denn welche Mutter hat schon gleich sechs Sprösslinge im Kindergartenalter? Doch ihr fiel gar nichts auf. Sie zählte sechs Anmeldeformulare ab und reichte sie mir. Ich beeilte mich mit dem Ausfüllen und legte dann das Geld für die Gebühren für ein Jahr im Voraus auf den Tisch. Sind die Kinder erst einmal angemeldet und die Plätze bezahlt, dann können sie sie nicht so leicht wieder hinauswerfen, dachte ich.
Mein Plan ging auf. Als ich später mit den sechs Bukom-Kindern anrückte, fiel die Direktorin fast in Ohnmacht. Ich glaube, sie hätte ihre Sekretärin am liebsten umgebracht. Aber die Kinder waren ordnungsgemäß angemeldet. Ich war unendlich stolz, »meine« Kids mitten unter diesen vornehmen Oberschichtkindern zu wissen. Die Erzieherinnen hatten allerdings kein leichtes Spiel mit ihnen: Die Bukom-Kinder verprügelten anfangs ihre reichen Kameraden und heizten ihnen ordentlich ein, sodass diese gar nicht wussten, wie ihnen geschah.
Mein Urlaub reichte gerade noch aus, um einen Hausmeister und zwei Frauen anzustellen, welche die Kinder im Haus betreuten. Helena, eine von ihnen, ist heute noch bei African Angel . Ich bin ihr sehr dankbar, denn sie hat einiges mit mir mitgemacht.
Wieder in Deutschland, hatte ich keine Ruhe. Nach zwei Wochen bat ich um unbezahlten Urlaub, lieh mir noch ein bisschen Geld und flog zurück nach Accra. Dort musste ich mich noch um unzählige Details kümmern. Unter anderem gründete ich den Verein African Angel Ghana , stellte das neue Personal ordnungsgemäß an, sorgte dafür, dass die Kinder eingeschult wurden und stattete das Haus mit allem Nötigen aus.
Damit hatte ich das erste Kapitel der Vereinsgeschichte geschrieben. Es ist ein Kraftakt gewesen, aber es hat funktioniert. Ich habe gelernt, dass nichts von allein geschieht. Handelt man erst, wenn die Bedingungen optimal erscheinen, zieht das Leben womöglich ungenutzt vorbei.
EINE BITTERE ERFAHRUNG
Das durch African Angel finanzierte und unter der Aufsicht von Mama Helena stehende Kinderhaus lief parallel zu dem Projekt, das ich schon Jahre zuvor im Haus meiner Mutter privat ermöglicht hatte. Da ich dieses aus eigener Kraft am Leben halten konnte, wollte ich mit den Spendengeldern von African Angel eine neue Initiative starten – das Kinderhaus.
Ich engagierte mich also einerseits für den Verein, während ich andererseits aus meinen Einnahmen als Toilettenfrau nach wie vor die Ausbildung für die 51 Kinder bezahlte. Das benötigte Geld schickte ich meiner Mutter, was insgesamt zwei Jahre gut ging. Jedenfalls glaubte ich das.
Während meiner arbeitsintensiven Besuche in Accra sah ich natürlich auch meine Mutter und führte viele Gespräche mit ihr. Lange wollte ich nicht wahrhaben, dass zwischen uns tatsächlich eine Entfremdung stattgefunden hatte; Auslöser war wahrscheinlich meine Schwangerschaft gewesen. Die Jahre, die meine Mutter im Haus meiner ältesten Schwester verbracht hatte, schienen uns zusätzlich voneinander entfernt zu haben. Doch auch die Schicksalsschläge hatten meine Mutter verändert. Zu meinem Schrecken bemerkte ich, dass sie inzwischen auf eine bedenkliche Art fromm geworden war und allen möglichen windigen Predigern hinterherrannte. Sie war ihnen in gewisser Weise hörig und gab ihnen all ihr Geld.
Ich musste feststellen, dass während meiner Abwesenheit in Ghana zahlreiche christliche Freikirchen und Sekten aus dem Boden geschossen waren. Meiner Meinung nach stecken hinter
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