African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
vielen dieser vermeintlichen Kirchen findige Voodoo-Priester, die erkannt haben, dass sich die Menschen eher zum Christentum hingezogen fühlen, die afrikanische Spiritualität aber nicht missen wollen. So entstand eine ganze Armee falscher Priester,die noch heute nur ein Ziel haben: den Leuten so viel Geld wie möglich aus der Tasche zu ziehen.
Ich habe solche sogenannten Gottesdienste erlebt und bin währenddessen aus dem Staunen nicht herausgekommen. Wie bei Auktionen kann man dort sein Heil erkaufen. Die Prediger sind richtige Einheizer, was sich dann so anhören kann: »Dieser Mann hat soeben 1000 Dollar gespendet. Und wie viel spenden Sie?« Die Spender werden der Gemeinde namentlich als leuchtendes Beispiel vorgestellt und ernten Dank und Ehre. Meine Mutter wollte da natürlich nicht zurückstehen. Diese Entwicklung beobachtete ich mit Sorge.
Dann, im Jahr 2006, machte ich eine schlimme Entdeckung: Ohne mich darüber zu informieren, hatte meine Mutter irgendwann aufgehört, die Schulgebühren zu bezahlen. Ich erfuhr, dass sie das Geld anderweitig verwendet hatte – wahrscheinlich für ihre falschen Prediger. Bei der Schule war ich daher inzwischen im Rückstand und den Kindern drohte der Rausschmiss. Ich war entsetzt.
Es war nicht einfach, mit meiner Mutter über diese Dinge zu reden. Sprach ich sie auf das Schulgeld an, sagte sie zum Beispiel: »Ich war in Bukom und die Eltern von diesen und jenen Kindern haben mich nicht gegrüßt. Also zahle ich für die auch kein Schulgeld mehr.«
Ich versuchte ihr zu erklären, dass es mir nicht um die Eltern gehe und auch nicht darum, wer sie ihrer Meinung nach mit wie viel oder wie wenig Respekt behandle, sondern dass ich den Kindern mit dem hart erarbeiteten Geld den Schulbesuch ermöglichen wolle. Aber meine Mutter hatte ihre ganz eigene Sicht auf die Dinge und fand es nur natürlich, dass sie selbst über das von mir verdiente Geld entschied.
Sie hatte sich mittlerweile mit der Schuldirektorin angefreundet und überbrachte mir einen Vorschlag zur Lösung des Problems. Sollte ich der Schule einen Bus kaufen, würde sie mirdie Gebühren erlassen. Ich rechnete aus, dass ich damit sogar ein bisschen Geld sparen könnte, willigte ein und arbeitete hart, um das Geld zusammenzubekommen. Aber ich verdiente bei Weitem nicht genug, um einen Bus kaufen zu können. Daher löste ich einen persönlichen Sparvertrag auf, den ich seit ein paar Jahren laufen hatte und der eigentlich für meine Altersversorgung gedacht war. Endlich hatte ich das Geld für den Bus zusammen, den ich kaufte und nach Ghana verschiffen ließ. Meiner Mutter schärfte ich ein, dass sie sich um die Abholung im Hafen von Accra kümmern müsste. Aber das hat sie nicht getan. Der Bus stand so lange im Hafen herum, bis ihn die Regierung beschlagnahmte.
Ich war grenzenlos enttäuscht und wütend zugleich. Nun waren all meine Ersparnisse dahin, die unbezahlten Schulgebühren jedoch waren geblieben. Meine Mutter spürte keinerlei Unrechtsbewusstsein. Ich verstand das einfach nicht, sie war doch immer eine so kluge Geschäftsfrau gewesen. Erst später sah ich ein, dass sie schlichtweg nicht hatte begreifen können, was ich für diese armen Kinder tat, deren Eltern es noch nicht einmal für nötig hielten, vor meiner Mutter auf die Knie zu fallen, wenn sie sich in Bukom zeigte. Vielleicht ist auch alter, uneingestandener Neid im Spiel gewesen, denn immerhin hatte ihr die eigene Tante den Schulbesuch damals nicht finanziert.
Unaufhörlich versuchte meine Mutter, mich davon zu überzeugen, dass ich mein Geld sparen und für mich verwenden sollte. Wie meine Schwester sollte ich mir ein prächtiges Haus bauen und nicht meinen ganzen Besitz in diese Bukom-Kinder investieren.
Hier prallten zwei grundsätzlich verschiedene Lebenseinstellungen aufeinander und tun dies noch immer. Meine Mutter lebt die afrikanische Lebensweise, der zufolge jeder zuerst für sich und seine Familie sorgt, aber niemals für völlig Fremde. Sie will einfach nicht begreifen, dass ich das anders sehe. Schon als Kind hatte ich empfunden, dass diese Bukom-Kinder meineeigentliche Familie sind – daran hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegensatz zu meiner Mutter, die ihre Bukom-Wurzeln gerne überspielt, stehe ich zu meiner Zeit im Armenviertel und vielleicht ist es das Erbe meiner Großmutter, das ich auf diese Weise fortführe. Denn irgendwie sind diese Kinder im Haus meiner Mutter auch mit uns verwandt gewesen.
Eines Tages hatte
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