African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
Schließlich sagte er: »Harriet, ich kann nicht mehr. Ich bin fix und fertig. Jetzt machen wir mal eine Woche Urlaub.«
Ich lachte. Das Klima in Accra machte ihm zu schaffen, das konnte ich sehen. In dieser Stadt kann es bei hoher Luftfeuchtigkeit sehr heiß werden, sodass nicht nur den Besuchern aus Europa von morgens bis abends der Schweiß über die Haut rinnt. Im Gegensatz zu Wolfgang war ich daran gewöhnt.
»Urlaub?«, fragte ich. »Den kann ich mir nicht leisten.«
Doch Wolfgang bestand darauf, mich einzuladen. Er interessierte sich für meine Familiengeschichte und machte den Vorschlag, gemeinsam in die alte Heimat meines Vaters, ins Ashanti-Land, zu reisen.
»Dort bin ich seit meiner Kindheit nicht mehr gewesen«, meinte ich nachdenklich.
»Dann wird es Zeit, dass du dich dort wieder blicken lässt.«
Wir fuhren nach Agogo-Hwidiem und es wurde eine wunderbare Woche. Meine Familie nahm uns freundlich auf und ich merkte bei dieser Gelegenheit, wie wenig ich von diesem Teil der Familie wusste. Meine Mutter hatte den Kontakt zu ihr immer subtil untergraben und als Kinder hatten wir ihre Voreingenommenheit übernommen. Jetzt sah ich, wie viel mir dadurch entgangen war.
Ich bin Wolfgang nach wie vor sehr dankbar dafür, dass er damals mit mir nach Ghana geflogen ist und mir diese Erfahrungen ermöglicht hat. Wenn ich nach Accra reise, dann werde ich vom ersten bis zum letzten Tag vollständig von African Angel vereinnahmt, sodass für Ausflüge oder Urlaubsreisen keine Zeit bleibt. Im Grunde kenne ich gar nicht viel von meinem Land und es sieht nicht so aus, als sollte sich dies in naher Zukunft ändern. Die Arbeit für die Kinder ist wichtiger.
Zurück in Deutschland, wollten alle unbedingt wissen, was Wolfgang erlebt hatte. Er zeigte ihnen viele Fotos und beschrieb seine Erlebnisse in den schillerndsten Farben. Ich erkannte, wie wichtig es war, dass nicht immer nur ich, sondern auch einmal ein anderer, ein Deutscher, von dem Projekt berichtete. Selbst wenn er dasselbe erzählte, machte es doch einen anderen Eindruck.
Auf diese Weise konnte ich das Vertrauen der Vorstandsmitglieder zurückgewinnen, die nun eher bereit waren, meine in ihren Augen riskanten Unternehmungen zu unterstützen. Ich verstehe und schätze, dass viele meiner Mitstreiter auf Sicherheit bedacht sind und jeden Schritt sorgfältig geplant und abgewogen wissen wollen. Wenn man allerdings ausschließlich so verfährt, kann es meiner Meinung nach keinen Fortschritt geben. Wer die Zustände in Bukom gesehen hat, der versteht, warum ich es eilig habe.
Aufgrund von Wolfgangs Berichten stieß ich mit meiner Bitte nach einem Büroraum innerhalb des Vereins auf offenere Ohren. In dieser Phase kam es zur Trennung von alten Mitstreitern, die sich inzwischen zu weit von der Idee entfernt hatten. Ich bedauerte diese Entwicklung, doch offenbar gehört auch dies zum natürlichen Lauf der Dinge. Mitunter stellt man erst nach einer gemeinsam beschrittenen Wegstrecke fest, dass die Visionen doch nicht dieselben sind. Natürlich ist meine Motivation für African Angel eine ganz andere als die meiner deutschen Mitarbeiter, denn ich stamme aus Afrika, während die meisten Deutschen nie dort gewesen sind. Auf sie übt dieser Kontinent eine Faszination aus, die sie schwer beschreiben können.
Inzwischen hatte ich die Idee, eine Bürogemeinschaft zu gründen, wovon ich allen Leuten erzählte, die mir über den Weg liefen. Schließlich war ich erfolgreich: Über fünf Ecken hatte ich Gundi kennengelernt, die mit einem Mann aus Gambia befreundet ist. Gundi und Astmann konnten in ihrem Büro für Online-Marketing einen Raum entbehren, den sie uns günstig untervermieteten. Gundi ist heute sogar Vorstandsmitglied bei African Angel .
Wir hatten endlich ein Büro. Jetzt brauchte ich nur noch jemanden, der ehrenamtlich bereit war, bestimmte Bürozeiten zu übernehmen, denn ich war ja weiterhin tagsüber auf der Messe und abends im »Einhorn« oder im »Les Halles« beschäftigt, um Geld für die Kinder zu verdienen. Dieser Jemand musste zudem zuverlässig und in der Lage sein, am Telefon kompetent Auskunft zu erteilen. Alle Anläufe, eine geeignete Person zu finden, schlugen fehl. Wer kann es sich schon leisten, seine Zeit kostenlos einem Verein zur Verfügung zu stellen?
Ich ließ schließlich eine Anzeige schalten, auf die sich ein gewisser Peter meldete. Als er Details von unserem Projekt gehört hatte, sagte er: »Davon muss die ganze Welt erfahren.«
Er
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