African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
sollte. Ein Nähprojekt kam für mich nicht infrage. So wurde auch aus diesem Anlauf zur Vereinsgründung nichts.
Eines Tages musste ich nach Bonn zum Ghanaischen Konsulat, um meinen Pass verlängern zu lassen. Eine glückliche Fügung wollte es, dass ich dort den Konsulatsmitarbeiter James Sarpong kennenlernte. Ihm habe ich gleich von dem Hilfsprojekt und meinen Plänen erzählt.
»Und«, fragte er, »was hast du bisher unternommen?«
Als ich ihm von den Briefen und meiner Ratlosigkeit berichtete, lachte er.
»Was du machen sollst? Na, antworten natürlich. Du musst den Interessenten erklären, was genau du erreichen willst und wofür sie sich engagieren, wenn sie mit dir einen Verein gründen.«
Das leuchtete mir ein. Wir sprachen darüber, was ich mit einem Verein alles erreichen könnte. Ich verstand die Zusammenhänge auf einmal viel besser.
»Du musst einen Ort haben, an dem ihr euch treffen könnt«, erklärte er mir. »Das kann natürlich nicht bei dir zuhause sein, ein öffentlicher Raum wäre gut, vielleicht ein seriöses Lokal. Hast du eine Idee? Und dann gibst du eine neue Anzeige auf – aller guten Dinge sind drei. Den Leuten, die sich melden, musst du einen Brief schicken. Allen denselben, aber mit persönlicher Anrede …«
»Aber ich habe keinen Computer«, erwiderte ich kleinlaut, »und einen Brief auf Deutsch zu schreiben …«
»Weißt du was«, schnitt er meine Bedenken ab, »lass uns einen Termin machen. Dann helfe ich dir dabei.«
Gemeinsam mit James entwarf ich einen Brief, der keine Frage offenließ. Im »Les Halles« fragte ich Helge, ob ich für die Gründungssitzung meines Vereins einen Tisch reservieren durfte. Natürlich erlaubte er es. Und wurde neugierig: Harriet gründete jetzt tatsächlich einen Verein?
Auf die dritte Annonce, die ich in der Rheinischen Post aufgegeben hatte, erhielt ich 26 Zuschriften. An all diese Menschen schickte ich den Brief, den ich mit James verfasst hatte, und lud sie auf einen bestimmten Abend ins »Les Halles« ein.
Ich muss gestehen, dass ich vollkommen mutlos war, als sich dieser Tag näherte. Ich glaubte nicht daran, dass auch nur ein einziger Interessent kommen würde. Ja, wenn ich ehrlich bin, hatte ich sogar vor, zu kneifen und gar nicht erst bei dem Treffen zu erscheinen. Doch ich lese jeden Morgen in meiner Bibel, und am 15. September 2002 schlug ich zufällig diese Verse auf: »Ich bin dein Gott, der mit dir angefangen hat / und ich werde mit dir bis zum Ende gehen.« Das ist ein Zeichen, dachte ich. Wenn Gott dich begleitet, wird alles gut.
Am Abend waren wir genau sieben Leute. Exakt so viele, wie zur Gründung eines Vereins benötigt werden. Jörg, Anwalt und Stammgast im »Einhorn«, hatte Wort gehalten, er war dabei. Sonst sah ich lauter fremde Gesichter.
An jenem Abend wurde African Angel e.V. gegründet. Nun ging es darum, den Verein eintragen zu lassen. Dass wir genügend Personen waren, um einen Vorstand zu bilden, hatte mir neuen Mut gegeben, weshalb ich beim Amtsgericht einen Termin vereinbarte. Und was ich bis zuletzt nicht zu hoffen gewagt hatte, wurde schließlich wahr – ich, Harriet Bruce-Annan aus Ghana wurde die Erste Vorsitzende eines deutschen gemeinnützigen, eingetragenen Vereins.
EIN MUTIGER SCHRITT
Natürlich verband ich mit der Vereinsgründung viele Hoffnungen. Alle hatten gesagt, mit einem Verein ginge es viel schneller. In meiner Fantasie sah ich mich aus Bukom schon Hunderte von Kindern herausholen.
Kurz nach der Eintragung von African Angel ins Vereinsregister im Frühjahr 2003 flog ich nach Ghana. Bei dieser Gelegenheit besuchte ich meine Verwandten in Bukom, wo meine Großtante im Family House, das einst meiner Oma gehört hatte, eine Versammlung der Nachbarn einberief.
Ich erzählte ihnen von meinen Plänen. Als sie hörten, dass ich ihre Kinder unterstützen und ihnen eine Schul- und Berufsausbildung ermöglichen wollte, fielen sie alle über mich her. Ich würde sie belügen. In Wirklichkeit wollte ich ihre Kinder verkaufen, sie zu Prostituierten machen und Schlimmeres. Ich erinnerte sie daran, dass ich mit ihnen aufgewachsen war, dass ich eine der Ihren sei und mir schon als Kind das vorgenommen hatte, was ich bald in die Tat umsetzen würde.
»Diejenigen«, sagte ich, »die an mich glauben, deren Kinder werden die Chance haben, etwas Besseres aus ihrem Leben zu machen. Ich komme wieder. Bis dahin könnt ihr euch die Sache überlegen.«
Ich kehrte nach Deutschland zurück und machte
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