African Boogie
Halsabschneide-Nummer mit dem Freiherrn und Jean-Luc bewiesen. Mit etwas Glück würde er es gerade deshalb versuchen, weil die Falle so offensichtlich war – und sei es nur, um ihr eins auszuwischen.
Sie hatte sich erst gar keine Mühe gegeben, den Bungalow, in dem sie angeblich den Gefangenen untergebracht hatten, heimlich zu betreten. Sie hatte das Essenstablett genommen, das vor der Tür auf sie wartete, und war hineinspaziert, als wolle sie den Gefangenen versorgen und verhören. Doch Jean-Luc war schon längst nicht mehr dort. Sie hatten ihn über den schmalen Gang zwischen den Felsen hinter den Bungalows in Sicherheit gebracht. Stattdessen wartete Javier auf sie. Er hatte sich freiwillig als Verstärkung gemeldet und konnte mit einer Pistole umgehen; deshalb hatte ihm Harry erneut seine Walther PPK geliehen.
Katharina hatte sich auf dem Bett in die Bettdecke eingerollt, ihre Waffe griffbereit. Javier lehnte an einer Wand neben der Tür des Badezimmers, ohne einen Laut von sich zu geben oder sich zu bewegen. Katharina wünschte sich die Selbstdisziplin des Priesters: Sie bewegte sich im Bett hin und her. Es war unbequem. Ihr war heiß. Und ihr Herz schlug bis zum Hals. Aber jetzt hieß es warten. Und auf die Eitelkeit des Täters hoffen.
Wie lange warteten sie jetzt schon? Eine Stunde? Zwei? Ihre Augen wurden schwer, und plötzlich saß Susanne neben ihr auf dem Bett: »Du weißt, was du mir versprochen hast.«
»Ja. Aber nicht jetzt. Susanne, bitte.«
»Andreas ist unschuldig. Denk an das T-Shirt.«
»Das T-Shirt? Was ist damit?«
»Sieh es dir –« Plötzlich lauschte Susanne in die Dunkelheit. »Er kommt«, flüsterte sie.
Und mit einem Mal war Katharina wieder hellwach. Tatsächlich. Geräusche aus dem Bad. Schritte. Langsam. Anschleichend.
Im nächsten Moment flog die Badezimmertür auf. Im Licht des Mondes zeichnete sich im Türrahmen eine Gestalt ab. Sie trug eine Kiste, offenbar ziemlich schwer.
Katharina wollte sich aufsetzen, doch Javier war schneller. Im selben Moment hatte er den Lichtschalter betätigt und dem schwarz maskierten Mann die Pistole an den Kopf gesetzt. Der reagierte schnell; er warf die Kiste von sich und wollte fliehen. Doch Javier schlug ihm den Pistolenkolben ins Gesicht. Die Gestalt klappte zusammen. Es war vorbei.
Oder doch nicht? Katharina sah mit Schrecken, dass die Kiste, die der Angreifer in den Raum geworfen hatte, aufgesprungen war. Ihr Inhalt ergoss sich über den Fußboden: Schlangen. Viele Schlangen. Sie wanden sich übereinander und schlängelten sich über den ganzen Fußboden.
Javier kommandierte: »Still liegen bleiben.« Das hätte er Katharina nicht zu sagen brauchen. Er selbst bewegte sich nicht von der Stelle, während die Schlangen um ihn herum züngelten. Auch die Gestalt, die gerade benommen wieder zu sich kam, tat keinen Mucks. Sie lag genau in der Tür zum Badezimmer und schnitt so den Tieren den Weg ab.
Mit Schrecken sah Katharina, wie sich eine Schlange am Bettpfosten emporwand und auf das Bett kroch: eine ausgewachsene schwarze Mamba.
Verdammt. Sie saßen in ihrer eigenen Falle fest. Was jetzt? Einen Schuss abgeben, um Hilfe zu alarmieren? Schlangen waren taub. Aber sie würden die Erschütterung spüren. Das würde sie aggressiv machen.
Die Mamba war unter die Bettdecke gekrochen und glitt an Katharinas Bein entlang. Katharina spürte das raue Kratzen der Schlangenschuppen durch den dünnen Stoff ihrer Hose. Sie rief sich im Geiste alles Wissen zusammen, dass sie über Schlangen hatte: Die Tiere waren Menschenflüchter. Sie bissen erst zu, wenn sie nicht mehr fliehen konnten. Wie jetzt. Scheiße!
Plötzlich hörte sie draußen Schritte auf dem Kies. Gott sei Dank! Das mussten Andreas Amendt und Harry sein, die im Bungalow gegenüber gewartet hatten. Das angeschaltete Licht war das Signal gewesen, dass die Falle zugeschnappt war.
Katharina wollte um Hilfe rufen, doch sie traute sich nicht, tief zu atmen, um die Mamba, die inzwischen ihren Bauch erreicht hatte, nicht zu erschrecken.
Javier rief laut: »Nicht reinkommen. Giftschlangen.«
»Verdammt. Ich wusste, dass was schiefgeht«, hörte Katharina Andreas Amendt fluchen, dann vernahm sie Schritte auf der Veranda. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie der Arzt zum Fenster hineinspähte. Plötzlich verschwand sein Kopf wieder und sie hörte ihn schnell und drängend mit Harry sprechen. Endlich erschien er wieder im Fenster: »Halten Sie durch. Bewegen Sie sich nicht.«
Prima Idee, dachte
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