African Boogie
starken fremdländischen Akzent! – Nicht wahr, Jean-Luc?«
»Isch weiß nisch, von was Sie spreschen! Das ist-e meine Akzente.«
»Nach mehreren Jahrzehnten in Deutschland? Wo Sie auch zur Schule gegangen sind?« Genüsslich faltete Katharina den Zettel in ihrer Hand auseinander und legte ihn vor Jean-Luc auf den Tisch, der das Dokument nahm und ungläubig las.
»Der wahre Jean-Luc Meier ist tot«, triumphierte Katharina. »Und Sie sind Dirk Schröder!«
Sie winkte den beiden Leibwächtern von Chittaswarup Kumar. Martialisch kamen sie hereingestapft, packten Jean-Luc an den Schultern und schleiften ihn nach draußen. Erst halb auf dem Weg zur Rezeption hatte Jean-Luc begriffen, was eben passiert war und brüllte immer wieder aus Leibeskräften: »Isch bin unschuldisch!«
Katharina nahm den Totenschein wieder an sich und faltete ihn zufrieden zusammen, bevor noch jemand bemerkte, dass er gefälscht war.
Die Gäste sahen dem Abgeführten schweigend nach, bis Darissa von Heuth frustriert ihr Notizbuch zuklappte: »Na, das war aber eine schwere Geburt. Hab’ ich doch immer gesagt, dass dieser Akzent nur gespielt ist.«
Der Rauschgoldengel pflichtete ihrer Freundin bei: »Und ich hab’ vorher schon gedacht, dass ich den kenne. Diese Augen … genau die von Dirk!«
Das brach das Eis. Plötzlich redeten die Gäste emsig und erleichtert durcheinander: »Ja, genau die Augen.« – »Und man hat ja gesehen, dass der gerade viel abgenommen hat.« – »Desterwesche hat der uns imme’ so komisch angeschaut.« – »Und die Händ! Hast du die Händ gesehe! Eschte Würgerpranke!« – »Wusste ja, dass mit dem was nicht stimmt.« Je länger sie redeten, desto überzeugter klangen sie.
Katharina bedeutete Andreas Amendt und Kristina, ihr zu folgen. Gemeinsam verließen sie den Restaurantpavillon.
Als sie außer Hör- und Sichtweite waren, schlug Kristina Katharina kumpelhaft auf die Schulter: »Das war großartig. Besser hätte es Hercule Poirot auch nicht gekonnt.«
Doch Katharina war mit ihren Gedanken schon ganz woanders. »Kommt«, sagte sie. »Wir haben es noch nicht hinter uns.«
Harry lehnte kopfschüttelnd an der Stahltür des Lagerraumes, der zuvor als Zelle für den Freiherrn gedient hatte, und wartete auf sie.
»Wie geht es unserem Delinquenten?«, fragte ihn Katharina.
»Hat sich ein bisschen beruhigt und einen Anwalt gefordert.«
»Na, dann lass mich jetzt mal mit ihm sprechen.«
Harry schloss die Stahltür auf und ließ Katharina zu ihrem Gefangenen.
Black Snake Blues
Katharina lief klebriger Schweiß über den Rücken. Den ganzen Tag war es schon schwül und heiß gewesen und die Nacht hatte keine Abkühlung gebracht. Dass sie vollständig bekleidet unter der Bettdecke lag, die Hände am Griff ihrer Pistole, half auch nicht gerade.
Als die Gäste gerade beim Abendessen saßen, hatten Kumars Leibwächter Jean-Luc mit großem Tamm-Tamm über die Kieswege geführt. Jean-Luc rief wieder flehend: »Isch bin unschuldisch! Isch bin unschuldisch!«
Die Gäste sahen ihm nach. »Der kriegt, was er verdient hat«, sagte einer laut. Die anderen klatschten Beifall. Hoffentlich würden sie tun, was Katharina von ihnen erwartete. Denn sie waren noch nicht außer Gefahr.
Deshalb hatte Katharina Chittaswarup Kumar darum gebeten, den Gästen für diese Nacht eine sichere Unterkunft zu bieten. Sein Haus war großzügig unterkellert. Dort hatten seine Leibwächter Feldbetten für alle aufgestellt. Sie selbst würden das Haus bewachen, falls ihr Plan doch durchschaut worden war.
Katharina hatte die beiden Leibwächter unterschätzt: Ken und Zach waren ehemalige Elite-Soldaten, die sich jetzt ihren Lebensunterhalt als Status-Symbole für reiche Klienten verdienten. Sie waren froh gewesen, endlich einmal wieder eine wirklich wichtige und militärische Aufgabe zu bekommen. Katharina hatte ihr Waffenarsenal gesehen: Im Zweifelsfalle würden sie jeden Angreifer atomisieren, noch bevor er das Haus betreten konnte.
Nach dem Abendessen hatten Harry, Kristina und ein paar Angestellte die Gäste in kleinen Gruppen unauffällig in das Haus von Chittaswarup Kumar geführt. Und Katharina selbst hatte sich auf den Weg gemacht zu ihrer nächsten Station: dem Bungalow, in dem der Schnorchel des Poseidon endete.
Andreas Amendt hatte kritisch angemerkt, dass mit der Wahl dieses Bungalows die Falle doch ziemlich offensichtlich wäre: Aber genau darauf spekulierte Katharina. Der Täter war eitel, das hatte er bei der
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