African Boogie
die Zeit, seine ganzen Spuren so zu verwischen? Und die Pistole? Denk an die Pistole!«
»Was soll damit sein?«, fragte Thomas zurück.
»Wie soll er daran gekommen sein?«
»Vielleicht war euer Vater ausnahmsweise mal leichtsinnig? Hat sie auf seinem Schreibtisch liegen lassen? Und wer sagt denn, dass die Pistole eures Vaters überhaupt die Tatwaffe war? Walther PPKs bekommt man auf dem Schwarzmarkt nachgeschmissen.«
Da hatte Thomas allerdings recht. Fast jeder kleine Dealer auf der Konstabler Wache kannte jemanden, der jemanden kannte, der …
»Und einen Schießkurs hat er da auch gleich absolviert?«, fragte Susanne giftig.
»Darf ich auch was beitragen?« Katharina sah auf: An der Rückenlehne des Sitzes vor Katharina lehnte Miguel de Vega. Was hatte der denn in ihrem Traum zu suchen?
»Was?«, fragte sie.
»Na ja, wenn ich ’nen Mordauftrag an einer Familie hätte: So würde ich es machen. Rein. Bammbammbammbammbamm. Und Feierabend.«
Thomas fragte trocken: »Und das hilft uns jetzt wie weiter?«
»Vielleicht guckt ihr auf den falschen Verdächtigen. Mein ja nur. Triple Tagging. Keine Patronenhülsen. Für mich sieht das nach ’nem Profi-Job aus.«
»Und der Profi lässt einen potenziellen Zeugen am Leben?«, fragte Thomas irritiert.
»Toller Zeuge. Ohne Gedächtnis. Und wenn er es doch wiederfindet … Wer glaubt ihm schon? Am Tatort? Blutverschmiert? Und plötzlich will er einen unbekannten Dritten gesehen haben?« Miguel de Vega grinste triumphierend. »Der perfekte Sündenbock.«
»Und wer sollte den Auftrag gegeben haben?«, fragte Thomas.
»Keine Ahnung. Jeder hat Feinde.« Miguel de Vega zuckte mit den Achseln. »Und wer hat denn hier den Patenonkel bei der Mafia?«
»Kurtz?« Katharina schluckte.
»Oder jemand, der sich an Kurtz rächen wollte.« Damit löste sich Miguel de Vegas Erscheinung in Rauch auf.
Thomas holte tief Luft: »Das ist doch alles Hirngespinst.«
Susanne gab sich noch nicht geschlagen. »Papa hatte vielleicht wirklich Feinde. Galeristen. Andere Kunsthändler.«
Katharina erinnerte sich, dass ein Konkurrent den Wagen ihres Vaters einmal mit Farbe übergossen hatte. Ausgerechnet wegen eines Streits um ein Bild von Jackson Pollock. Ihr Vater hatte sich über die Ironie sehr amüsiert.
»Siehst du?«, triumphierte Susanne.
»Polanski wird das alles untersucht haben«, warf Thomas ein.
»Und wenn nicht? Vielleicht war Polanski ja froh, einen Täter gefunden zu haben?«
Schwer vorstellbar. Polanski drehte jeden Stein dreimal um und hinterfragte alles. War er damals auch schon so? Bestimmt.
»Und wenn es Verbindungen gab, die er nicht kennen konnte? Was, wenn es gar nicht um Papa ging?«, bohrte Susanne weiter.
»Und um wen dann?« Thomas wirkte genervt.
»Ich weiß nicht. Vielleicht um mich?«
»Um dich?«, fragte Katharina.
»Vielleicht hatte ich Feinde? Ich weiß es nicht. Ich meine, ich hatte ja nicht immer ein glückliches Händchen mit Männern, oder?«
Katharina versetzte diese Bemerkung einen Stich. Ausgerechnet Susannes liebenswerteste Eigenschaft, in jedem Menschen das Gute zu sehen, war nicht sehr hilfreich bei der Partnerwahl gewesen. Dummköpfe, Karrieristen, …
»Irre wie der Amendt«, setzte Thomas die Reihe fort. Das war zu viel für Susanne. Sie sprang auf, packte Thomas am Revers und schüttelte ihn: »Er ist es aber nicht gewesen!«
»Natürlich war er es!« Thomas und Susanne rangen wie zwei Kinder. Katharina drängte sich zwischen die beiden: »Jetzt hört aber auf!«
Es half nichts. Im Gegenteil. Thomas und Susanne packten sie an den Armen. Hilflos schleuderte sie hin und her. Plötzlich gab der Boden nach und Katharina kippte nach vorne.
Als sie sich wieder gefangen hatte, waren Thomas und Susanne verschwunden. Eine Stewardess hielt Katharina an einem Arm fest. Auf der anderen Seite stützte sie der kleine Mann vom Nachbarsitz.
»Vorsicht.« Die Stewardess drückte Katharina sanft, aber bestimmt auf ihren Sitz zurück. »Sie waren eingeschlafen. Aber wir erwarten Turbulenzen. Und da müssen Sie sich anschnallen. – Tut mir leid, ich wollte Sie nicht erschrecken.«
Katharina zurrte beschämt den Gurt über ihrem Bauch fest. Sie blickte zur Stewardess auf: »Kein Problem. Und verzeihen Sie, aber …«
Die Stewardess nickte wissend und verzeihend. »Ein Albtraum? Kommt manchmal vor. Der Luftdruck.« Sie betrachtete Katharina kritisch. »Sie sind ja völlig nass geschwitzt. Ich hole Ihnen ein Handtuch. – Sie sind doch nicht
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