African Boogie
krank?«
»Nein, nein. Nur etwas viel Stress.« Sie wischte sich über ihr lädiertes Auge. »Streit mit meinem Ex-Freund.«
»Aha! Auf jeden Fall sind Sie hier sicher. Ich bringe Ihnen auch etwas Eis für Ihr Auge.«
»Danke!«
»Bringen Sie ihr einen Whiskey mit«, mischte sich der kleine Mann ein, der sich gleichfalls wieder hingesetzt hatte. »Mir auch. Und vielleicht was zu essen?« Er drehte sich zu Katharina. »Sie haben das Essen verschlafen.«
»Ich fürchte, wir haben nur noch den Nachtisch übrig. Mousse au Chocolat.« Katharinas Lieblingsspeise. Das musste die Stewardess ihr angesehen haben: »Ich bringe Ihnen mal zwei Portionen.«
»Danke. Und verzeihen Sie noch mal …«
»Ach, ein Albtraum ist doch gar nichts. – Ich bin gleich wieder da.«
Von allen Turbulenzen unbeeindruckt, schwebte die Stewardess durch den Gang davon. Katharinas Sitznachbar sah ihr begeistert hinterher. Dann bemerkte er, dass Katharina ihn beobachtete, und richtete sich schulterzuckend auf: »Sorry. Aber sie ist einfach zu schön. Wie eine Prinzessin aus Tausendundeinernacht.«
Der Mann bückte sich nach etwas, das auf dem Gang lag: die Akte. Katharina griff rasch danach, zog sie weg und steckte sie in ihre Handtasche. »Ein geheimer Geschäftsbericht. Ich komme schon in Teufels Küche, wenn jemand erfährt, dass ich über der Lektüre eingeschlafen bin und ihn nicht wieder sicher verwahrt habe.«
»Verstehe. Müssen ja Höllenzahlen sein, wenn die Albträume auslösen.«
Was würde ein Unternehmensberater sagen? »Na ja, eher ein Höllen-Klient.«
»Lassen Sie mich raten: Beratungsresistent, aber er gibt Ihnen an allem die Schuld?«
»So ungefähr. Er weigert sich, alte Schulden zu begleichen, weil er sich nicht daran erinnert.« Das war wenigstens die halbe Wahrheit. Und sie würde den Amendt schon drankriegen. »Und wenn er es nicht war?«, hallte Susannes Stimme in Katharinas Kopf nach. Unsinn!
Katharina verstand zwar nicht, warum, aber die Stewardess musste sie ins Herz geschlossen haben. Sie hatte ihr nicht nur einen Whiskey, eine Flasche Wasser, ein Handtuch und ein kleines Schälchen mit Eiswürfeln gebracht, sondern gleich drei Schälchen mit Mousse au Chocolat.
»Fliegen Sie auch nach Dubai?«, fragte ihr Sitznachbar.
»Nein, nach Dar es Salam.« Verdammt. Verplappert. Katharina beruhigte sich gleich wieder. Wer sollte schon davon erfahren?
»Tansania. Schönes Land.«
»Wenn Sie das sagen. Ich war noch nie dort.«
»Na, dann haben Sie ein Traumerlebnis vor sich.« Er musterte sie kurz. »Verzeihung. Ich wollte nicht …«
Katharina winkte ab. »Keine Ursache.«
»Und … Ich will ja nicht persönlich werden, aber haben Sie solche Albträume häufiger?«
»Manchmal«, antwortete Katharina knapp.
»Ich glaube, dann habe ich etwas für Sie.« Der Mann angelte nach dem Aktenkoffer, den er unter seinen Sitz geschoben hatte. Er legte ihn auf seinen Schoß und klappte ihn auf. Der Koffer war voller Medikamentenpackungen. »Wo haben wir denn …? Ach da.« Der Mann zog eine Schachtel hervor und drehte sie stolz zwischen seinen Händen. »Ganz neu entwickelt. Keine Überdosierung. Keine Abhängigkeit. Und es stört nicht die REM-Phasen; ein mildes Euphorikum vertreibt böse Träume. Morph-OX.«
Jetzt hielt der Mann Katharina die Schachtel hin.
Urplötzlich packte Katharina die Panik. Es wäre einfach, ihr so eine Giftpille zu verabreichen. Sie zwang sich zur Ruhe. »Ministro?«, fragte sie.
Der Mann blickte sie irritiert an: »Nein, Morph-OX.« Den Begriff »Ministro« schien er noch nie gehört zu haben. Okay. Da war sie wieder, die Paranoia. Katharina nahm die Schachtel und besah sie sich von allen Seiten. Sie war versiegelt.
»Danke. – Sind Sie Pharmakologe?«
»Schön wär’s.« Der Mann lachte. »Ich bin nur ein einfacher Pharma-Vertreter. Na ja, nicht ganz einfach. Ich bin Vertriebschef für den EMEA-Raum.«
»Fliegen Sie deswegen nach Dubai?«
»Natürlich. Ein echter Boom-Markt. Mit etwas Glück mache ich da morgen den Deal meines Lebens. Und dann hänge ich noch ein paar Tage Dubai dran. Tolle Stadt.«
»Wenn Sie meinen …«
»Doch, immer einen Trip wert. – Apropos: Haben Sie an alle Schutzimpfungen gedacht?«
»Schutzimpfungen?«
»Für Tansania. Schönes Land. Aber das Gesundheitssystem ist eine Katastrophe. Besser, wenn man da nicht krank wird.«
Oh je. Der Mann hatte recht. Sie hatte sich darüber keine Gedanken gemacht. Andererseits war sie als Polizistin so ziemlich
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