African Boogie
Schritten auf den Ausgang zu. Dann erst registrierte sie, dass auf dem Pappschild etwas gestanden hatte, und drehte sich wieder um.
Der Schwarze, der das Pappschild vor seiner Brust hielt, hatte ihr erstaunt nachgeschaut. Deshalb konnte sie jetzt den Namen lesen, der auf dem Schild stand: »Zoë Yamamoto«, ihr Tarnname.
Sie ging zurück zu dem Mann. »Hi, my name is Zoë Yamamoto.«
Der Mann schaute unverwandt auf sie herab. Er war groß, bestimmt zwei Meter, und unglaublich dünn. Seine Haut war schwarz wie gebeiztes Ebenholz. Er trug eine Art weiten Kaftan aus afrikanisch-bunten Stoffen und an den Füßen nagelneue Turnschuhe.
Moment, sprach man in Tansania etwa Französisch? »Je suis …, je m’appelle …«, radebrechte Katharina, während der Mann sie regungslos ansah.
»Golden Rock?«, fragte er schließlich mit einer tiefen, vollen Stimme.
»Yes, yes. Oui. Golden Rock. That’s my resort.«
»Supi! Na, dann wollen wir mal«, fuhr der Mann auf Deutsch mit rheinischem Einschlag fort. Katharina war so verdattert, dass sie sich ihr Gepäck widerstandslos von ihm abnehmen ließ.
»Sie sprechen Deutsch?«
»’türlich. Deutschsprachige Betreuung. Wie im Prospekt versprochen.« Der Mann lächelte und offenbarte zwei Reihen absolut gleichmäßiger, weißer Zähne. »Ich bin übrigens Mtanguluzi.«
Er setzte die Reisetasche noch einmal ab und reichte Katharina die Hand. Sein Händedruck war fest, seine Haut rau.
»Mtang …«, versuchte Katharina zu wiederholen. Es gelang ihr nicht.
»Die meisten Menschen nennen mich Augustin.«
»Augustin?«
»Ja, von dem Volkslied.« Er sang sehr melodisch: »Ach du lieber Augustin, Augustin … Das Lied habe ich aus Deutschland mitgebracht.«
»Aus Deutschland?«
Wenn ihn Katharinas Verblüffung kränkte, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. »Ja. Ich hab’ da studiert. In Aachen.«
Natürlich. Das gab es. Auch die Uni Frankfurt hatte eine ganze Reihe Studierende aus Afrika.
»In Deutschland hatte ich einen anderen Spitznamen«, fuhr Augustin fort.
»Nämlich?«
»Langer Samstag«, sagte er ausdruckslos.
Das war zu viel. Katharina musste so sehr lachen, dass es wehtat. Augustin blickte auf sie herab, ohne eine Miene zu verziehen.
»Entschuldigung«, sagte sie etwas beschämt, als sie sich wieder beruhigt hatte.
»Null Problemo.« Mit einer Hand hob Augustin die schwere Reisetasche auf und balancierte sie auf seinem Kopf aus. »Du hast Humor. Das ist gut. Humor ist in Tansania immer gut.« Jetzt war es an ihm zu lachen. Er wandte sich zum Ausgang und ging los. Katharina konnte kaum Schritt halten.
Sie passierten die Glastür. Die Luft draußen war so heiß, dass es Katharina den Atem aus den Lungen presste. Sie wünschte sich, sie hätte ihr Jackett ausgezogen.
Augustin steuerte zielstrebig auf den Parkplatz zu, auf einen alten, etwas verbeulten Pick-up. Ohne das Gepäck abzusetzen, sprang er so leichtfüßig wie ein Balletttänzer auf die Ladefläche. Dort verstaute er Katharinas Gepäck in einer großen, abschließbaren Metallbox. Dann sprang er elegant herab und hielt Katharina die Beifahrertür auf. Katharina wunderte sich kurz, dass sich der Beifahrersitz auf der falschen Seite befand. Aber in Tansania galt offensichtlich Linksverkehr.
Katharina fiel etwas ein: »Ich dachte, wir fliegen weiter nach Mafia Island.«
Augustin startete den Motor, der nach ein paar Anläufen widerwillig ansprang. »Klar. Aber dazu müssen wir rüber zum Terminal 1 am anderen Ende des Flughafens. Das ist ein Stück.«
Augustin steuerte den Wagen mit Schwung auf eine große Straße. Das Gaspedal durchgetreten und die Hand an der Hupe kurvte er durch den dichten Verkehr, dass selbst Katharina sich vor Angst an ihrem Sitz festkrallen musste. Nach etwa einem Kilometer bog er schwungvoll ab und fuhr auf ein Ensemble älterer Gebäude zu. »Das ist der alte Flughafen«, erklärte er. »Wird jetzt nur noch für die Inlandsflüge genutzt.«
Ein Wachmann winkte sie lässig durch ein Tor im Zaun. Augustin hielt mit quietschenden Reifen in einem Hangar, in dem drei kleine Passagierflugzeuge standen. Zwei der Flugzeuge hatten schon bessere Zeiten gesehen. Eines wirkte fast neu. »Golden Rock« stand in schwungvollen Lettern auf der weißen Lackierung. Zu diesem Flugzeug führt Augustin sie jetzt: »Du hast Glück. Du kriegst den VIP-Flug.«
Er verstaute ihr Gepäck. Dann fragte er: »Magst du vorne sitzen?«
Katharina bejahte. Er öffnete die Tür zum Cockpit und hob
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