African Boogie
zur Hauptebene. Dort führte er sie am Restaurantpavillon, in dem noch alle Stühle auf den Tischen standen, vorbei in die Rezeption. »Hier ist es gemütlicher«, verkündete er. Katharina setzte sich auf eines der Sofas.
Sie war trotz der frühen Stunde nicht allein in der Rezeption. Stefan Döring starrte auf den Computer auf dem Tresen und fluchte vor sich hin.
Erst als Augustin eine Kaffeetasse von der Größe einer Suppenterrine vor Katharina hinstellte, sah der Club-Direktor zu ihr hin. »Morgen«, grüßte er knapp. »Sie sind nicht zufällig im zivilen Leben IT-Expertin? Oder kennen sich sonst irgendwie mit Computern aus?«
Katharina wollte schon verneinen, aber dann fiel ihr ein, dass sie zumindest mehr über Computer wusste als die meisten anderen, die sie kannte. Und oft genug half es ja, den Rechner einfach aus- und wieder einzuschalten.
»Ein wenig.« Sie ging um den Tresen herum. »Was hat er denn?«
»Das Buchungssystem spinnt. Angeblich sind wir komplett ausgebucht. Und bis auf die Mitglieder der Gruppe, die heute anreist, wenn wir viel Glück haben, haben alle Gäste den gleichen Namen.«
Katharina sah auf den Bildschirm. Eine Buchungsmaske. Und tatsächlich stand überall »Name: Ennescio, Vorname: Nom« Sie sprach den Namen leise aus. Dann lachte sie auf.
»Was ist so komisch?«, fragte Stefan Döring gekränkt.
»Nomen Nescio. Lateinisch für ›Ich weiß den Namen nicht‹.«
»Ich kann kein Latein.«
»Dafür steht die Abkürzung ›N.N.‹.«
»Aha. Und?«
»Das ist so ein ITler-Scherz, nehme ich an.«
»Sehr witzig. Ein Hacker?«
Katharina fiel ein, dass sie im Präsidium vor ein paar Monaten eine neue EDV-Anlage bekommen hatten. Auf dem System war eine Testroutine Amok gelaufen und hatte die Schreibarbeit von zwei Tagen zerstört.
»Haben Sie vor Kurzem ein Update bekommen? Ein neues System?«, fragte sie.
»Ja, die haben die SAP-Version gewechselt. Warum?«
»Offenbar wollte jemand testen, wie sich das System unter Volllast verhält. Und hat vergessen, das Programm zu löschen.«
Das war das erste Mal, das Stefan Döring lächelte. Eigentlich war es eher ein wölfisches Grinsen: »Ernsthaft? Dann ist das nicht meine Schuld?«
»Nein.«
»Und Sie wissen nicht zufällig, wie man das behebt?«
»Das muss vermutlich in der Zentrale gemacht werden.«
»Na, die werden was von mir zu hören bekommen. Das ist nämlich ein Desaster. Ich kann die Zimmer nicht freigeben. Nicht mal Last-Minute kann ich anbieten.«
Katharina stutzte: »Und wie bin ich dann an mein Ticket gekommen?«
»Sie hatten Glück. Ihre Reise gehörte zu einem Kontingent, das eine Agentur namens ›1219 Romans‹ gekauft hat. Irgend so eine Agentur für Events. Und die hat die Reisen verschenkt.«
»Verschenkt?«
»Als Preisausschreiben-Gewinne und so weiter. – Ihre Reise ist ursprünglich an den Oberbürgermeister einer Kleinstadt gegangen. Davon hat die Opposition Wind bekommen und einen Skandal losgetreten. Also hat er die Reise zurückgegeben. Direkt an unsere Zentrale. Die haben sie manuell in das Last-Minute-Angebot eingetragen. Und wir haben Ihre Daten nur als Fax bekommen. Offiziell sind Sie hier immer noch registriert als …«, er fuhr mit der Maus über die Buchungsmaske, »Claas Kolches, Oberbürgermeister von Suhlheim.« Und damit drehte er sich um und verschwand türenschlagend in seinem Büro.
Nach dem Frühstück stand Katharina der Sinn nach Bewegung. Über der Rezeption informierte ein Schild über die Vorzüge von Golden Rock; unter anderem stand dort »Fitness- und Sportraum«. Vermutlich zwei Kraftmaschinen und ein Laufband, aber besser als nichts. Also wandte sie sich an die kleine Concierge, die ihr mit Händen und Füßen zu erklären versuchte, wie Katharina gehen musste. Dann besann sich das Mädchen eines Besseren und zog einen kopierten Plan von Golden Rock unter der Theke hervor. Mit einem Kreuz markierte sie, wo der Fitnessraum war.
Katharina ging in ihren Bungalow, schlüpfte in ein T-Shirt und eine Jogging-Hose sowie ein paar Leinenschuhe mit Stoffsohle. Dann stieg sie erneut zur Pool-Landschaft hinab.
Unterhalb des Sprungturms war eine große, zum Pool hin offene Höhle in den Fels gehauen. Auf einem bronzenen Schild stand: Unser Fitness-Zentrum diente ursprünglich als Lager. Es ist Teil eines ausgefeilten Höhlensystems, mit dem Schmuggler Golden Rock in einen sicheren Stützpunkt für den illegalen Handel mit Gewürzen und Stoffen verwandelten. Wenn Sie an einer
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