African Boogie
Paranoia auflachen: »Hilfe, Mordmotive, wo ich nur hinschaue. Sogar mitten im Urlaubsparadies.«
Harry lächelte schief: »Stimmt. Vielleicht sind wir schon zu lange dabei. – Wurde Zeit, dass wir mal rauskommen.«
»Gestatten Sie, dass ich Sie zu Ihrem Quartier geleite?« Katharina war auf den Weg zu ihrem Bungalow, vom Wein etwas leichtfüßig, gestolpert. Doch eine kräftige Hand hatte sie aufgefangen: der Freiherr. »Darf ich mich vorstellen? Alexander von Weillher.«
Katharina gab ihm die Hand. Der Händedruck war kräftig, doch seine Haut war weich, die Nägel sorgsam manikürt.
»Gestatten, der militante Umweltschützer vom Dienst.« Er schlug die Hacken zusammen und deutete eine Verbeugung an.
»Zoë Yamamoto. Bereit zur Indoktrination.« Katharina salutierte scherzhaft.
»Indoktrination? Aber, aber. Ich folge nur der guten Sitte, eine Dame niemals alleine durch die Dunkelheit gehen zu lassen.«
»Ein Naturschützer mit Manieren?«
»Adel verpflichtet. Und ich bin der Meinung, dass unsere Welt besser aussähe, wenn wir alle ein wenig mehr Höflichkeit und Rücksichtnahme üben würden. Auch gegenüber der Natur.«
Das Knirschen des Kieses unter ihren Füßen war für ein paar Momente das einzige Geräusch. Katharina betrachtete ihren Kavalier aus den Augenwinkeln: Hochgewachsen, schlank, sein Profil aristokratisch-markant. Blonde Haare, blaue Augen.
Sie fragte: »Und Sie wollen Golden Rock den Affen zurückgegeben?«
»Den Affen und den vielen Vögeln, die hier einmal genistet haben.«
»Sie könnten die Insel einfach kaufen.«
»Ach, Sie wissen also schon, aus welchem Stall ich komme. Gut. Hab’ ich übrigens versucht. Aber dieses deutsche Konsortium war schneller und will Golden Rock einfach nicht mehr hergeben. Hoffen wohl auf den ganz großen Coup, wenn die neureichen Chinesen und Russen kommen.«
»Wenn die Seewespen da mal keinen Strich durch die Rechnung machen. Und die Strömungen.« Es konnte nicht schaden, dem Freiherrn ein wenig auf den Zahn zu fühlen. »Kommen die wirklich von der Brücke?«
»Vermutlich. Oder jemand hat ein paar der Riffe gesprengt.«
»Riffe gesprengt? Und wozu?«
»Was weiß ich? Vielleicht, damit sie malerischer aussehen beim Tauchen. Aber die Natur rächt sich. Statt eines ruhigen Wasserbeckens gibt es jetzt unberechenbare Strudel. Und, na ja, die Seewespen sind ein Glücksfall, das gebe ich zu.«
»Glücksfall?«
»Irgendwann spricht sich das rum. Und dann ist die Insel wieder leer.«
»Und Sie?«
»Ich warte ab. Und erzähle jedem, der es hören will, vom Biotop, das diese Insel einmal war …«
»Daher die Mahnwache?«
»Daher das beliebte Fotomotiv. In Hunderten von Fotoalben, Blogs und Reiseportalen gibt es Fotos von mir. Mit meiner Botschaft.«
Das klang gar nicht so kriegerisch, wie Harry es geschildert hatte.
Plötzlich streckte der Freiherr den Arm aus und hielt Katharina zurück. »Pavian!«, flüsterte er scharf.
Tatsächlich. Im Licht einer Lampe am Wegesrand saß ein großer Pavian. Als er sie sah, fletschte er die Zähne und stellte sich auf die Hinterbeine. Katharina überlegte rasch. Sie hatte ihre Pistole in ihrer Handtasche. Vielleicht konnte sie …
Doch der Freiherr war schon einen Schritt vorgetreten und in die Hocke gegangen: »Wir sind keine Feinde«, sagte er leise und beinahe zärtlich. »Aber du bist hier in Gefahr.«
Als hätte der Affe verstanden, hockte auch er sich hin.
»Gehe schnell heim. Hier gibt es kein Futter für dich.« Während er flüsterte, ging der Freiherr langsam rückwärts, ohne aus seiner Hocke aufzustehen. Der Affe sah ihn an, als müsse er intensiv über die Worte des Freiherrn nachdenken. Plötzlich drehte er sich um und verschwand behände in der Dunkelheit.
Der Freiherr verharrte noch ein paar Sekunden, dann richtete er sich auf: »Ich sag es ja. Höflichkeit hilft immer.«
»Was, wenn er Sie angriffen hätte?«, fragte Katharina noch etwas atemlos von dem Schreck.
»Dann wäre ich jetzt tot oder schwer verletzt. Aber das wäre mein Fehler. Nicht seiner. Schließlich sind wir in sein Reich eingedrungen.« Plötzlich drehte er sich zu Katharina um: »Oder Sie hätten das arme Tier erschossen. – Wenn mich nicht alles täuscht, haben Sie eine Pistole in Ihrer Handtasche.«
Katharina klemmte ihre Handtasche unwillkürlich fester unter ihren Arm.
»Vorhin, als Sie gestolpert sind, ist Ihnen ein Henkel entglitten, da habe ich die Waffe gesehen.«
Verdammt, dachte Katharina. Sie
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