African Boogie
gehe ich jetzt meine Aufpasserpflicht erfüllen.«
»Aufpasserpflicht?«, fragte der Freiherr Katharina, als der Priester und Andreas Amendt den Pavillon verlassen hatten.
»Das geht Sie nun wirklich nichts an.«
Der Freiherr sprach ungerührt weiter: »Und was war das gerade für ein Auftritt? Er wirkte ja beinahe, als sei er eifersüchtig.«
»Eifersüchtig? Ein Priester? Nein. Er mag Sie nur nicht besonders.«
»Nun, da ist er nicht der Erste. – Darf man fragen, weshalb?«
»Sie erinnern ihn an die Großgrundbesitzer seiner Heimatgemeinde.«
»Tja, die Sünden der Vorväter. Nicht leicht, sie wieder gutzumachen. Aber ich tue mein Bestes. – Darf ich Sie zu Ihrem Bungalow geleiten?« Der Freiherr bot Katharina den Arm.
Die Nacht war lau. Es wehte ein leichter Wind. Die Luft roch nach Salz und Meer. Außerdem trug der Freiherr ein sehr angenehmes, dezentes Aftershave. Fast ohne es zu merken, fing Katharina an, darüber nachzudenken, was sie wohl tun würde, wenn er seine während des Tangos ausgesprochene Aufforderung wiederholte. Wie sollte sie sich dem elegant entziehen? Und plötzlich war da wieder diese leise Stimme: »Komm schon. Eine Nacht«, raunte sie. »Um den Amendt aus deinem Kopf zu kriegen.« Mit Erschrecken stellte Katharina fest, dass die Stimme recht hatte. Was war schon eine Nacht? Und der Freiherr? Attraktiv und schwer einzuschätzen. Gefährliche Männer! Was für ein Klischee!
Ein Stück vor ihnen gingen Kristina und Dirk-Marjan. Vor einem Bungalow blieben sie stehen, lauschten kurz und lachten. Dann hakte sich Kristina wieder beim ihrem Lieblings-Architekten ein, der ruckartig etwas steifer wurde, und sie gingen weiter.
Der Freiherr deutete auf die beiden: »Das zweite große Rätsel unserer Urlaubs-Mörder-Soap: Gelingt es unserem Krimifan, das Herz von Dirk-Marjan zu erobern?«
»Na ja, die zwei stecken in einer Zwickmühle. Beide glauben, sie seien einfach nicht der Typ des anderen.«
»Heidernei. Ist Dirk-Marjan blind?«
»Eher verklemmt. Oder er kämpft insgeheim damit, sich einzugestehen, dass er schwul ist«, riet Katharina.
»Homosexuell«, korrigierte sie der Freiherr mit plötzlicher Strenge. »Und, nein. Ist er nicht.«
»Sicher?«
»Sicher. Ich habe ein ziemlich gutes Gaydar.«
Gaydar? Das Wort passte so gar nicht zum Freiherrn. Gaydar war der sechste Sinn, den man Homosexuellen nachsagte, Gleichgesinnte zu erkennen. Aber …?
»Sie sind …?«, fragte Katharina, bevor sie ihre Zunge im Zaum halten konnte. Hoffentlich bemerkte er die Enttäuschung in ihrer Stimme nicht.
»Homosexuell, ja. Ich dachte, das wäre offensichtlich. – Moment, Sie haben doch nicht etwa gedacht, dass ich –?«
»Nein, nein«, fiel ihm Katharina ins Wort.
»Das tut mir sehr leid. Ich wollte nicht …«
»Schon gut.«
»Da bin ich aber beruhigt. Das wäre mir sehr unangenehm gewesen.«
Sie hatten den Bungalow erreicht, vor dem auch Kristina und Dirk-Marjan stehen geblieben waren. Natürlich, der Bungalow der Jack-ooo. Die Bewohnerin war voll in Fahrt, den Stöhnern, Kieksern und kurzen Schreien nach zu urteilen.
»Ohne Ihnen oder Ihrem Geschlecht zu nahetreten zu wollen: Sehr anregend ist das nicht. – Ist die nicht vorhin mit diesem Unternehmensberater weggegangen?«, wunderte sich der Freiherr. »Diesem etwas älteren Herrn, der immer mit dem Juwelen-Weihnachtsbaum zusammensteckt? Ganz schön standhaft für sein Alter, oder? Offenbar die Kraft der zwei Herzen.«
Sie prusteten los.
Plötzlich steigerte sich das Gestöhne der Jack-ooo und schlug um in einen gellenden Schrei, der die Fensterscheiben des Bungalows erzittern ließ.
Katharina und dem Freiherrn blieb das Lachen im Hals stecken. Katharina rannte zur Tür des Bungalows und rüttelte an der Klinke. Abgeschlossen. Vielleicht die Fenster? Vergittert! Verdammt, bis sie jemanden mit einem Schlüssel gefunden hatte, würde es zu spät sein.
Das hatte auch der Freiherr erkannt. Er warf sich mit der Schulter gegen die Tür. Heroisch, aber sinnlos. So konnte man keine Tür aufbrechen. Katharina schob ihn beiseite und schlug mit kleinen Schlägen gegen die Tür.
»So geht das nicht …«, setzte der Freiherr an. Doch Katharina hatte schon gefunden, was sie suchte. Den Punkt, an dem die Tür am meisten vibrierte. Die Schwachstelle. Sie nahm Anlauf und trat mit aller Macht dagegen. Holz splitterte, die Tür sprang auf.
Die Jack-ooo saß zusammengesunken und nackt auf einem Gegenstand, der entfernt aussah wie ein
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