Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
African Queen

African Queen

Titel: African Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Timmerberg
Vom Netzwerk:
auch sei:
    «Der Pass muss nächsten Samstag zurückkommen, Lisa, mit oder ohne Visum, und ich werde nach Likoma fahren und dafür sorgen, dass das passiert.»
    «Das würdest du für mich tun?»
    «Warum nicht?»
    Ja, warum nicht? Die Wahrheit ist, es reicht mir langsam. Ich weiß nicht, ob ich es schon erwähnt habe, aber falls nicht, dann sollte ich es irgendwann mal tun, und welcher Zeitpunkt wäre dafür besser als dieser. Ich bin kein Beachtyp. Strände öden mich an, egal, wie schön sie sind. Mehr als drei Tage ging das noch nie gut. Und an diesem Strand bin ich nun fast drei Wochen. Gut, ich habe meine Beziehungsprobleme, aber seit meiner Rückkehr aus Lichinga ist das besser geworden. Dafür greift jetzt die Langeweile wie ein Gespenst nach mir. Nur um ein Beispiel zu nennen, was andere hier tun: Rose entwickelt ein Kunsthandwerkprojekt. In den Dörfern gibt es Leute mit Talent dafür. Sie schnitzen kleine Krokodile, kleine Boote, kleine Götter, und darüber hinaus schnitzen sie auch mal was Großes, Aschenbecher etwa, und all das könnte die Lodge für sie verkaufen. Das ist Roses Idee und Roses Mission. Alle paar Tage geht sie in die Dörfer, um dort Begeisterung für dieses Projekt zu schüren. Eine andere Volontärin, sie ist schon lange nicht mehr da, hat vor Jahren eine Musterfarm aufgebaut. Zehn Minuten zu Fuß von Peters Haus. Wie ich hörte, war sie auch Peters Geliebte, wahrscheinlich gehört sich das hier so. Die Farm erfüllt zwei Aufgaben. Zum einen deckt sie einen Teil des Rucola-, Papaya-, Kürbis- und Auberginenbedarfs der Lodge, zum anderen werden Dorfbewohner in der Hochkultur des Gemüseanbaus geschult. Sie ist einen Hektar groß, und fünf Leute arbeiten ständig dort. Ich meine, das sind Projekte! Mir fällt nichts ein, außer dass es langsam mal weitergehen könnte. Aber ich gehe nicht ohne Lisa, und Lisa geht, wenn überhaupt, nicht ohne ihren Pass. Warum sollte ich also nicht nach Likoma eilen, um Francis’ Freund zu einem Telefonat mit Mzuzu zu drängen. Text: «Send the passport back! Visa or not. Send the fucking passport back!»
    «Ja, wenn das so ist», sagt Lisa, «dann könntest du mit den Italienern fahren. Die müssen am Donnerstag nach Likoma.»

    Zehn Italiener, zehn Journalisten, so kündigten sie sich an, um Collin runterzuhandeln. Alle arbeiten für ein Reisemagazin, das die Lodge groß rausbringen will. Collin gab ihnen drei Tage zum Selbstkostenpreis, und als sie kamen und zum ersten Mal am Feuer saßen, stellte sich auf meine Nachfrage schnell heraus, dass keiner unter ihnen, bis auf einen, irgendwie journalistisch tätig war, und dieser eine sieht so aus, wie ich aussehen würde, wenn ich schon lange keine Geschichte mehr verkauft hätte und irgendwie anders über die Runden kommen müsste. Er ist etwas älter als ich, also, was nicht ist, kann ja noch werden. Reisejournalisten-Reisen. Auf den Pfaden der Profis. Zu Schnorrerpreisen. Als Nächstes nach Angola. Sie fliegen von Lilongwe. Und sie sind etwas nervös wegen der «Ilala». Ist sie unpünktlich, verpassen sie ihren Flug.
    Wieder bin ich in dem großen Boot der Lodge, und wieder ist es überladen. Zehn Italiener, ihr Gepäck und ich. Und wieder gibt der Motor seinen Geist auf, schon nach der ersten Bucht macht er plötzlich nur noch stockend tuck-tuck und dann nicht mehr tuck. Ich kenne das, aber die Italiener nicht. Zwanzig Hände zucken synchron nach oben, Unflätigkeiten werden auf Italienisch vorgetragen, «Mamma mia», «Motore male», «Africa fatale» und so weiter und so fort, und Francis sagt:
    «Mamma mia, jaaaaa …»
    Francis ist ein kleiner Mann mit einem kleinen Lächeln. Aber dieses kleine Lächeln ist eigentlich ein permanentes. Selbst wenn er ernst dreinschaut, lächelt er. Dasselbe gilt für seine Augen. Auch sie lächeln unentwegt. Und ich weiß es noch immer nicht – ist Francis einfach nur lieb oder eher ein bisschen listig, oder, auch das ist möglich, mischt sich bei ihm Liebsein und Listigsein zu gleichen Teilen, also fifty-fifty? Vielleicht verarscht er die Italiener, vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht.
    «Mamma mia, jaaaaaa …»
    Francis bekommt den Motor wieder flott, doch auch danach ähnelt die Überfahrt nach Likoma Island nur wenig einer Gondeltour durch Venedig. Es stürmt ein bisschen, die Wellen wogen, die Italiener werden mucksmäuschenstill. Ich werde von dem Unwetter durch Spekulationen über das Wesen der Korruption abgelenkt. Ich will mir Francis’ Freund

Weitere Kostenlose Bücher