Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
African Queen

African Queen

Titel: African Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Timmerberg
Vom Netzwerk:
Air Taxi», die Österreichern gehört. Sie fliegen von Likoma nach Lilongwe, von da könnte ich ein normales Taxi nach Mzuzu nehmen, aber die Air-Taxis fliegen nicht jeden Tag, und wenn sie fliegen, haben sie nicht immer einen freien Platz. Kosten: Standby hundert, normal gebucht dreihundert Dollar. «Es gibt noch eine Möglichkeit», sagt Jane, «aber die kann ich dir nicht empfehlen. Auf der Insel gibt es jemanden, der dich für achtzig Dollar mit seinem Schnellboot zur anderen Seite des Sees bringt. Das dauert sechs bis acht Stunden, und du hast absolut keinen Schutz darin. Ihr werdet sehr allein sein da draußen und sehr nass werden. Du weißt, wie der See ist.»
    «Mango Beach» ist ein Billigresort. Zehn Euro für ein Bett in einer Gemeinschaftsgrashütte, zwanzig für die Solohütte und fünf für eine Hängematte unter freiem Himmel. Der Strand ist breit, aber langweilig, er hat keine vorgelagerten Vulkansteine, die wie Finger aus dem Wasser ragen, und der Sand ist auch nicht so weiß wie in der Lodge, aber das Herz von «Mango Beach» gefällt mir gut. Von Thailand bis Kuba, von Goa bis Kreta, von Brasilien bis Australien werden diese Strandpavillons in etwa gleich gebaut. Rund, seitlich offen, und das Dach sieht wie ein riesiger Pilz aus. Hier sind die Polstermöbel, die Sitzgruppen zum Chillen, die Tische, die Stühle, die Barhocker, die Bar, die Getränke, und, ich hatte es vergessen, hier spielt die Musik. In Collins Lodge gibt es keine Musik, nur die Gitarren am Feuer. Das ist wildromantisch, aber eine Bar wie diese hier fehlt. Ein geistiges Getränk, ein geiler Song, ein Absacker in das Blues-, Reggae-, Rap-, Rock-’n’-Soul-Universum der Weltmusik, während sich am Himmel die Sterne entblößen und am Meer die Wellen schweigen oder, alternativ, Rabatz machen. Das fehlt in der Lodge, aber hier fehlt es nicht, und weil Jane einen guten Geschmack hat, gehe ich mit Johnnie Walker und Van Morrison meine Gedanken und Gefühle zum Stand der Dinge in Sachen Liebe und Leidenschaft durch.
    Das Wetter in meinem Herzen ist so wechselhaft wie das des Malawisees, die Stürme in meinem Bauch kommen und gehen. Zurzeit ist mal wieder ein bisschen Wind aufgekommen, eine leichte Unruhe in der Magengrube, diese elende Nervosität. Und ich glaube an die emotionale Telepathie. Wenn ich nervös werde, gibt es auch einen Grund dafür. Das war immer so. Und ich bin nicht mehr siebzehn, ich habe dieses «immer so» oft erlebt. Ein Kreis entsteht, der durch beide Seelen geht, und jeder kriegt es sofort mit, wenn der andere den Kreis verlässt, egal, wie nah oder wie weit weg der andere ist, und Lisa, um mal wieder Namen zu nennen, weilt gerade sieben Kilometer von mir entfernt, ich brauche nur halblinks und dann über den See zu blicken und ahne, wo sie gerade sitzt. Am Feuer, es ist die Zeit dafür. Rose ist heute mit Mama in Mamas Dorf gegangen und wird dort übernachten, und es sind nach der Abreise der Italiener bis Samstag auch keine Gäste mehr in der Lodge, das heißt, Lisa und Collin sitzen allein am Feuer. Und nun frage ich mich: Ist meine Nervosität emotionale Telepathie oder Paranoia? Außerdem frage ich mich, ob die Gefühle den Gedanken folgen, oder sind die Gedanken nur die Wolken im Wind der Gefühle? Und noch etwas: Ist das nun die große Liebe? Oder ein Desaster? Und wo ist da der Unterschied? Ich frage das mich, ich frage das den Whisky, und ich frage das den Sternenhimmel, und keiner hat ’ne vernünftige Antwort darauf.
    In der Nacht bekomme ich kein Auge zu. Man hat mir ein Bett in einer Gemeinschaftshütte zugewiesen, sechs Italiener und ich, und zwei von ihnen schnarchen gar fürchterlich. Der dicke Journalist und noch ein Dicker sägen meine Nerven kurz und klein. Ich halte mir die Ohren zu, ich schlafe ein, aber weil ich mir im Schlaf die Ohren nicht weiter zuhalten kann, wache ich immer wieder auf. Andere Taktik. Ich bin selber laut. Ich huste, ich stöhne, das weckt die Italiener auf, und es ist für ein paar Minuten Ruhe, bevor es im Duett weitergeht. Ich sehne mich nach dem Frieden von Lisas Hütte, und ich sehne mich nach Lisas Wohlgeruch. Ich mag die Körperdüfte in einer Männerwohnheim-Hütte nicht.

    Endlich graut der Morgen, und ich muss mir den Freund von Francis schnappen. Dafür ist ein Spaziergang vonnöten, der Pickup vom «Mango Beach» fährt heute nicht zum Hafen. Jane erklärt mir den Weg. Es ist nicht derselbe, den sie mit dem Auto nimmt, sondern eine Abkürzung. Sie zeigt auf

Weitere Kostenlose Bücher