Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
African Queen

African Queen

Titel: African Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Timmerberg
Vom Netzwerk:
nicht reichte, reichte ein Wort. Ich verstehe ihn nicht, aber ich kenne den Tonfall, mit dem man streunende Hunde vertreibt.
    Und wieder kommt einer aus der Dunkelheit. Er hat kein Hemd mehr, kein T-Shirt, nicht mal Flipflops, nur eine zu große Strandhose, die er mit einem Strick gürtet. Was außerdem an ihm noch anders ist als bei den anderen: sein Tempo und seine Zielstrebigkeit. Er kommt direkt auf mich zu, und als er vor mir steht, sehe ich in brennende Augen und einen zahnlosen Mund, obwohl er nicht älter als dreißig ist. Wo hat er seine Zähne gelassen? Und wo seinen Verstand? Er lacht wie irre. Und der Barkeeper ist sofort da. Er packt den Irren bei den Schultern und stößt ihn zurück. Der Mann kommt lachend wieder. Jetzt wirft der Barkeeper ihn zu Boden. Der Mann steht lachend wieder auf. Ein Kampf entsteht, zu dem gesagt werden muss, dass der Verrückte sich nicht wirklich wehrt. Er steht einfach immer nur wieder auf und drängt auf mich zu, und wenn man ihn daran hindert, bleibt er lachend liegen und kassiert lachend die Schläge. Viele Schläge, denn alle Afrikaner, die drum herumstehen, kommen dem Barkeeper zu Hilfe, darunter erfahrene Ringer, die auch aus der zweiten Reihe wirkungsvolle Treffer setzen, aber nichts kann den Irren bändigen. Schließlich nimmt ihn der Barkeeper vom «Black President» in den Schwitzkasten und schleift ihn über den Strand zum Wasser. Es sieht aus, als wolle er den Verrückten ins Meer werfen. Er wirft ihn ins Meer.
    «Ist das nicht ein bisschen overacted?», frage ich Kamphel.
    «Nein», antwortet der Geistermaler, «du hast keine Ahnung, was der mit dir hätte machen können.»
    «Wie heißt er?»
    «Baba Cool.»
    «Das passt nicht ganz, Kamphel.»
    «Er war nicht immer so.»
    Die Geschichte von Baba Cool. Es war einmal ein Reggaesänger, der hatte eine Band, die jeder in Dakar kannte. Dann ging er mit der Band nach Europa, und man hörte lange nichts mehr von ihm. Als er zurückkam, sah er wie Bob Marley ohne Zähne aus und war durchgeknallt. Und gefährlich. Er geht auf Weiße los und hat schon einige verletzt. Hier endet Kamphels Bericht, und der Maler fragt mich, was mit Baba Cool in Europa geschehen sein könnte. Ich nenne die üblichen Verdächtigen. Koks, Ecstasy, LSD, was weiß ich, vielleicht ist er aber auch in eine Horde Nazis gelaufen, oder sie sind bei einem seiner Konzerte aufgetaucht. Vielleicht hat Baba Cool Springerstiefel von unten gesehen, vielleicht hat ihm eine Blondine den Verstand geraubt. Man weiß es nicht und wird es nie erfahren, denn Baba Cool weiß es offensichtlich auch nicht mehr. Das ist der Stand der Dinge, als der Barkeeper den Irren ins Meer wirft, und dazu trommeln die Männer am Feuer, dazu werden weiter Kaltgetränke gereicht, dazu flüstert der Wind in den Palmenblättern, dazu höre ich im Geist ein Lied von Bob Dylan. «How Many Roads» oder «Like a Rolling Stone» oder «It’s All Over Now, Baba Cool». Aber er kommt wieder raus, das Meer spuckt ihn aus, und der Barkeeper, der jetzt endgültig die Faxen dicke hat, ringt Baba Cool noch einmal zu Boden, hockt sich auf seine Brust und fixiert mit den Knien die Arme des Armen, damit er seine Hände frei hat. Er braucht sie jetzt beide. Mit der linken spritzt er Baba Cool Meerwasser ins Gesicht, mit der rechten wedelt er einen Fetisch vor den Augen des Irren. Ein Ledertäschchen, das er an einem Lederhalsband trägt. Er hat es von seinem Marabout. Der Fetisch ist so groß wie eine Brieftasche, aber es ist kein Geld drin, sondern eine kleine Elitetruppe der Außerirdischen, eine Special Task Force der Feen. Sie ist siegreich. Nach der Taufe und ein paar letzten Ohrfeigen für den Heimweg trollt sich Baba Cool und verschwindet in die Nacht, ohne T-Shirt, Flipflops und Verstand, wie ein Schatten, der sich mit der Dunkelheit vereint, und während ich ihm beim Verschwinden zusehe, würde ich ihm am liebsten, aber ich sage es nicht gern, weil es inzwischen manisch klingt, würde ich ihm am liebsten hinterherlaufen, um auch diesem armen Teufel einen auszugeben. Ich hätte es tun sollen. Stattdessen lade ich eine der Frauen, die mit den Trommlern am Feuer saßen, zu einem Glas Wein ein. Und das hätte ich lassen sollen. Bin ich ein Sextourist? Nein, der liegt eingerollt mit meinem bösen Ich in Schubas Karikatur auf dem Tisch. Trotzdem, ich hätte es lassen sollen.

10. VOODOO MIR, SO ICH DIR
    S extourismus ist natürlich immer noch der beste Weg, um Sprache, Kultur und Strukturen

Weitere Kostenlose Bücher