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African Queen

African Queen

Titel: African Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Timmerberg
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morgen ansehen oder eigentlich auch gleich, denn sie wohne wirklich nur fünf Minuten von hier. So geht es zwei Tage lang. Dede gibt Gas, und ich sage «morgen», weil ich bezweifle, dass ich sie bremsen kann, aber trotzdem ihre Geschichte will. Wir treffen uns dauernd zufällig am Strand oder vor dem Hotel oder in den Gassen des Fischerdorfs, und es ist jedes Mal dasselbe, außerdem begleitet sie nun der kleine Unsympath wie ein Dämon an einer unsichtbaren Kette. Auch er gibt Gas, aber nicht auf die süße Art, wie Dede, er macht Druck, und er tut so, als ob es sein Recht sei, Druck zu machen, er nennt mit finsterer Miene Termine, er will mein Morgen knacken. Mir geht das zunehmend auf die Nerven, und ich hoffe, sie nicht mehr zufällig zu treffen, aber daraus wird nichts. Schließlich kommt es zum Showdown in einer Souvenirbude gegenüber dem Hotel.
    Die Hütte ist eine von vielen in der Straße, und wie alle hat man sie vollgestopft mit lackierten Holzelefanten, Holzgiraffen und Holzlöwen, es gibt auch jede Menge Trommeln und Bilder von gutgebauten Frauen, die vor Grashütten Hirse mahlen, es gibt die Speere und Schilder der Krieger in allen Formaten, es gibt dies und das und alles Mögliche, und alles ist Schrott, alles ist Airport-Kunst, wie man die Staubfänger nennt, die Touristen im letzten Moment für ihre Familie und Freunde kaufen. Mindestens zehn Buden wie diese stehen aneinandergereiht vor meinem Hotel, und ich gehe täglich an ihnen vorbei, ohne hinzusehen, denn im Gegensatz zu Indien gibt es in Afrika kein «only look, no buy». An diesem Tag aber taucht der Unsympath an einem der Stände auf und zieht mich rein. Dede ist auch da. «Wir müssen reden», sagt der Unsympath. «Dede will wissen …», und weiter kommt er nicht, denn Dede, die bislang still auf einem Hocker gesessen hat, springt auf und wird laut.
    «Sag mir endlich die Wahrheit», schimpft sie. «Hast du eine andere Frau?»
    «Na klar.»
    «Im Senegal?»
    «Nein.»
    «Und warum sagst du dann immer morgen?»
    «Das sage ich dir morgen.»
    Dede kommt ein bisschen aus dem Konzept und beginnt zu lachen, während der Unsympath immer finsterer dreinschaut und «no good, no good» murmelt und «so geht das nicht», aber er kommt wieder nicht weiter, denn Dede hat ihre große Szene. Sie lässt resigniert die Arme fallen und sagt:
    «Ich weiß nicht, warum, aber ich liebe dich!»
    Was soll ich darauf sagen? Wie geht es hier jetzt weiter? Wie komme ich aus dieser Bude wieder heraus, ohne Lisa zu betrügen, aber auch ohne einer sympathischen Frau weh zu tun? Soll ich ihr gestehen, dass ich sie zu unerotisch finde, um eine Dummheit zu begehen?
    «Nun mach mal ’nen Punkt, Dede. Ich bin alt, und ich bin fett (ich greife an meinen Bauch), und, ach ja, impotent bin ich bald auch, also was soll der Scheiß? Was willst du mit mir?»
    Jetzt lacht Dede nicht, aber ein Weißer, der vor der Bude steht und zuhört, amüsiert sich königlich. Ich wende mich dem Unsympath zu, weil er halt doch ein bisschen besser Englisch spricht als Dede, und erkläre ihm die Details. Ich mag Dede, aber ich liebe sie nicht. Ich mag sie wie eine Freundin, nicht wie ein Girlfriend, sondern wie eine gute Freundin oder wie eine Frau, die eine gute Freundin werden könnte, wenn Zeit dazu wäre, aber sie ist nicht da, denn ich verlasse bald Senegal, um meine Freundin in Mosambik wiederzusehen. Und falls mein Verhalten in den letzten Tagen diesbezüglich für Dede missverständlich gewesen sein sollte, bitte ich das zu entschuldigen. Und ob er das verstanden habe. Der Unsympath sagt ja. Und ob er es Dede erklären könne. Der Unsympath erklärt es ihr. Dede hört ihm konzentriert zu und nickt. «Problem?», frage ich sie, als er fertig ist. «No problem», antwortet Dede. «Aber willst du das Video von meinem Tor noch sehen?»

    Dedes Wohnung ist eigentlich nur ein Bett. Davor stehen zwei Hocker und ein niedriges Tischchen, daneben ein Regal. Die Wände hat sie mit einer kleinen Schwarzweißfotografie, einem etwas größeren Bild und einem Poster dekoriert. Auf dem Foto ist ihre Mutter zu sehen, auf dem Gemälde ein afrikanisches Dorf und auf dem Poster der bis heute beste Fußballer der Welt, Zinédine Zidane. Sie will hoch hinaus. Der Fußballgott aus Marseille und das afrikanische Dorf hängen direkt nebeneinander. Das kann rein dekorative Gründe haben, aber auch unbewusste oder gar bewusste Konflikte dokumentieren, denn in das Halbrund der Hütten hat der Maler eine Frau

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