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African Queen

African Queen

Titel: African Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Timmerberg
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Schlank, aber muskulös, dazu ein fabelhaftes Gesicht mit gepflegtem Spitzbart, Ibra wäre ein Hit auf dem Sextouristinnenmarkt, aber Ruth hat ihn an die Kandare genommen und ein nützliches Mitglied der senegalesischen Gesellschaft aus ihm gemacht. Ibra ist urbrav, winselt nicht um Trinkgeld und spricht Englisch.
    Die drei weiblichen Hausangestellten beherrschen diese Sprache nicht, sind aber, wie soll man sagen – ein Gedicht. Wohlerzogene Sensationen wischen zweimal täglich den Patio und die Balustraden, die Duschen und die Toiletten und einfach jede Kachel im Haus, und sie sehen bei jeder dieser Tätigkeiten hinreißend aus. Ruths Personalauswahl ist tipptopp, ihr privates Casting wahrscheinlich auch. Ich sage wahrscheinlich, weil ich ihre ersten beiden senegalesischen Ehemänner nicht kenne, aber der dritte ist im Haus, und er sieht wie Omar Sharif Anfang vierzig aus. Eine beeindruckende Erscheinung in langen Gewändern aus teurem Material. Er ist Mauretanier, er hat arabisches Blut, und er ist gestern nach langer Abwesenheit aus Nouakchott gekommen, ohne zu wissen, dass Ruth sich von ihm trennen will. Inzwischen weiß er es, aber er akzeptiert es noch nicht. Er läuft noch immer durchs Haus, als gehöre es ihm. Natürlich gehört ihm nichts, Ruth ist ja nicht blöd. Aber in der spirituellen Welt stimmt das vielleicht nicht. Ruths dritter Ehemann ist ein in Mauretanien hochgeschätzter Marabout. Er hat vor Jahren das «Keur Diame» gesäubert, und ich meine, das hat er gut gemacht, denn das Etablissement macht seinem Namen alle Ehre. «Keur Diame» heißt «Haus des Friedens», und so fühlt sich hier die Atmosphäre an. Kein Geister-Kunstturnen, kein Dämonen-Ringelreihen, keine Fluch-Flecken. Die Atmosphäre im «Keur Diame» ist so blitzblank wie die Kacheln. Ich bin gestern eingezogen, und bereits jetzt ist der Liebeshokuspokus von Ngor so gut wie vergessen. Die Einschränkung «so gut wie» bezieht sich nicht auf Restgefühle, sondern auf ein nunmehr rein wissenschaftliches Interesse. Kann das sein? Gibt es Geister? Verzaubertes Leder? Hat Voodoo Macht bis in die Träume? Oder sind es Zufälle? Oder, auch diese Frage ist zulässig, sind es telepathische Attacken? Ruth meint, es gäbe durchaus das eine oder andere in der Welt, das mit dem menschlichen Gehirn nicht zu erfassen sei, aber mit der menschlichen Seele, und sie wird fast ein bisschen wütend, als ich sage, dass ich daran nicht glaube.
    «Denkst du wirklich, dass unser Gehirn alles erfasst?»
    «Nein, Ruth, es gibt vieles, was es noch nicht erfasst, aber ich bin davon überzeugt, dass unser Gehirn dafür angelegt ist, alles zu erfassen. Das ist ein evolutionäres Programm. Es hört nicht auf zu lernen, es hört nicht auf zu wachsen. Vor tausend Jahren wussten wir definitiv noch nicht, dass die Erde eine Kugel ist, heute wissen wir’s, und in tausend Jahren wissen wir noch mehr. Irgendwann wird die profane, unsentimentale Wissenschaft herausgefunden haben, wie ein Voodoo-Feuerzeughalter funktioniert, wenn er überhaupt funktioniert und nicht alles nur Einbildung gewesen ist.»
    «Wo ist der Feuerzeughalter jetzt?»
    «Weiß ich nicht. Ich habe ihn über einen Stuhl vor meinem Hotelzimmer gehängt. Vielleicht ist er noch da, vielleicht nicht.»
    «Du hättest ihn verbrennen müssen. Aber du kannst, wenn du willst, mit meinem Mann darüber sprechen. Morgen, heute ist er nicht in Stimmung.»

    Im «Keur Diame» kostet ein Einzelzimmer rund zwanzig Euro, das Doppelzimmer dreißig und das Abendmenü neun. Die Mahlzeiten werden von den Gästen im Speiseraum gemeinsam eingenommen. Man sitzt an einem großen Tisch und lernt sich kennen. Mir gegenüber isst ein junger Mann mit schwarzem Vollbart und schwarzen lockigen Haaren. Ich habe ihn für einen Latino gehalten, aber liege damit nur zur Hälfte richtig. Seine Mutter ist Mexikanerin, der Vater Deutscher. Sein Name: Juan. Sein Wohnort: Leipzig. Sein Beruf: Primatenforscher. Er ist auf dem Weg zum Niokolo-Koba-Nationalpark im Südosten Senegals, in dem das Max-Planck-Institut Leipzig eine Forschungsstation unterhält. Juans Interesse gilt den Guineapavianen. Sie sind kleiner als die Anubis- und Mantelpaviane, und man weiß auch weniger über sie. Er und seine Kollegen sollen die Wissenslücken füllen, und das geht nur durch Beobachtung, aber Beobachten setzt Gewöhnen voraus, und allein das dauert zwei Jahre. Immer wieder so nah wie möglich an die Paviane herangehen und jedes Mal den Abstand verringern

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