Afrika Quer (German Edition)
zu deinem kleinen Glück noch fehlt, ist bei weitem noch nicht vollständig. Ob der Schreiberling des Briefes dazu seinen Anteil beigetragen hat?
Ich habe schon eine Menge solcher Briefe bekommen. Die Forderungen darin waren enorm. Und oft genug von Leuten, die ich nicht kannte, und die aus einem mir unbekannten Grund meine Visitenkarte in die Finger bekommen haben.
Ich fand es sympathisch, dass du nicht gleich am Anfang darüber verhandeln wolltest, wie viel du an dem Porträt verdienen musst. Es war die Übersetzerin, die vorschlug, dich dafür, dass wir dich mit den persönlichen Fragen über deine Beschneidung und deine Ehe in Verlegenheit gebracht haben, mit etwas Geld zu entschädigen.
Und Mama Afrika, von deinem Dorf aus erscheinen die Weißen sehr mächtig, aber im Endeffekt können sie dir nicht helfen. Das kannst du nur selbst. Schau dir zum Beispiel die Situation der Frauen in deinem Dorf an. Du sagtest, es sei gut, dass sie nicht in der Dorfversammlung der Ältesten vertreten seien. „Das war schon immer so. Wenn eine Frau dort hinginge, würde sie einen großen Fehler begehen. Und die Frauen selbst wollen auch, dass es so bleibt.“, sagtest du mit Überzeugung in der Stimme.
Aber ich sage dir: Alles kann man ändern. Man muss es nur versuchen. Und wenn du dich wehrst und dann der übliche Zaubereivorwurf gegen dich erhoben wird, hast du ja deine Amulette um den Körper. Dann musst du hart bleiben, und die Frauen geschlossen hinter dir versammeln.
Kleine Dinge haben sich doch auch schon geändert bei euch in Beneko. Ihr habt zwei Männer bestimmt, die die Interessen der Frauen in der Dorfversammlung vertreten, erzähltest du. Der traditionelle Chef des Dorfes sah die Aufgabe dieser zwei Männer jedoch etwas anders. Sie seien dazu da, sagte er, den Frauen mit den körperlich schweren Arbeiten im Dorf zu helfen, die sie selbst nicht erledigen können. Merkst du den Unterschied?
Der Chef war ein alter, gebeugter Mann, schon weit über siebzig Jahre alt. Er hatte schmutzige, zerlumpte Kleider an. Aber er saß in seinem Hof auf einem Podest aus Schilf und überwachte seine vielen Frauen, Kinder und Enkelkinder, wie sie geschäftig Karité-Butter herstellten.
Das Podest war schäbig, aber es war sein angestammter Sitz, eine Art Thron. Auf alle meine Fragen, warum die Frauen nicht in der Dorfversammlung vertreten sind, und warum man das nicht einfach ändern sollte, sagte er: „So war es schon bei unseren Vorvätern.“ Siehst du, siehst du! Hier gibt es noch eine Menge zu tun. Und das kannst nur du, Mama Afrika!
Der Geburtstag des Propheten (Bamako – Grenze)
Also, ich hätte noch sehr lange in diesem Zug fahren können. Ich hatte „L’ Express“ und „Paris Match“ auf dem Schoß. Die gar nicht mal so alten Ausgaben französischer Zeitschriften und große Stücke gegrillten Hammel konnte man bei Händlern kaufen, die jeweils ein paar Stationen bei uns mitfuhren.
Auf den Bahnhöfen zogen schlanke, hochgewachsene Frauen um unseren Zug herum, wie Planeten um die Sonne. Sie trugen Bündel frischer Bananen, Mangos, Möhren oder Eimer mit Erdnüssen, Eiern und Säckchen mit Trinkwasser auf dem Kopf. So als sei das unter ihrer Würde, schienen sie den Zug und seine Passagiere gar nicht zu beachten. Unbekümmert zogen sie ihre Bahnen. Und wenn man etwas kaufen wollte, musste man sie schon sehr laut rufen.
Außerdem hatte ich eine ganze Sitzbank für mich allein. Und dass der Zug gehörig schaukelte, störte mich nicht. (Nur auf dem Klo musste man höllisch aufpassen, dass man sich nicht auf die Hose pinkelte. Den- oder diejenige/n, der oder die sich auf diese Toilette setzte, hätte ich gerne sehen mögen.)
Draußen vor dem Fenster zog zum ersten Mal seit sehr langer Zeit wieder eine schöne Landschaft vorüber. Jemand in Bamako hatte die Region „das malische Monument Valley“ genannt. Na ja, derjenige musste eine ähnliche Reise wie ich hinter sich gehabt haben. Da sinken die Ansprüche wie von allein. Aber ich war wirklich entzückt von den steilen Felsen, die adrett wie Sahnehäubchen in der Gegend herumstanden.
Im Vergleich zu meinen Reisen in den brüchigen Geländewagen kam mir die Fahrt in diesem Zug vor wie ein erlesenes Vergnügen. Die Landschaft war wilder, die Dörfer, in deren Rücken wir hielten, ursprünglicher, und außerdem sah man nicht die zusammengeschusterten Siedlungen, die einen bei einer Fahrt mit dem Auto immer wieder am Straßenrand erwarteten.
Die Hütten hier hatten
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