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Afrika Quer (German Edition)

Afrika Quer (German Edition)

Titel: Afrika Quer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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Kilometern nötig gewesen. Auf dem Wasser sind es nur etwas mehr als zehn Kilometer.
    Das Dorf Hafun liegt an der Westspitze der Halbinsel. Von dort bis zur Ostspitze und damit zum östlichsten Punkt der Afrikanischen Landmasse sind es noch einmal siebzehn Kilometer Luftlinie durch die Wildnis, ohne jegliche Piste. Mit dem Boot wäre es von Hurdiye zur Ostspitze eine Reise von rund dreißig Kilometern gewesen.
    Allerdings fallen dort die Klippen steil ab, und es ist äußerst fraglich, ob man mit dem Boot dort landen könnte. So oder so wäre es eine mit enormen Schwierigkeiten verbundene Reise gewesen.)
    Ich fuhr nicht mit dem Boot nach Hafun. Ich traute den Fischern nicht. Die Piraterie hat hier Tradition in dieser Region. Im Juli und August, heißt es in dem schon erwähnten historischen Aufsatz, gibt es in dieser Gegend eine starke nördliche Meeresströmung. Am Kap Hafun entstand dadurch ein Wirbel, der die Schiffe an Land drückte. Die Bewohner an der Küste machten sich über die Schiffe her, töteten die Schiffbrüchigen und teilten die Ladungen unter sich auf. Anfang des 19. Jahrhunderts konnten sie mit zwei bis drei gestrandeten Schiffen pro Jahr rechnen.
    Vor der puntländischen Küste gibt es auch oft Entführungen. Die modernen Piraten haben Schnellboote mit aufmontierten Maschinengewehren. Sie kidnappen gerne Urlauber auf Segelyachten und erheben saftige Lösegeldforderungen, haben aber auch schon kleine Frachtschiffe geentert.
    Abdullahi machte sich zusammen mit seinen Verwandten in einem Lkw auf, unseren Geländewagen herauszuziehen, und Nuredin und ich ruhten uns etwas aus. Am Markt aßen wir Spaghetti, seit der italienischen Kolonialzeit das somalische Nationalgericht, und ließen uns von einem Fischer den Hafen zeigen.
    Am Strand lag überall stinkendes, glitschiges, rotes Zeug herum. Blut von den gefangenen Fischen vielleicht, dachte ich. Aber der Fischer sagte, das sei nur eine besondere Art Algen. Eine Mole ragte mehrere hundert Meter weit ins Meer hinaus.
    Vom Dorf aus hatte die Hafenanlage sehr groß und beeindruckend ausgesehen. Aber als wir näher kamen, sah man ihren völligen Verfall. Viele Steine der Kaimauer waren mit Moos überwachsen, andere locker geworden und herausgebrochen.
    Der Hafen musste schon seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt worden sein. Einige kleine Fischerboote waren einfach ein paar Meter vom Strand entfernt im offenen Wasser verankert. Außerdem lagen ein paar große Haufen Eisenschrott am Strand. Sie sahen so morsch und brüchig aus, als wären sie aus verfaultem Holz. Man konnte nicht mehr erkennen, was sie einmal gewesen waren. Der Fischer sagte, es seien deutsche Kanonen aus dem 2. Weltkrieg.
    Ein Stück weiter im Landesinneren gab es dann noch mehr Zeichen des somalischen Verfalls. Dort stand die Ruine der alten italienischen Polizeistation aus der Kolonialzeit. Fenster und Türen waren verschwunden und das Dach eingestürzt. Selbst das unabhängige Somalia hatte sich hier keine Polizeistation leisten können.
    Abdullahi hatte inzwischen das Auto wieder frei bekommen und nach Hurdiye gebracht. Die Strecke hat er sich genau angeschaut und gemerkt, behauptete er. Es gab nur die eine Stelle mit tiefem Sand, in der wir steckengeblieben waren. Wir müssten also niemanden mitnehmen, der uns im Notfall herauszog.
    Nuredin war skeptisch. Ich auch. Aber der Teil der Piste, den wir in der Nacht zuvor abgelaufen waren, schien fahrbar.
    Wir machten uns gleich auf den Weg, um noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder in Gergore zu sein. Als wir drehen wollten, blieben wir jedoch gleich im tiefen Sand in der Hauptstraße stecken. Das halbe Dorf musste mithelfen, uns frei zu bekommen.
    Dann schoss Abdullahi wieder einmal mit mindestens 100 Sachen los. Diesmal fuhren wir jedoch auf einer kurvigen und sehr unübersichtlichen Strecke. Hatte er nicht gesagt, die Piste war frei? Wir rasten nämlich so, weil wir die Stellen mit tiefem Sand – und davon gab es so einige - durch reichlich Schwung überwinden mussten.
    Wir sprangen über Bodenwellen, bohrten uns in die Verwehungen, kamen ins Schleudern und konnten uns gerade so auf der Piste halten. Dann beschleunigten wir sofort wieder. Wir hielten uns gut fest. Ich kam mir ein bisschen vor wie in der Achterbahn. Nur hatten wir ein Fass Diesel im Kofferraum. Und wir fuhren nicht auf Schienen, sondern bangten, ob wir nicht irgendwann von der Fahrbahn abkommen würden. Und natürlich, ob wir es schafften durchzukommen.
    Wir schafften es

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