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Afrika Quer (German Edition)

Afrika Quer (German Edition)

Titel: Afrika Quer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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Problem“, sagte er mir nun. Es gebe heute kein Auto nach Hargeisa, und ob in den nächsten Tagen, sei auch ungewiss. Die einzige Möglichkeit, schnell in die somaliländische Hauptstadt zu kommen, wäre zuerst nach Las Anod zu fahren und von dort ein Auto nach Hargeisa zu nehmen.
    Aber in Las Anod umzusteigen, war nun wirklich ein Problem. Denn vor der Stadt, gut 100 Kilometer westlich von hier, hatte man mich gewarnt. Sie liegt in der Region, auf die sowohl die autonome Region Puntland als auch die Republik Somaliland Anspruch erheben. Deshalb gibt es dort keine geregelte Verwaltung, dachte ich zu dem Zeitpunkt noch.
    Erst vor ein paar Wochen wäre dort beinahe eine Delegation des Roten Kreuzes gekidnappt worden. Die drei Mitarbeiter aus Nairobi sollten gegen einen einheimischen Politiker ausgetauscht werden, der zu diesem Zeitpunkt in einem Gefängnis in Hargeisa saß.
    Aber darauf zu warten, dass ein Auto direkt von Garowe nach Hageisa fuhr, konnte bestimmt sehr lange dauern. Deshalb schlug mir der Hotelbesitzer einen Fahrer vor, den er kannte. Und der sollte mich wiederum in Las Anod nur jemandem übergeben, zu dem er Vertrauen hat. Das schien auch dem Fahrer aus Bosasso eine Lösung, mit der er unbesorgt zurückkehren konnte. Und so machten wir es dann.
    Die Fahrt nach Las Anod verlief ereignislos. Dort hielt mein Fahrer kurz an und gab einem in der Hauptstraße auf Passagiere wartenden Minibus ein Zeichen, ihm zu folgen. Wir fuhren ein paar hundert Meter aus der Stadt hinaus, und die beiden Fahrer verhandelten miteinander. Sie nannten mir eine Summe. Für etwas mehr hätte ich für mich alleine ein Auto nach Hargeisa mieten können. Hatte ich das vielleicht sogar? Aber jetzt war nicht die Zeit, lange herumzureden. Ich stieg in den Mini-Bus. Mein Fahrer verabschiedete sich, und wir kehrten zu meinem großen Schrecken in die Stadt zurück.
    Genau das wollte ich vermeiden. Denn schon beim Durchfahren hatte ich gesehen, in Las Anod gingen die Uhren anders. Die Männer spazierten dort mit einer Kalaschnikow über der Schulter durch die Hauptstraße. Selbst in Mogadischu sieht man das nicht. Und sie sahen auch nicht so aus, als ob sie Streife liefen, sondern eher so, als ob sie gerade auf dem Weg zum Bäcker waren.
    Mittendrin hielten wir nun an, um noch mehr Passagiere mitzunehmen. Und wenn der Fahrer den Rückwärtsgang einlegte - und das schien er ganz gern zu tun – gab das Auto das laute Geheul einer Polizeisirene von sich.
    Ich zog den Vorhang am Seitenfenster zu und senkte mich tiefer in meinen Sitz. Über die Plastikrüschen um die Seitenspiegel und an den Scheibenwischern unseres Minibusses, mit denen die Somalis gerne ihre Autos schmücken, konnte ich jetzt nicht lachen. So brillant war der Plan, den wir zusammen in Garowe gemacht hatten, vielleicht doch nicht. Denn jetzt erlebte ich eine Dreiviertelstunde der Angst.
    Zuerst holten wir in einem Wohnviertel eine junge Frau ab, die aus Schweden gekommen war, um ihre Familie zu besuchen. Dann Abdinassir, einen jungen Mann Ende zwanzig, der einen Kurs als Physiotherapeut in Hargeisa machte und die Ferien in seiner Heimatstadt verbrachte. Er war der einzige, der passabel Englisch sprach. Durch ihn konnte ich mich mit den anderen verständigen. Am Ende stieg auch noch ein Mann mit zwei Krücken ein, der sich im Krankenhaus von Hargeisa behandeln lassen wollte. Die drei warteten schon seit ein paar Tagen, dass sich mehr Passagiere nach Hargeisa fanden.
    In die Hauptstraße zurückgekehrt, rangierte unser Fahrer munter weiter - damit auch wirklich jeder durch die Polizeisirene auf mich aufmerksam wurde, und die Kidnapper mich nicht übersehen konnten.
    Als er mich fragte, ob ich etwas zu Trinken kaufen will, war’s mir schon fast egal. Jetzt bist du sowieso schon im Schlamassel, dachte ich. Deshalb werden wir auch nicht länger in Las Anod bleiben.
    Nach noch einem Rückwärts-aus-der-Parklücke-stoßen-und-wieder-am-Straßenrand-anhalten, nahm er sich umgerechnet einen Dollar aus der großen Plastiktüte mit den dicken Geldbündeln. Sie lag neben mir auf dem Beifahrersitz. Aber zu Trinken bekam ich nichts. Als ich durch Abdinassir fragen ließ, wo die Getränke blieben, und warum er sich dann Geld genommen habe, sagte er wie selbstverständlich: „Na, das war für mich.“ Hatte er Khat kaufen wollen oder Zigaretten - was weiß ich. „Aus keinem bestimmten Grund eigentlich“, übersetzte Abdinassir. Und als er es zurückgeben musste, schenkte er mir noch

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