Afrika Quer (German Edition)
sie erledigen sie nicht. Sie sind schlechte Weiße. Und die brauchen wir nicht.
Als wir schon fast in Hargeisa angekommen waren, machte unser Fahrer dann auch noch den Abdullahi. Er hatte schon den ganzen Tag Khat gekaut, seine Handgriffe wurden langsam, und er bewegte sich mit der Nase an der Windschutzscheibe auf und ab, als sei sie ein Schaufenster, in dem sich die Sonne spiegelt, als suche er eine Stelle, an der er durchschauen könne.
Ich sah mich schon irgendwo im Straßengraben aufwachen. Nach ein paar lauten Worten von mir, um den Fahrer aufzumuntern, ging es dann aber wieder. Er schüttelte sich ein bisschen und wurde wieder munterer. Wir kamen sicher im nächtlichen Hargeisa an.
Natürlich haben Sie schon geahnt, als was mich unser Fahrer an den Straßensperren hinter Las Anod ausgegeben hat?
Natürlich als Mitarbeiter einer Hilfsorganisation. Ich war Ägypter. Das war nicht ganz so schlimm wie ein richtiger Weißer, erklärte aber dennoch meine helle Hautfarbe. Ich war ein ägyptischer Arzt, um genau zu sein. Ich war gekommen, um den Menschen zu helfen. Ich war ein guter Weißer.
Der Somalische Film (Hargeisa)
Es lag ein Hauch von Parfüm, von Teenager-Flirt und gelupftem Kopftuch in der Luft. Bei den Mädchen im Kino konnte man deutlich mehr Ponyhaare sehen als sonst bei den Frauen auf der Straße. Eine ganz Mutige ging sogar ganz oben ganz ohne.
Zwar trugen die meisten Frauen ab Hargeisa statt der schwarz-braun-leichengrauen Hijab ohnehin bunt gemusterte Tücher, aber mehr konnte man dadurch auch nicht sehen. Sie trugen sie eng um den Kopf geschlungen, und nur das Gesicht, nicht aber die Stirn oder der Hals, blieb frei.
Die einzige Gelegenheit, zu der man in Somalia Frauen ohne Kopftuch sehen konnte, waren Passfotos. Diejenigen jedoch, die in den Schaufenstern der Fotoläden aushingen, erschienen mir obszön. Die Frauen darauf wirkten entblößt, wie Schlachttiere, deren Balg abgezogen worden war.
Im Kino saßen fast ausschließlich Teenager. Die Mädchen waren zusammen in kleinen Gruppen gekommen und die Jungen auch. Mit etwas Glück durfte sich der Außenmann der Jungen neben eine Außenfrau der Mädchen setzen, und am Ende des Films konnte der Glückliche ein paar Worte mit dem fremden Wesen des anderen Geschlechts wechseln.
In Burao hatte ich vom Autofenster aus ein Kino gesehen. Die Außenwände waren dreckig und voller Löcher, und die Plakate waren alt und völlig verstaubt und vergilbt. Hinter dem dunklen Eingang hätte man eine Höhle erwartet, aber keinen Kinosaal. Ich wäre so gern hineingegangen, aber wir hielten ja nicht in der Stadt.
Also gingen Abdinassir und ich in Hargeisa.
Zwar war hier das Kino noch weniger als Kino zu erkennen. Kein Plakat oder Schild wies darauf hin. Es war im Erdgeschoss eines flachen, unscheinbaren Gebäudes in der Nähe der großen Moschee untergebracht, aber als wir kamen, war der Saal schon voll.
Für umgerechnet 20 €-Cent die Eintrittskarte durfte man sich jedoch nicht beschweren, mit einem Extrastuhl hinten hingesetzt zu werden. Natürlich rauchten die meisten, und natürlich waren danach, als das Licht anging, überall auf dem Boden Haufen mit Khat-Stengeln verteilt.
Vorgeführt wurde die Aufzeichnung eines Theaterstückes aus den frühen achtziger Jahren. Die Schauspieler, zweifellos die ehemalige Elite des somalischen Theaters, standen hinter Mikrofonen und deklamierten ihren Text. Die Frauen hatten glitzernde Kostüme an und hochtoupierte Haare. Und natürlich sangen sie, wie das im orientalischen Film so üblich ist, auch eine Menge.
Wie im Hindi- und im Hausa-Film dürften die Musikeinlagen überhaupt der Grund gewesen sein, warum die Teenager die Filme mochten. Im übrigen war es eine Videoprojektion und kein Film. Die Kassette konnte man in Videoläden in Hargeisa ausleihen.
Die Stimmung im Kino war blendend. Mir kam es so vor, als war ich der einzige, den die bloße Vorstellung von der Vorstellung deprimierte. Abdinassir saß neben mir und übersetzte. Immer dann, wenn einer der Stars zum ersten Mal die Bühne betrat, sagte er: „Die lebt jetzt in Deutschland.“ Oder: „Der ist jetzt in den USA.“
Noch bevor etwas passierte, kündigte er es schon an. Aber als ich ihn fragte, wie oft er den Film schon gesehen hat, sagte er verschämt: „Zweimal.“ Auch das restliche Publikum schien genau zu wissen, was es erwartete. Ich hatte den Eindruck, die Zuschauer kannten den Film auswendig.
In dem Stück ging es um ein Liebespaar, das
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