Afrika Quer (German Edition)
Übungen“, zitiert die gewöhnlich gut über die Afrika-Politik der Grande Nation informierte Zeitschrift „Jeune Afrique“ einen hochrangigen französischen General. „Es ist eine wahre Schule der Wüste, mit flachen Übungsplätzen und riesigen Schießbahnen.“
Die Präsenz der knapp dreitausend französischen Soldaten sorgt für fast die Hälfte des dschibutischen Bruttosozialproduktes. Und hier leben auch noch rund 10.000 französische Zivilisten. Ohne die und die französische Entwicklungshilfe wäre Dschibuti nicht überlebensfähig. Deshalb verhandelt die Regierung hartnäckig, wenn Frankreich die Zahl seiner Soldaten reduzieren will.
Der zweite Grund, warum Frankreich Dschibuti die Unabhängigkeit erst 1977 gewährte und hier weiterhin sein größtes Truppenkontingent außerhalb Europas unterhält, ist die Lage des Zwergstaates auf der Landkarte. Die Bucht von Dschibuti liegt an einem strategisch eminent wichtigen Punkt. Von hier kontrolliert man den Bab El-Mandab, die Meerenge zwischen Indischem Ozean und Rotem Meer. Alle Öltanker auf dem Weg vom Persischen Golf ins Mittelmeer müssen hier durch.
Dschibuti produziert so gut wie nichts, und in dem Land wird auch so gut wie nichts angebaut. Alle landwirtschaftlichen Produkte und Lebensmittel kommen aus Äthiopien und Somalia oder werden direkt aus Frankreich eingeflogen. Täglich kommen allein zwölf bis vierzehn Tonnen Khat aus dem Hochland von Harar. Die grüne Droge macht fast ein Drittel des gesamten Wertes der dschibutischen Importe aus. Das heißt: Lebensmittel, Kleider, Möbel, Maschinen, Autos, Waffen, einfach alles.
Nach einer Studie gibt die durchschnittliche dschibutische Familie bis zu vierzig Prozent ihres Einkommens für den Kau-Rausch aus. Und die dschibutische Flugsicherung lässt lieber die großen Passagiermaschinen lange Warteschleifen fliegen, damit die Flugzeuge mit dem Khat schneller landen können.
Deshalb sollte man nach der Mittagszeit in Dschibuti nicht versuchen, in ein Amt zu gehen. Man würde kaum jemanden antreffen. Die Beamten kommen erst wieder am nächsten Morgen.
Nur wenn die Flugzeuge mit dem Khat aus Äthiopien gelandet sind, kommt kurzzeitig Leben in die Stadt. Dann stehen die Männer in kleinen Gruppen vor den Ständen der Khat-Händler und warten. Langsam steigt der Lärmpegel, wächst die Spannung. Wenn die angefeuchteten Kartoffelsäcke endlich ausgeliefert werden, erreicht sie ihren Höhepunkt. Nun zupfen und schütteln die Kunden an den in Cellophan eingewickelten Sträußen, und legen sie unter dem Ausdruck der größten Empörung wieder zurück. Dann nehmen sie sie wieder in die Hand und schütteln sie, legen sie wieder hin und nehmen sie wieder in die Hand, um sie zu schütteln, solange bis sich alle Beteiligten in Rage geredet oder sich endlich über den Preis geeinigt haben.
Den mittäglichen Sturm auf den Khat habe ich mir zweimal angeschaut. Wenn man die Stadt sonst kannte, musste man sich wirklich wundern, woher ihre Bewohner auf einmal die Energie für diese Ausbrüche nahmen.
Danach war der Tag gelaufen. Die Männer verschwanden in ihren kühlen Häusern. Jetzt gingen sie nach Hause zum „Grasen“, und die Stadt versank wieder in ihr normales Phlegma.
Auf der Teerstraße hat es mir dann gereicht mit unserem fahrenden Schrotthaufen. Als wir wieder einmal rückwärts anschieben sollten, schnappte ich mir mein Gepäck und hielt einfach ein neues Auto an.
Obwohl in Dschibuti mehr als die Hälfte der Bevölkerung Somalis sind, war ich nun am Ende meiner Somalia-Reise angekommen. Dort war ich mehr als 1.500 km gefahren und hatte nicht ein einziges Feld mit Getreide und keinen einzigen Garten mit Gemüse oder Früchten gesehen - nur Hirten mit ihren Kamelen, Schafen und Ziegen.
Jetzt kam ich wieder in eine Stadt. Dschibuti, die Hauptstadt des gleichnamigen Landes, ist auf eine Landzunge im Indischen Ozean gebaut. Sie ist eine Mischung aus dem Alten und dem Neuen. Weiße Kolonialbauten mit schönen Rundbögen und schattigen Balkonen stehen neben modernen Zweckbauten, dann kommen wieder heruntergekommen Holzschuppen.
Die engen Gassen der Altstadt in der Nähe der großen Moschee und des Basars geben ihr den Charme des Orients, und die neuen Gebäude der Behörden, der Handelsgesellschaften und westlichen Konzerne das Gepräge einer modernen Großstadt.
Na gut, sie hat schon bessere Zeiten erlebt, überall blätterte die Farbe von den Fassaden. Aber wenn man wie ich aus Somalia kam, war das nicht
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