Afrika Quer (German Edition)
und stieg deshalb in einen, der auf dschibutischer Seite auf Passagiere wartete. Er sah alt aus, aber erst als wir fuhren, merkte ich, dass er eigentlich kein Auto war, sondern ein Wrack mit Motor.
Der Fahrer, ein junger Bursche von vielleicht zwanzig Jahren in dreckigen Trainingshosen, fuhr nur im ersten Gang. Er hatte keine zweiten. Und in die kleinste Unebenheit auf dem Feldweg vor uns krachte das Gefährt, als hätte es jemand aus zwei Metern Höhe fallen lassen.
Außerdem leckte der Kühler. Das erklärte die Pfütze, die ich an der Grenze unter dem Auto gesehen hatte.
Der Fahrer musste alle paar Kilometer das Seil aufknoten, mit dem er die Motorhaube am Auto festgezurrt hatte, und sein Helfer musste währenddessen in eine Hütte an der Piste rennen, um eine alte Weichspülerflasche mit Wasser zu füllen. Die füllten sie dann in unseren Kühler.
Und schließlich hatte das Gefährt auch noch ein Problem mit der Zündung, das mit der Zeit immer schlimmer wurde.
Am Anfang blieb das Auto noch alle drei Kilometer stehen. Aber nachdem wir die Teerstraße erreicht hatten, fast ständig. Dann mussten Fahrer und Beifahrer wieder die Motorhaube aufknoten – meistens nutzten sie gleich die Gelegenheit, um Kühlwasser nachzufüllen – und an der Zündung herumfummeln. Wenn sie fertig waren, mussten wir Passagiere aussteigen und das Auto anschieben.
Es brauchte viel Schwung. Das erklärte, warum der Fahrer das Auto die ganze Zeit laufen ließ, als er an der Grenze auf Passagiere wartete. Wenn wir gerade einen Hügel hochgefahren waren, schoben wir es rückwärts wieder hinunter. Ansonsten vorwärts. Aber am besten war es, schon nach einem Hügel zu suchen, wenn das Auto wieder einmal zu stottern begann. So nahmen wir auch die eine oder andere Abzweigung, nur weil sie ein Gefälle versprach.
Zum ersten Boxenstopp hielten wir an ein paar Hütten, die komplett aus silber-glänzendem Wellblech gebaut waren. In der Mittagshitze wurde es darin bestimmt so heiß wie in einer Sauna. Ein kleiner Junge, offenbar ein Brüderchen des Fahrers, musste den fahrenden Schrott schon von weitem gehört haben, denn bevor wir anhielten, stand er schon mit einem Wasserkanister bereit.
Wie in Somalia waren viele dieser Hütten, die wir jetzt an der Strecke sahen, aus Zivilisationsmüll zusammengebaut. In Dschibuti jedoch musste es viel einfacher sein, an Metallschrott heranzukommen. Viel hatte davon in den Hütten Verwendung gefunden. Und fast immer standen ein paar Autowracks neben den Hütten. Das verlieh den Vorstadtvierteln ein bisschen das Flair vom Wohnen auf der Müllkippe.
Auf der Höhe des französischen Militärflughafens passierten wir dann eine richtige dschibutische Müllkippe. Sie hatte etwas von einer Kulisse für einen Katastrophenfilm. In der Handlung war der Streifen allerdings so weit fortgeschritten, dass es schon passiert war.
Direkt an der Piste lagen hunderte von Rinderköpfen, an denen noch die Haut der Tiere hing; daneben Batterien von Plastikflaschen und Kanistern, die so aussahen, als kämen sie frisch aus der Fabrik. Dahinter Müll, soweit das Auge reichte. Es stank infernalisch. Auf den Abfallbergen stocherten ein paar verhärmte Gestalten nach Verwertbarem. Die Luft war mit dickem Qualm von überall schwelenden Feuern geschwängert. Die Sonne war verdeckt und die ganze Szene dadurch in fahles Zwielicht getaucht, das alles trist und tot erscheinen ließ.
Als ein Polizist, den wir unterwegs aufgelesen hatten, versuchte, mich an einem Foto des Infernos zu hindern, war ich etwas beruhigt. Zumindest hatte er noch ein schlechtes Gewissen.
Aber ein Stückchen weiter merkte ich, dass das Ganze nicht, wie ich erst dachte, eine wilde Müllkippe war. Denn kurz darauf erreichten wir die Teerstraße. Und dort begegneten uns dann die adretten gelben Laster der städtischen Müllabfuhr. Sie kamen aus der Stadt, bogen am Ende der Teerstraße einmal kurz ein und deponierten hier an der Piste ihre Ladung.
Unmittelbar hinter der Müllkippe starteten zwei Kampfjets von einem Militärgelände der französischen Armee, und schon vorher war ein Rudel Kampfhubschrauber über unsere Köpfe hinweggesurrt.
Dschibuti ist eigentlich nicht viel mehr als ein großer französischer Truppenübungsplatz mit einem angeschlossenem Hafen. Das Land ist an keiner Stelle mehr als 200 km lang oder breit. Außerhalb der Ortschaften wartet die Wüste.
„Dieses Territorium bietet außerordentliche Möglichkeiten für militärische
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