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Afrika Quer (German Edition)

Afrika Quer (German Edition)

Titel: Afrika Quer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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fahren lassen, aber in anderen Städten und Ländern leben die Polizisten eben von etwas anderem.
    Überall in Afrika, wo es einen Gesetzesverstoß geben könnte, ist die Polizei nicht weit, und in Nairobi sieht das so aus: Die Matatus fahren mehrere Male am Tag dieselbe Strecke und können deshalb nicht an den Polizisten vorbeifahren. Meistens stehen zwei Uniformierte am Straßenrand, und einer hebt kurz den Arm, um zu signalisieren, dass sie kassieren möchten. Das Matatu hält an, einer der Polizisten tritt heran und nimmt unauffällig – warum, habe ich nie verstanden, jeder weiß sowieso, was gespielt wird – vom Fahrer seine 200 Schillinge, umgerechnet €3,50, in Empfang.
    Warum zahlen die Matatu-Fahrer? Die Alternative wäre, dass die Polizisten anfangen, an den Fahrzeugen nach Mängeln zu suchen. Das dauert. Und sie würden ganz sicher etwas finden. Oder vielleicht sogar ärgerlich werden, weil der Fahrer sich dumm stellt und nicht zahlen will, und das könnte dann noch mehr Ärger geben. Viel lieber kauen die Matatu-Fahrer Khat und holen das Bestechungsgeld durch ihre Raserei wieder herein.
    Ich dagegen habe, wenn mich ein Polizist in Kenia angehalten hat, auf die immer gestellte Frage, wie es mir geht, geantwortet, „Nicht so gut, Officer“, und dazu gleich die Mundwinkel heruntergezogen. Dann war klar, ich hatte kein Verständnis für die Belästigung.
    Oder ich bin gleich an den Beamten vorbeigefahren. Allerdings musstest du dann schnell vorher gucken, ob sie nicht doch ausnahmsweise ein Auto in der Nähe geparkt hatten, mit dem sie dich hätten verfolgen konnten.
    Einmal habe ich in Nairobi unerlaubt gewendet in der Innenstadt. Ein Polizist sah mich und winkte mich zu sich. Aber ich hatte es eilig. Genau deshalb hatte ich ja falsch gewendet. Also ignorierte ich ihn einfach, kam aber gleich darauf in einen Stau, und der Polizist konnte mich einholen. Ich musste ihn in meinem Auto – er hatte keines – und mich selbst - ich war verhaftet – zur Wache bringen. Dort zahlte ich eine Kaution von umgerechnet €50. Dann war ich frei.
    Durch die Vermittlung meiner somalischen Bekannten – sie kannte einen Matatu-Fahrer und der war Experte in allen Fragen aufdringliche Verkehrspolizei - überließ ich am nächsten Morgen dem Sekretär in der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts die Hälfte der Kaution, die andere Hälfte bekam ich ausbezahlt. Dafür verschwand der Hefter mit der Anzeige gegen mich auf Nimmerwiedersehen.
    Dass die dschibutische Polizei von den äthiopischen Mädchen lebte, war also nicht weiter erstaunlich. Und wie es lief, habe ich mir gleich am nächsten Morgen selbst angeschaut.
    Die Polizei war wegen eines Streits zwischen einem französischen Soldaten und zwei Mädchen zu einem Hotel in der Rue d’Ethiopie gerufen worden und machte gleich – wenn schon, denn schon... Wir haben eine Familie zu ernähren, und der Khat bezahlt sich auch nicht von selbst! - die gesamte Ladefläche ihres Kastenwagens mit Mädchen voll. Ein Polizist stand auf der Rückwand und hielt sich mit den Händen am Dach fest. Immer wenn wieder ein Grüppchen platziert war, trat er ein paar Mal mit seinen in schwarzen Stiefeln steckenden Füßen hinein. Das war nicht böse gemeint. Afrikaner, selbst Polizisten, sind so gut wie nie grausam, weil es ihnen Spaß macht. Das war reine Psychologie. (Siehe „Grundkurs für Sicherheitskräfte in Fragen der Bestechung“. Regel Nr. 1: Mehr Angst = mehr Geld.) Er wollte den Mädchen nur klarmachen, dass es ihm ernst war, und dass sie diesmal nicht so billig davonkommen würden.
    Wie die glänzenden Ketten in der psychiatrischen Abteilung des Krankenhaus von Hargeisa, sind es oft vermeintliche Nebensächlichkeiten, kleine Details, die mich schockieren. Im Zimmer Nr. 5 im Hotel de la Paix war es ein weißer Plüsch-Teddybär auf dem Doppelbett, der mir lange im Gedächtnis haften blieb.
    Ich hatte Weihrauch und frischen Kaffee gerochen, und die drei äthiopischen Mädchen von Nr. 5 luden mich sofort zu ihrer traditionellen Kaffeezeremonie ein. Sie waren höchstens Anfang zwanzig, und der Teddybär lag da auf der Plastiksteppdecke in ihrem Zimmer, als ob ihn eines der Mädchen abends zum Einschlafen fest in seine Arme schloss.
    Am Fußboden verteilt lag frisches Gras für die Kaffeezeremonie und eine Bastmatte, auf der das dritte Mädchen schlief. In der Ecke stand ein Campingschrank und auf dem Fensterbrett ein Kassettenrekorder.
    Eines der Mädchen röstete die

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