Afrika Quer (German Edition)
warnen“, entschuldigte sich der kanadische Kollege. „Die Hunde sind Rassisten.“ Einbrecher sind in Afrika schwarz, nicht weiß.
Ich brachte Zero manchmal trockenes Weißbrot aus dem Lido Hotel mit. Die Bettler hätten mich damit sicher ausgelacht. Sie verschlang es so gierig, als wäre es ein blutiges Steak. Und sie erkannte mich seitdem von weitem.
Einmal, als ich nachts spät ins Hotel zurückkam, sah ich sie an der Spitze eines ganzen Rudels von Hunden durch die Straßen streifen. Jetzt war die Zeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Die zwei Amerikaner, Gäste wie ich im Lido Hotel, konnte ich mit der Geschichte von meiner morgendlichen Paradestrecke nicht beeindrucken. Oft sah ich sie, sich laut unterhaltend auf der Veranda vor ihrem Zimmer sitzen. Der eine war ein Farmer aus dem Mittleren Westen, mit sonnenverbrannter Haut und einer Baseballmütze auf dem Kopf, der andere Rechtsanwalt mit einer Nickelbrille.
Sie haben schon zu Haile Selassis Zeiten, in den sechziger Jahren, als Mitarbeiter des amerikanischen Peace Corps in Äthiopien gearbeitet. Über meine Geschichte lachten sie nur und sagten, das sei doch gar nichts. Zu ihrer Zeit habe es in Addis Abeba viel mehr Bettler gegeben.
„Wenn du irgendwo hineingegangen bist, haben sie draußen auf dich gewartet“, erzählte der Farmer gutgelaunt. „Am besten war es, du hast dir einen ausgesucht und ihm jeden Tag etwas gegeben. Dann hat er dir die anderen Bettler vom Leib gehalten.“
Und da sag noch einmal einer, dass es in Afrika keine Entwicklung des Arbeitsprozesses gibt!
Emrakeb (Addis Abeba)
Emrakeb habe ich auf meiner ersten Reise nach Äthiopien im Juni 1998 kennen gelernt. Sie war auch Journalistin, und sie kam gerade von einer Journalistenreise nach Deutschland zurück. Sie war vierundzwanzig Jahre alt, und ich fand sie sehr attraktiv.
Die Frauen in Addis Abeba verwenden viel Mühe auf ihr Äußeres, und den in Afrika überall präsenten Willen zum glatten Haar treiben sie auf die Spitze. Manche sehen so aus, als hätten sie ihren Kopf gerade erst vom Bügelbrett genommen. Emrakeb hatte kurze Haare. Und selbst für eine Frau in Addis Abeba war sie sehr modebewusst angezogen. Ich hielt sie für sehr modern.
Am Anfang war Äthiopien für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Ich war ein Neuling, und das Land erschien mir sehr verschlossen und unzugänglich. Fast zweitausend Jahre lang lag Äthiopien im Abseits der Weltgeschichte. Seine Lage in den Bergen und seine Abgeschiedenheit haben es lange vor Angriffen von Außen geschützt. Erst Menelik II. hat um die Jahrhundertwende die Macht der Kaiser über das ganze Land wieder hergestellt und damit den neuzeitlichen äthiopischen Staat gegründet. Danach regierte Haile Selassie, der sogar im Konzert der Kolonialmächte mitspielte.
Doch die Modernisierung im Kaiserreich und seine Öffnung nach außen war oberflächlich und die Wirkung auf die ländlichen Regionen gleich null. 1974 folgte auf Haile Selassie der Sozialismus sowjetischer Prägung. Im Land herrschte eine stark anti-westliche, schon fast xenophobische Stimmung.
Erst mit dem Ende des Bürgerkrieges 1991 öffnete sich Äthiopien der Welt, und seitdem ich 1998 zum ersten Mal hingefahren bin, hat es sich radikal verändert. Deshalb war ich froh, dass ich Emrakeb kannte. Jedes Mal, wenn ich in Addis Abeba war, rief ich sie an. Sie half mir, Äthiopien besser zu verstehen.
Bei der ersten Reise war es noch schwierig für Emrakeb und mich, abends auszugehen. Wir konnten nicht gemeinsam in der Stadt herumlaufen. Entweder hängten sich singende Kinder an unsere Fersen, die ein paar Groschen verdienen wollten, oder wir wurden von Halbstarken bedrängt und beklaut. Irgendwann gaben wir es auf und fuhren mit dem Taxi.
Heute ist das kein Problem mehr. Aber damals war es noch schwierig, einen Ort zu finden, um sich in Ruhe hinzusetzen. Wie überall in Afrika gab es die obligate Weißer-Mann-trifft-Schwarze-Frau-Disko. Dann gab es noch das Lokal am Bahnhof mit weißen Tischdecken und Plastikblumen und saurem äthiopischen Rotwein. Wir waren einmal dort. Außer uns war noch ein anderes Paar dort. Unsere Worte hallten durch den riesigen Gastraum wie das Echo im Gebirge. Es war nicht einfach.
Dann gab es noch die Bar des Ambassador-Hotels. In den mit Holzbalken abgetrennten Nischen saßen junge Paare bei Limonade und Clubsandwich und hielten stundenlang Händchen. Die Phase, wenn sie in die Desta Pension gehen würden, hatten sie noch vor
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