Afrika Quer (German Edition)
irritierte, warum sie mir so künstlich erschien. Aber nach einer Weile kam ich drauf. Es fehlten die Bäume. Es waren einfach keine zu sehen. Ab und zu hatte der Modelleisenbahner kleine Puschel in die Landschaft geklebt oder an einem Ortsrand ein paar Eukalyptusbaum-Attrappen errichtet, aber die richtigen Bäume hatte er vergessen.
Der nördliche Teil des Hochlandes von Äthiopien gehört zum ältesten Kulturland Afrikas. Seit mehr als 2.000 Jahren wird es ununterbrochen bebaut. Mit immer denselben Feldfrüchten und nach immer denselben Methoden. Im Gegensatz zu vielen anderen afrikanischen Ländern, in denen der Pflug heute noch nicht benutzt wird, ist er hier schon so lange bekannt, und genauso kann man die Bauern hier überall auch heute noch ihre Äcker pflügen sehen.
Im Museum von Aksum gibt es einen antiken, ungefähr zweitausend Jahre alten Kaffeetopf aus Ton. Genau in derselben Form wird er heute noch hergestellt und benutzt.
Und weil das Land schon so lange bebaut wird, ist die Bodenerosion enorm. Die Fleckchen Land, die die Bauern bearbeiten, sind oft so groß wie ein europäisches Wohnzimmer. Hilfsorganisationen, die Regierung und die Bauern haben viel gemacht, um die Erosion aufzuhalten. Aber die Bäume sind davon auch nicht wiedergekommen.
Abraum in Aksum (Aksum)
Schon auf meiner ersten Äthiopien-Reise habe ich den Bericht der „Deutschen Aksum-Expedition“ gekauft. 1906 hielt sie sich drei Monate lang in der nord-äthiopischen Stadt auf. Ein an den heutigen Ausgrabungen in Aksum beteiligter britischer Professor hielt ihre Ergebnisse für bemerkenswert und hat sie in gekürzter Form in einem äthiopischen Verlag veröffentlicht.
Der Bericht und vor allem die Umstände, unter denen ihn die drei deutschen Forscher verfasst haben, sind tatsächlich bemerkenswert. Auf ihren Fotos sieht man, dass die Bewohner von Aksum Anfang des 20. Jahrhunderts ohne jegliches Bewusstsein für den Wert ihres antiken Erbes waren.
Dabei hätte ein Blick zurück durchaus gelohnt. Das Aksumtische Königreich bestand über den größten Teil des ersten Jahrtausends unserer Zeitrechnung. Seine Blütezeit erlebte es im 3. Jahrhundert unter dem König Ezana. Zusammen mit China, Persien, und Rom galt es damals als eines der mächtigsten Reiche der bekannten Welt. Als erstes großes Königreich nahm es das Christentum an.
Aksum stand stets in enger Verbindung mit dem Süden Arabiens, an der gegenüberliegenden Küste des Roten Meeres. In Aksum soll der legendäre Palast der Königin von Saba gestanden haben, und die Stadt soll der Aufbewahrungsort der Bundeslade sein, jener Kiste mit den ersten zehn Geboten.
Als die deutsche Aksum-Expedition 1906 in der Stadt eintraf, stampften die Frauen dort jedoch Getreide in der Frontplatte der größten heute noch stehenden Stele. Und Kinder spielten dort mit Kügelchen ein Spiel in reihenförmig angeordneten Mulden. Irgendjemand musste die Löcher für den Mörser und die Mulden in die Frontplatte des heutigen Wahrzeichens von Aksum gebohrt haben.
Die längste, allerdings in mehrere Teile zerbrochene und am Boden liegende Stele hat jemand als Fundament benutzt, um die Mauer seines Grundstückes darauf zu errichten. Ein anderer hat eine kleinere Stele als Rampe vor seine Hütte gelegt, um bequemer eintreten zu können.
Auf dem südöstlichen Stelenfeld – damals noch eine jungfräuliche Wildnis – ist inzwischen ein Wohnviertel gebaut worden. Wo dessen Stelen hingekommen sind, ob sie zerstört oder nur woanders hingesetzt wurden, weiß keiner so genau.
Auch von der Grabanlage des Königs Gebre Meskal sind seitdem Säulenbasen und –schäfte, sowie Ecksteine verschwunden. Möglicherweise wurden einige in den Ezana-Garten gebracht, einen kleinen Park, der heute als Ausflugslokal dient.
Ta’akha Maryam, einen Gebäudekomplex von 80 x 120 Metern Seitenlänge, hielt die Expedition für einen Königspalast. Die Anlage hatte sie nur entdeckt, weil die Aksumer an dieser Stelle Steine aus dem Boden gruben.
Die sogenannte Ruine A, nördlich von Ta’akha Maryam, versuchten die Anwohner gar absichtlich vor der Expedition zu verbergen. Sie versorgten sich dort mit Steinen für ihre Hütten und Grundstücksmauern und hatten das Loch mit Stroh bedeckt, damit es die Forscher nicht entdeckten.
Und in der Westmauer der im 16. Jahrhundert errichteten Kirche der Heiligen Maria von Zion entdeckte die Expedition einen geschnittenen Ornamentstein, den sie für den Teil der Rückenlehne eines
Weitere Kostenlose Bücher