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Afrika Quer (German Edition)

Afrika Quer (German Edition)

Titel: Afrika Quer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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Zunge brannte.
    Aber es musste eine Flasche sein. Da war ich kategorisch. Aus Gläsern trank es sich viel zu schnell und viel zu leicht. Ich dagegen brauchte die Wassersäule, die noch über mir stand und mich mit großer Macht zu erdrücken drohte. Denn das war der schlimmste Moment am Großen Durst: Wenn man schon wieder den Boden des Glases sah.

Die verschlossene Frau (Karthum)
    Ahmed und Hassan (beide Namen habe ich geändert) leben in der sudanischen Hauptstadt Karthum. In dem Land gilt die Scharia-Gesetzgebung. Das heißt, auf Alkohol trinken steht Auspeitschen und auf Ehebruch Steinigung.
    Aber die beiden sind Mitte zwanzig und in einem osteuropäischen Land zur Schule gegangen. Nun sie lebten jedoch in Karthum, und es ärgerte sie, dass ich vom Sudan den Eindruck eines streng islamischen Landes hatte.
    „Hier kannst du alles machen wie in Europa auch. Nur eben nicht in der Öffentlichkeit“, erzählten sie mir bei einem Abendessen, und dass viele junge Paare in Karthum miteinander schliefen, auch ohne verheiratet zu sein. Und Hassan, der Arzt ist, erzählte so gefühllos, al s spräch e er von einer Kühlschranktür: „Erst letzte Woche habe ich eine Frau wieder geschlossen, weil sie heiraten wollte.“
    Nach fast vier Wochen Karthum ist auch mir aufgefallen, dass der islamistische Sudan lange nicht mehr so streng ist, wie er tut. Zwar gilt noch die Scharia-Gesetzgebung, und es erscheinen auch keine politischen Mehrheiten absehbar, die sie abschaffen würden. Aber die Zeiten, als sie strikt durchgesetzt wurde, sind vorbei.
    Vor einem Jahr wurde Ahmed betrunken von der Polizei erwischt. Er wurde zu vierzig Hieben verurteilt, bestach bei Gericht aber den Mann mit dem Stock, damit der ihn „nur leicht“ durchwalkte.
    Und wenn gesetzlich festgelegt wird, wie sich Frauen anzuziehen haben, wird ihre Kleidung zur politischen Aussage. In Karthum protestierten viele Frauen wortlos gegen die Vorschrift, in der Öffentlichkeit alles außer Gesicht und Händen zu verbergen. Bei ihnen hat der Hijab die Funktion eines modischen Accessoires angenommen und ist zu einem kleinen bunten und durchscheinenden Schal zusammengeschrumpft. Viele Frauen tragen ihn so, dass er mehr von Kopf und Haaren sehen lässt, als er verdeckt.
    Außerdem war Karthum eindeutig die Stadt der gesamten Durchquerung, in der der amerikanische Einfluss am deutlichsten spürbar war. In Karthum II, dem Teil der Stadt, der einem europäischen Vergnügungsviertel am nächsten kommt, gab es den Imbiss „Lucky Meal“, und der schmückte sich in seinem Logo mit dem geschwungenen „M“ der amerikanischen Hamburger-Kette. In Anlehnung an die Pizza-Kette aus den USA nannte sich ein Lokal „Pizza Hot“, und in der Eisdiele, in der sich gerne junge Leute trafen, waren die Wände und Gläser mit Mickymäusen und Donald Ducks geschmückt.
    Am nächsten Abend fragte ich Hassan, was er denn damit gemeint hat, als er sagte, er habe eine Frau wieder geschlossen? Er machte gerade ein einjähriges Praktikum als Arzt in einem Militärhospital. Hassan erzählte, dass einer seiner Freunde Hauptmann in der sudanischen Armee ist. Er hatte eine 23-jährige Freundin. Die beiden liebten sich. Aber es war klar, dass sie nicht heiraten konnten, denn die Eltern des Mädchens hatten schon ihre Ehe mit einem ihrer Cousins arrangiert.
    Der Hochzeitstermin rückte näher, und die 23-jährige musste die Spuren ihrer Beziehung zu dem Hauptmann verwischen. Viele Männer im Sudan lassen sich noch in derselben Nacht scheiden, wenn sie herausfinden, dass ihre Braut keine Jungfrau mehr ist. Nicht nur für die Braut, sondern für ihre ganze Familie wäre das eine kaum je zu tilgende Schande.
    „ Diejenigen Frauen,“ hatte mich Ahmed schon am Vorabend aufgeklärt, „mit denen man schläft, heiratet man nicht. Und diejenigen, die man heiraten wird, mit denen schläft man nicht.“
    Deshalb schlug das Mädchen vor, sagte Hassan, sie schlafe mit ihm, wenn er sie wieder verschließe. Ahmed dagegen meinte: „Hassan kennt die Frau. Er konnte kein Geld von ihr nehmen.“
    Das Geschäftliche, das Zählbare aus der Privatsphäre heraus zu halten, darauf würde in Afrika niemand kommen. Hier beruhen die Beziehungen untereinander auf einem exakt ausgehandelten Geben und Nehmen. Selbst in den intimsten Bereichen wird gehökert und gefeilscht.
    Und so ließ Hassan das Mädchen in sein Haus kommen, schlief mit ihr – „Einmal. Sie war sehr nett und sehr zärtlich. Aber sie sagte, sie habe zur

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