Afrika Saga 02 - Feuerwind
Land überrollen, unser Eigentum vernichten, unsere Frauen vergewaltigen und alles niedermetzeln, was sich ihnen in den Weg stellt! Wir müssen dazwischenschlagen, bevor es zu spät ist.« Beifall heischend blickte er in die Runde.
Jetzt platzte Johann der Kragen. »Welch hanebüchener Unsinn!«, sagte er heftig. »Keiner von euch Rotröcken kennt die Zulus. Sie leben nach strengen Gesetzen, und zumindest der heutige König ist nicht im Geringsten kriegslüstern.«
»Man muss Cetshwayo endlich zur Raison bringen«, rief der rotgesichtige Offizier. »Wird keine große Sache werden. Was verstehen die Schwarzen schon von der Kriegskunst.«
Johann musste laut lachen. »Schon Shaka Zulu war ein gewiefter Stratege. Haben Sie schon einmal von der Büffelhornformation gehört? Darum sollten Sie sich kümmern, ehe Sie einen Krieg vom Zaun brechen. Sie wissen doch nicht einmal, wie viele Truppen er hat. Vierzig- oder sechzigtausend? Sechzigtausend Zulus, die ihr Land kennen, wie Sie und ich unsere Wohnzimmer, die Spuren lesen können, als wäre es eine Zeitung, die seit Anbeginn der Dinge mit der Natur leben und sie sich zunutze machen können. Sie aber kommen vermutlich gerade aus England und würden einen Löwen nicht erkennen, wenn er Ihnen an die Kehle springt. Sie wissen doch gar nicht, wovon Sie reden und worauf Sie sich da einlassen.« Er war zornesrot geworden.
Catherine legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm.
Der Offizier beäugte ihn voller Abscheu. »Darüber haben Sie, Gott sei Dank, nicht zu entscheiden, Sir. Wenn es mehr von Ihrer Sorte gäbe, wär's ums Empire schlimm bestellt. Es ist unsere Pflicht, den Eingeborenen christliches Rechtsempfinden beizubringen. Auf die Königin!« Damit hob er seinen Humpen und trank.
»Ja, Herr im Himmel, Mann - entschuldige, Catherine -, stellt ihr Einfaltspinsel euch doch vor, die Franzosen würden der Königin von England in die Geschäfte ihres Landes hineinreden, ihre Rechtsprechung infrage stellen … Cetshwayo ist der Souverän seines Volks, ver…« Er ballte die Fäuste.
»Auf die Königin«, murmelten die anderen und tranken auch.
»Drückeberger«, murmelte einer mit unterdrückter Stimme. »Feigling«, setzte der Leutnant hinzu, vermied es aber, Johann dabei anzusehen.
»Und ich sag, dass es Gold da draußen gibt. Hab selbst schon was gefunden.« Der sich einmischte, war ein Buschläufer, ein tiefbraun gebrannter, abgerissen aussehender Mann mit enormen Muskeln.
»Lohnt sich also, mal draufzuhauen.« Seine Fäuste öffneten und schlossen sich.
Außer Johann wendeten sich alle Augen dieser willkommenen Unterbrechung zu.
»Würden Sie es als reiche Goldvorkommen bezeichnen?« Timothy Robertsons Stimme. Der Stift schwebte über dem Papier.
»Oh, verdammt, Tim, hör auf, das Feuer zu schüren! Tut mir Leid, Catherine.«
Catherine hörte nicht mehr zu. Der Stimmenbrei rauschte an ihren Ohren vorbei. Ihre innere Unruhe hatte eine andere Dimension bekommen, und jetzt zeigte sie einen flackernden Rand von Angst.
Krieg. Es durfte nicht sein. Inqaba würde verloren sein.
Sie stützte ihren Kopf in beide Hände, verbarg ihr Gesicht. Sie hatte das alles so satt. Immer war es ein Kampf gewesen, immer ging es nur ums Überleben. Immer hatte sie es gerade eben geschafft. Nie war es ihr vergönnt gewesen, einmal Luft zu holen, konnte keinen Weg mit Vorbedacht wählen, war nur gerannt und oft geflohen.
Sechsundvierzig Jahre war sie. Es wäre Zeit, innezuhalten, sich umzusehen. Das hier ist mein Leben, das einzige, das ich habe! Ist das hier mein Leben?
»Möchtest du noch einen Kaffee?«
Sie fuhr zusammen. »Kaffee?« Wie konnte er jetzt an Kaffee denken, wenn alle Welt von Krieg redet und ihr Leben drohte auseinander zu brechen? Sie schaute sich um.
Um sie herum herrschte munteres Geplauder. Das Wort Krieg war nicht zu hören. Die Offiziere waren gegangen, auch den goldgierigen Buschläufer konnte sie nicht mehr sehen. Alle redeten, lachten und scherzten, gerade so, als hätte niemand irgendwelche Sorgen. Die Kaffeekanne in der Hand, lächelte Johann sie an, grüßte über ihren Kopf hinweg eine unsichtbare Person, lachte laut, als jemand einen rauen Witz machte. Sie wischte sich über die Augen. Hatte sie das alles falsch verstanden? War alles nur Geplänkel gewesen?
»Nun? Möchtest du noch eine Tasse?«
Sie presste die Lippen zusammen und schob ihm ihre Tasse hin.
Der Kaffee war inzwischen lauwarm, aber stark genug, um ihr ganzes System auf Hochtouren zu
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