Afrika Saga 02 - Feuerwind
ist.« Er strich sich den dichten, weißen Haarschopf zurück. »Am Mhlatuze, sagen Sie? Wenn ich mich nicht täusche, ist das doch wohl das Hoheitsgebiet der Zulus, nicht wahr? Dort haben wir ohne Erlaubnis nichts zu suchen. Das Gesetz ist da ganz klar.«
»Aber darum geht es doch, Sir. Die Kaffern respektieren unsere Grenzen nur, wenn es ihnen passt. Sie erinnern sich sicherlich an den Vorfall mit Häuptling Sihayo ka Xongo im Juli? Das war barbarisch, gegen jedes Gesetz und alle Abmachungen, und wenn Sie mich fragen, hätten wir längst handeln müssen. Das war so gut wie eine Kriegserklärung.« Der Offizier wischte sich den Bierschaum vom Mund.
»Um es einmal klar zu sagen …« Justus Kappenhofer zeigte seine Abneigung gegen den Offizier deutlich. Sihayo ka Xongo ist von zwei seiner Frauen betrogen worden, beide erwarteten ein Kind von einem anderen Mann …«
»Sie wurden von diesen Heiden der Hexerei beschuldigt«, unterbrach der Offizier. »Sie sollen ihre Männer verhext haben. Also, das ist doch unglaublich, in unserem aufgeklärten Zeitalter …«
Justus Kappenhofer bedachte ihn mit einem ungeduldigen Blick.
»Wie dem auch immer sei, die Frauen sind über die Grenze nach Natal geflohen und wussten genau, dass das Gesetz der Zulus für untreue Frauen und deren Liebhaber die Todesstrafe vorsieht.
Abgesehen davon hat Cetshwayo Gouverneur Bulwer angeboten, einen Betrag von fünfzig Pfund als Ausgleich für den Übergriff zu zahlen. Das waren Zulus, Untertanen des Zulukönigs, sie haben gegen das Gesetz ihres eigenen Volks verstoßen. In England werden Leute für alle möglichen Vergehen hingerichtet, und dagegen höre ich keine Proteste.«
»So ist schließlich das Recht in unserem Land … Sir.« Der jüngste Offizier aus der Runde, ein fleischiger Mann, tiefbraun gebrannt, fixierte Justus mit eigentümlich hellen Augen.
»Danke, besser hätte ich das auch nicht sagen können!« Der Offizier lief rot an.
Wie jedem in der Kolonie war Catherine der Vorfall nur zu gut bekannt. Sihayo ka Xongos Sohn, ein groß gewachsener, intelligenter Mann, der hervorragend schießen konnte und ein so guter Geschäftsmann war, dass die weißen Händler einen Bogen um ihn machten, wollte die Schmach nicht auf seiner Familie sitzen lassen, sammelte seine Brüder und Freunde um sich, passierte mit dreißig berittenen Männern und ein paar Dutzend zu Fuß, ausgerüstet mit traditionellen Waffen, aber auch Gewehren, mitten am Tag die Grenze nach Natal. Sie stöberten eine der Frauen auf, zerrten sie hinüber nach Zululand und erschossen sie, während sie lauthals ihren Kriegsgesang anstimmten. Das gleiche Schicksal ereilte die andere Frau spät am Abend.
Nach dem Vorfall hatte die Kolonie Kopf gestanden. Die Kolonialregierung verlangte von König Cetshwayo, dass er die Rädelsführer dieses Überfalls preisgeben und nach Natal schicken sollte, damit ihnen dort der Prozess gemacht werden würde. Bisher hatte der König der Zulus sich taub gestellt, obwohl ihm einige seiner eigenen Indunas nachdrücklich rieten, dem Wunsch der weißen Regierung zu folgen, weil sie im Gegensatz zu den ungestümen jungen Männern einem Krieg mit den Briten mit größtem Unbehagen entgegensahen.
»Du erlaubst doch, Catherine?« Francis Court zog einen Stuhl heran, setzte sich rittlings darauf und legte seine Arme auf die Rückenlehne. Im perlgrauen Anzug mit Weste und Uhrenkette war er trotz der Hitze wie immer wie aus dem Ei gepellt. So hatte sie ihn und seine junge Frau damals an Bord der White Cloud kennen gelernt.
Sein Englisch war Upper Class, seine Manieren geschliffen, und ansonsten war er einfach ein netter Kerl. Sie mochte ihn sehr.
»Die Mörder sind nie bestraft worden, Cetshwayo lässt sie unbehelligt«, sagte Francis Court jetzt, dessen Mittelname Hannibal war.
»Es ist allgemein bekannt, dass Sihayo ka Xongo sein Günstling ist. Er schont ihn ganz offensichtlich, und das erscheint mir nicht recht zu sein, denn auf der anderen Seite verhängt er Todesurteile für die geringsten Vergehen. Meine Kaffern zittern schon, wenn sie nur Cetshwayos Namen hören.«
Der rotgesichtige Offiziere klatschte mit der Hand auf den Tisch.
»Gewissenlose Waffenschieber verkaufen Gewehre an die Eingeborenen, das wissen wir«, sagte er mit gewichtiger Miene. »Es ist offensichtlich, dass der Zulukönig aufrüstet, und bald werden wir uns einer waffenstarrenden Armee von blutrünstigen Kaffern gegenübersehen. Die schwarzen Horden werden unser
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