Afrika Saga 02 - Feuerwind
Weinglas wieder auf.
»Catherine, ich habe Wunderdinge über Lionel gehört. Geschäftstüchtiger Kerl. Hut ab. Auf den Diamantenminen von Kimberley redet man über ihn. Er ist dabei, ein Vermögen durch seine Wasserpumpen zu verdienen, wusstest du das? Dabei macht er sich nicht einmal die Hände schmutzig.«
Catherine schaute ihn verdutzt an. »Das ist mir neu. So genau bin ich über die Geschäfte meines Schwiegersohns nicht unterrichtet. Ich habe nur gehofft, dass Viktoria in komfortablen Um ständen lebt. Wieso kann man mit Wasserpumpen mitten in der Wüste Geld verdienen?«
»Wenn die Frühlingsregen die Minen unter Wasser setzen, halten seine Pumpen sie offen, und im Sommer, während der Trockenheit, wenn das Land verglüht und jeder um einen Tropfen Regen betet, verkauft er Eis und Eiscreme, obwohl ich nicht weiß, wie er die herstellt. Sollte ich vielleicht einmal herausfinden. Müsste auch hier lukrativ sein.« Justus, selbst einer der gewieftesten Geschäftsleute der Kolonie, war sichtlich beeindruckt von Lionel Spencers Geschäftstüchtigkeit. »Er akzeptiert als Zahlung nur Diamanten, und kann einer nicht zahlen, lässt er sich dessen Claim überschreiben. So avanciert er zu einem der reichsten Minenbesitzer, ohne je selbst im Boden gegraben zu haben. Ich wünschte, ich hätte einen solchen Schwiegersohn.«
Catherine war perplex. Nie hätte sie vermutet, dass Lionel einen solchen Kopf fürs Geschäft besaß. Im Gegenteil, insgeheim hatte sie sich Sorgen gemacht, ob er seine Frau und die Familie, die er und Viktoria planten, überhaupt würde ernähren können, und als sie gehört hatte, dass er auf den Diamantenfeldern sein Glück versuchte, hatte sie das sehr beunruhigt. Die meisten Diamantensucher scharrten Jahre im Boden und fanden kaum genug, um sich am Leben zu erhalten. Diese Sorge konnte sie sich wenigstens sparen. Sie prostete sich selbst schweigend mit Justus' vorzüglichem Rotwein zu und lehnte sich zurück und hörte der Unterhaltung zu.
»Kein Wort über Krieg heute Abend«, hatte Maria Kappenhofer befohlen, als sie zu Tisch bat, und alle hielten sich daran. Bis jetzt zumindest. Pierre und Johann neben ihr fachsimpelten über den Zuckerrohranbau, Justus neckte Mila, Per schwieg wie immer.
Catherine hatte den Verdacht, dass er weniger als zehn Worte im Monat von sich gab, aber Cilla schien glücklich und zufrieden zu sein.
Sie hatten vier Kinder, also musste die Kommunikation zwischen den Eheleuten irgendwie klappen.
»Wie geht es Mary-Jane? Warum ist sie nicht hier?«, fragte sie Timothy, den Zeitungsmann, der eben seinen Teller mit einem Stück Brot leer wischte.
»Der Kleinste ist krank, Bauchgrimmen oder so, schreit ständig, Mary will ihn nicht mit dem Mädchen allein lassen.«
»Ich werde ihr etwas von dem Essen einpacken lassen.« Maria Kappenhofer schob Catherine zum dritten Mal die Schüssel mit Orangenmousse hin, doch diese wehrte lächelnd ab. Ihre Gastgeberin erhob sich. »Dann kommt, meine Lieben, wir lassen die Männer in Ruhe ihre grässlichen Zigarren rauchen.« Damit schritt sie den Damen voraus. Maria Kappenhofer war eine beeindruckende Erscheinung, hochelegant in einem tief ausgeschnittenen, honiggelben Moireseidenkleid, ihr aufgestecktes Haar glänzte in dem strahlenden Weiß der ehemals Dunkelhaarigen und wurde von einer glitzernden Diamantspange gehalten.
Cilla Jorgensen, die erst vor wenigen Wochen aus Europa zurückgekehrt war, beendete schnell noch die putzige Anekdote über ihren Per und den französischen Kellner und erhob sich ebenfalls.
Catherine reichte Mila ihren Arm und geleitete sie hinüber in Kappenhofers blauen Salon, einen wunderschönen Raum, dessen hohe Fenster den Blick vom Berea herunter über die Stadt zum Meer freigab. Der Butler der Kappenhofers, ein Inder, der exzentrisch anzusehen war in schwarzem Frack mit Goldknöpfen und gestreiften Hosen, aber barfuß lief, reichte Konfekt und schenkte süßen Dessertwein und Sherry in hauchdünne Kristallgläser.
Catherine erkundigte sich bei ihrer Gastgeberin nach Lilly, vermied es, auch nur ein Wort über deren Auftritt in Pettifers Laden zu verlieren. »Als ich sie kürzlich traf, schien es ihr … nicht sehr gut zu gehen«, begann sie vorsichtig. »Ich mache mir Sorgen um sie.«
Maria Kappenhofers fröhliches Gesicht verschloss sich, ihre dunklen Augen wurden undurchsichtig. »Ja, natürlich. Du hast Recht, es geht ihr nicht so gut, ihre Gesundheit ist etwas angegriffen. Aber nun berichte,
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