Afrika Saga 02 - Feuerwind
zur Aufsicht bei dem Planwagen zurückgelassen. Lulamani würde Augen machen, und Stefan freute sich schon auf die gelungene Überraschung.
»Shesha!«, brüllte er und trieb seine Läufer an. Er wollte Inqaba noch vor Sonnenuntergang erreichen, denn so würde er genügend Zeit haben, nach dem Rechten zu sehen, und ein ausgiebiges Wiedersehen mit Lulamani feiern. Seine Haut brannte vor Verlangen, sie zu berühren. Diese seidige, feste Glätte, diese Lippen! Wie er sich danach sehnte, jeden Zoll ihres duftenden Körpers zu küssen, ihre Lippen, ihren Hals, die pralle Brust, die sanfte Rundung ihres Bauchs, bis er spürte, dass auch sie ihn wollte. Er schluckte hart, als er daran dachte, wie bereitwillig sie ihm sich öffnete, ihm Zugang zu diesem geheimnisvollen, schattigen Ort gewährte, in dem er sich so völlig verlieren konnte, dass er manchmal um seinen Verstand fürchtete.
»Heja, heja!«, schrie er wild, ließ im Galopp seine Zulus weit zurück, bis er endlich durch tiefe Rinnen und Löcher zu einer langsameren Gangart gezwungen wurde und sie aufholen konnten.
Am Tag zuvor hatte er einen Springbock geschossen, der jetzt quer über dem Sattel seines Lastpferds gebunden war, und er hatte von der Safari ein paar Flaschen Wein aufgespart, die er heute Abend mit seiner Frau trinken würde. Wieder musste er lächeln. Alkohol stieg Lulamani schnell zu Kopf, und wenn sie einen Schwips hatte, war sie besonders entzückend. Alles, was er an ihr liebte, zeigte sie dann im Übermaß.
Er wich einem Elefantendunghaufen aus, der von blau schillernden Pillendrehern wimmelte, und summte frohgemut einen Wiener Walzer vor sich hin. Seine Mutter hatte ihm diese Melodie immer in seiner Kindheit vorgesungen und oft von dem Tag erzählt, als sie Jikijiki, ihrer Zulufreundin, diesen Tanz auf der Veranda beigebracht hatte.
Vergnügt schmetterte er aus vollem Hals die Walzermelodie in den Wind. Er konnte es kaum erwarten, ihren anschmiegsamen, biegsamen Körper im Tanz im Arm zu halten. Ihm wurde heiß. In den letzten fünf Wochen war er selten zu Hause gewesen. Es hatte immer nur für Stippvisiten gereicht. Auch kurz nach dem großen Feuer, nachdem er die eine Jagdgesellschaft bei John Dunn abgeladen hatte, die andere jedoch schon ungeduldig in Durban auf ihn wartete, konnte er nur wenige Tage auf Inqaba verbringen.
Ein großer Geröllhaufen lag im Weg. Kürzlich musste es in dieser Gegend starke Regengüsse gegeben haben, denn die Pfade waren von tiefen Furchen durchzogen, manche durch aufgetürmtes Buschwerk sogar völlig unpassierbar, Schlammlawinen hatten Schneisen in den dichten Busch gerissen und Bäume umgeschoben.
Er war an mehr als einem verrottenden Kadaver vorbeigekommen, auch jetzt stieg ihm intensiver Verwesungsgeruch in die Nase, sagte ihm, dass in der Nähe ein totes Tier liegen musste.
Hoffentlich war Inqaba von dem Unwetter verschont worden. Im Jahr vor seiner Geburt hatte ein Tornado das Land verwüstet, das Haus selbst war abgedeckt und fast völlig zertrümmert worden. Seine größte Angst war, dass auch Lulamani, wie seine Mutter damals, von einer solchen Katastrophe allein auf der Farm überrascht werden würde. Energisch trieb er sein Pferd an, doch die zerstörten Wege zwangen ihn zu Vorsicht. Wollte er nicht, dass sein Pferd sich ein Bein brach, musste er sich gedulden.
Über ihm kreisten drei Geier im warmen Aufwind der sonnengebackenen Hügel. Ohne einen Flügelschlag zu tun, schraubten sie sich höher und höher, segelten dahin in die unendliche Freiheit, und Stefan lief ein fast wollüstiger Schauer den Rücken herunter. Fliegen zu können, diese Freiheit zu kosten, die Schwerelosigkeit, den Blick von oben auf sein Land und sein Leben — davon träumte er, solange er denken konnte, hatte alles verschlungen, was darüber geschrieben worden war. Sogar aus Europa hatte er sich Bücher kommen lassen.
Schon als er ein kleiner Junge war, hatte ihm seine Mutter von Ikarus erzählt, ihm das Prinzip der Montgolfière erläutert, und seitdem hatte ihn die Vorstellung, fliegen zu können, den Schwalben zu folgen, die Möwen hinaus aufs Meer zu begleiten oder wie ein Albatross tagelang gewichtslos dahinzugleiten, nicht mehr losgelassen.
Albatrossen begegnete er ausschließlich beim Angeln weit draußen vor der Küste, und auch da nur vereinzelt. Einmal hatte er schon einen über Kimme und Korn im Visier, ließ dann sein Gewehr wieder sinken.
Er brachte es nicht über sich, diesen majestätischen Vogel
Weitere Kostenlose Bücher