Afrika Saga 02 - Feuerwind
Bäume. Der betäubende Duft der unzähligen, pfirsichrosa Blüten des Frangipani begrüßte ihn, als er den Hof erreichte. Inqaba lag seltsam still vor ihm. Er schaute sich um, konnte aber keinen Menschen entdecken, Lulamani nicht, und auch Maboya war nicht zu sehen, nicht einmal einer der schwarzen Arbeiter. Das aber war nicht verwunderlich, da sein Vater die meisten mit auf den Viehtrieb genommen hatte.
Flüchtig berührte Sorge sein Herz, es könnte etwas passiert sein, aber, so sagte er sich, was wohl nur fehlte, war seine strenge Hand. Er konnte von seiner jungen Frau nicht erwarten, dass sie ihre Stammesgenossen mit strikter Disziplin führte. Sie war eine Zulu, eine Frau, und auch noch jung. Kein Mann würde sich ihrer Autorität beugen. Er saß ab, ging herum ums Kochhaus auf die Veranda und tankte Kraft aus dem atemberaubenden Blick über das Tal hinunter zum Wasserloch und den sanften Hügeln Zululands, deren sattes Grün sich in der Ferne mit dem Blau des Himmels vermischte. Jedes Mal, wenn er hierher zurückkehrte, war es seine erste Handlung.
Dann nahm er seinen Hut mit dem langen Nackenschutz ab, stieß einen gellenden Pfiff aus und wartete, dass Lulamani im Wirbel ihres wehenden Rocks angelaufen kam, mit schimmernden, braunen Beinen, strahlenden Augen und seinem Namen auf ihren vollen Lippen. Doch es erschien nur Maboya, sein Vertrauter und Stellvertreter, wenn er im Busch war, der seine Herde betreute und zusammen mit Sihayo die Arbeiter überwachte, also praktisch die Farm leitete, fast ebenso gut wie ein Europäer es tun würde.
»Sawubona, Maboya, mein Freund, wie steht's denn so?«, rief Stefan fröhlich und wischte sich mit einem Tuch den Schweiß von Gesicht und Hals. Auch sein grob gewebtes Baumwollhemd war dunkel vor Nässe. Er knöpfte es auf, zog es aus seiner Hose und ließ es lose über seine Hüften hängen. Die Hände verschränkt, dehnte er ausgiebig seine müden Armmuskeln.
»Wo ist meine Frau? Im Stall oder im Garten?« Suchend schaute er hinüber zum Hühnerstall und dann zum Gemüsegarten, erwartete, ihre grazile Gestalt unter dem großen Sonnenhut zwischen den sauber gesetzten Pflanzenreihen zu entdecken. Aber außer zwei Zulufrauen, die schwatzend Bohnen ernteten, war da niemand. Er runzelte die Brauen. »Ich hoffe doch, dass sie nicht gerade ihrer Familie einen Besuch abstattet?«
Erst dann fiel ihm auf, dass Maboya bisher kein Wort gesagt hatte.
Er drehte sich um, und als er Maboya ansah, wusste er, dass etwas geschehen war. Das dunkles Gesicht war wie aus braunem Stein gehauen, die schwarzen Augen glänzten verräterisch, und seine Lippen waren verzerrt, als würde ihn etwas quälen. Stefan wurde trotz der drückenden Hitze kalt. »Maboya, sag es mir, was ist geschehen?«
Mit zusammengebissenen Zähnen wartete er auf das, was sein Freund ihm zu berichten hatte.
Der Zulu starrte auf seine Füße. »Lulamani, Tochter von Sihayo, war einst Madoda versprochen, als der König entschied, sie in dein Umuzi als deine Frau zu schicken.«
Stefan nickte ungeduldig. Das hatte er von Andrew Sinclair erfahren, mochte der dafür in der Hölle schmoren, der Schweinehund.
»Woher weißt du das?«
»Jeder wusste das, und Madoda war mein Freund.«
»War?«
»Madoda ist zu seinen Ahnen gegangen«, erwiderte der Zulu mit belegter Stimme.
Stefan verstand auf Anhieb. »Wer hat ihn getötet?«
Angestrengt schob der Schwarze den Stein zu seinen Füßen hin und her. »Kikiza«, murmelte er, ohne seinen Freund anzusehen.
»Der Hyänenmann? Aber der ist der Henker des Königs …« Stefans Stimme verlor sich, als ihm klar wurde, was das hieß. »Der König hat es befohlen? Warum und was hat das mit Lulamani, meiner Frau, zu tun?« Eine unbestimmte Vorahnung packte ihn. Sein Herz hämmerte mit schweren, schmerzenden Schlägen gegen seine Rippen.
»Du hast Lulamani lange allein gelassen, viele, viele Nächte lang war sie allein in ihrem Bett. Eine junge Frau …« Maboya holte tief Luft und machte eine Pause, um seine Worte sorgfältig zu wählen. »Eines Tages kam Madoda, der Berater von Nkosi Sinzi. Er ist viele Nächte geblieben.« Er warf seinem Freund einen Blick zu, senkte aber seine Lider gleich wieder.
»Ich verstehe«, vermochte Stefan nach einer Weile hervorzupressen. »Was geschah dann?«
»Jemand hat es dem König gesagt. Lulamani war ein Geschenk an dich, er konnte nicht dulden, dass sie dich betrügt.« Er biss sich auf die Lippen. »Er hat sie dazu verurteilt, mit dem
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