Afrika Saga 02 - Feuerwind
Bärtigen verheiratet zu werden.« Den letzten Satz stieß er schnell hervor und sah seinen weißen Freund dabei nicht an.
Stefan wurde kittweiß. »Wo ist sie, Maboya? Schnell, sprich.
Vielleicht kann ich sie noch retten!« Die Panik machte seine Stimme schrill.
Der Zulu bewegte nur seine muskulösen Schultern und schüttelte den Kopf. Es war klar, was er ausdrücken wollte.
Auch Stefan verstand, und es schien ihm, als würde die Sonne sterben. Die Welt verdunkelte sich, eine beißende Kälte ließ ihm die Haare zu Berge stehen. Er packte seinen Freund an den Oberarmen und zwang ihn, ihm ins Gesicht zu sehen. »Wo ist sie, Maboya, wo, sag's mir! Ich bitte dich.«
Erst dann bewegte sich Maboya und führte Stefan zu der Stelle, an der ihm vorhin der starke Verwesungsgeruch aufgefallen war. Er fand sie in einer Wolke von blauschwarzen Fliegen. Der Gestank war überwältigend, Myriaden von schwarz glänzenden Aaskäfern krochen auf dem rottenden Fleisch, dass es schien, als würde sich die Leiche bewegen.
Stefan starrte auf seine Frau hinunter, sah, dass ihre Beine und Arme bis auf Stümpfe verschwunden waren, und langsam sank er in die Knie. »Warum hast du sie liegen lassen?«, fragte er tonlos.
Maboya trat rasch einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf.
»Jeder, der sie wegbringt und beerdigt, wird von Kikiza getötet. So hat der König es bestimmt. Denk an die Hochzeit von Ingcugce.«
Stefan stand auf. Mit geballten Fäusten sah er seinen Freund an.
»Ich werde jetzt meine Frau bergen und sie auf Inqaba beerdigen, und wenn du mir nicht dabei hilfst, bist du nicht mehr mein Freund.«
Maboya rollte die Augen wie ein verängstigtes Pferd und hob abwehrend die Hände. »Cha! Nein! Ich bin ein toter Mann, wenn ich Lulamani berühre. Es ist nur ihr Körper, Setani, nichts weiter, ihre Seele habe ich ins Haus zurückgebracht, wie unsere Ahnen es verlangen.«
»Aus dem Weg«, knurrte Stefan Steinach und stieß den Zulu zur Seite. Dann stemmte er sich gegen den Stein, der auf Lulamanis Mitte lag, und mit einer gewaltigen Kraftanstrengung wuchtete er ihn zur Seite. Ihre Leiche war aufgedunsen, sodass er sie eigentlich nur an dem Stoff seines eigenen Hemds erkannte, das noch an ihrem blauschwarz angelaufenen Oberkörper hing. Wut explodierte in ihm, wie von Sinnen schlug er um sich. Die Fliegen kümmerte es nicht, und die heruntergefallenen Käfer krabbelten flugs wieder hinauf auf ihre Mahlzeit.
»Bring mir eine Decke«, befahl er Maboya rau. Ihm war klar, dass er die Leiche in diesem Zustand nicht anheben konnte, ohne dass sie zerfiel.
Zwei Stunden später stützte er sich auf den Spaten, mit dem er die Erde auf Lulamanis Grab geschaufelt hatte, und schaute in die Ferne, wo sich Zululands Hügel in der Unendlichkeit verloren. Er stand im Schatten des uralten Büffeldornbaums, in dem schon sein kleiner Bruder ruhte, der vor achtundzwanzig Jahren viel zu früh geboren worden war. Der Kaffirbaum, den seine Mutter einst gepflanzt hatte, trug noch seine roten Blütenkrönchen. Es war ein guter Platz. Hier fand man Ruhe, das Gras auf dem langen Abhang raschelte in der leichten Brise, Zikaden sangen, hier und da rief ein Vogel, und über allem wölbte sich der strahlende, afrikanische Himmel.
Eine Bank werde ich hierher stellen, dachte er, und Lulamani jeden Tag besuchen. Mit einer zärtlichen Geste legte er eine Hand auf das Grab. »Lalagahle«, flüsterte er. »Schlaf in Frieden.« Mit schleppenden Schritten stieg er den Hügel wieder hinunter, durchquerte das flache, kleine Tal und stapfte den Abhang zum Haus hinauf.
Als er später im Kerzenschein auf der Terrasse saß und an einem Kreuz für Lulamanis Grab schnitzte, plante er die Rache an König Cetshwayo. König Cetshwayo, der ihn seinen Freund nannte, denn nach seinem Vater und abgesehen von John Dunn war er der wichtigste weiße Berater des Zulukönigs.
Am liebsten hätte er seine Elefantenbüchse genommen, sein Pferd gesattelt, wäre schnurstracks nach Ondini in die Residenz des Königs geritten und hätte ihn umgebracht. Vor aller Augen, ohne Rücksicht auf das, was danach mit ihm geschehen würde. Aber selbst ihm würde das nie gelingen. Die Wächter des Zulukönigs, die jedem Weißen gegenüber außerordentlich misstrauisch waren, würden verlangen, dass auch er seine Waffen niederlegt, bevor er zu Cetshwayo vorgelassen werden würde. Obendrein war auch er nicht ohne Feinde unter den königlichen Indunas, die ihm seine Sonderstellung beim König
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