Afrika Saga 02 - Feuerwind
Beunruhigt ging er zur Tür. Maboya neigte nicht zu Aufgeregtheiten, und jetzt klang er überaus erregt. Er zerrte die Hose hoch und öffnete die Tür. Gebrüll aus Männerkehlen und hohes Frauenkreischen schallten durch die perlgraue Dämmerung. Er runzelte die Stirn. Was ging da vor?
»Nkosi Sinzi - schnell.« Der große Zulu schien außer sich zu sein.
Er deutete hinüber, wo das Lagerfeuer von Sinclairs Leuten durchs Gebüsch schimmerte.
Stefan packte sein Gewehr und folgte befremdet seinem schwarzen Freund durch das schattige Gelände. Je näher er kam, desto lauter wurde das Kreischen. Das war keine Frau, das wurde ihm schnell klar, das war ein Mann, der in Todesangst schrie. Mit langen Schritten hastete er den Weg hinunter. Als er noch eine Strecke entfernt war, erblickte er im Feuerschein eine Szene, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Andrew Sinclair hatte dem Hühnerdieb breite, pfundschwere Eisenbänder um Hals, Hände und Füße gelegt, hatte die Ketten im Rücken miteinander verbunden und am Sattelkopf eines Pferds festgemacht, sodass der Mann halb kniend, in gebückter Haltung, die Arme nach hinten und oben verdreht, in den Ketten hing. Eine Schwarze kniete, die Hände ringend, laut lamentierend, in Abständen ohrenzerreißend schrille Schreie ausstoßend, hinter ihm. Die Frau des Mannes offenbar, schloss Stefan.
Andrew Sinclair stand breitbeinig über dem Unglückseligen und schwang die Nilpferdpeitsche. Dem Mann strömte das Blut aus tiefen Striemen, sein Kreischen war zu einem lang gezogenen Wimmern geworden. Jetzt ließ Andrew Sinclair von ihm ab und trieb das Pferd mit einem Peitschenhieb an. Das machte aufwiehernd einen Satz nach vorn, der Mann wurde rücklings hochgerissen und stieß einen markerschütternden Schrei aus.
»Sind Sie wahnsinnig, Sinclair?«, brüllte Stefan, während er herbeistürmte. »Lassen Sie den Mann sofort frei! Maboya, halt das Pferd fest.«
Maboya, der von Jugend auf gelernt hatte, mit Pferden umzugehen, packte das Pferd am Zaumzeug. Voller Angst, verrückt durch die Peitschenhiebe und das Geschrei, stieg der Hengst und schlug mit den Vorderläufen, riss wiehernd am Zaumzeug, um freizukommen.
Doch der Zulu schaffte es mit brutaler Kraft, ihn zu beruhigen.
Schaumgefleckt, heftig schnaubend und mit zitternden Flanken stand das Pferd da. Der blutüberströmte Dieb lag reglos im Staub, Arme und Beine nach hinten verdreht, die Augen geschlossen.
»Halten Sie sich da heraus«, keuchte Andrew Sinclair, der sich beim Auspeitschen verausgabt hatte. »Das sind meine Leute, ich bestrafe sie, wie ich es für richtig halte.«
»Nicht auf meinem Grund und Boden!«, schrie Stefan und legte das Gewehr an. »Peitsche weg, Sie blutrünstiger Schlächter! Machen Sie den Mann los. Auf der Stelle!«
Schwer atmend, starrte ihn Sinclair an. »Das wagen Sie nicht.«
»Wollen Sie es herausfinden?« Stefan zielte, zog den Hahn durch, und die Peitsche flog aus Andrew Sinclairs Hand. Sie war in zwei Teile zerbrochen. Es war ein Meisterschuss. Schweigend dankte er seinem Vater, der ihn gelehrt hatte, so zu schießen.
Mittlerweile war jeder im Lager wach und stand im Kreis ums Geschehen herum. Alle hatten die Schmach Andrews gesehen, und das ließ den in weißglühende Wut geraten. Er röhrte wie ein verletzter Büffel. »Sie Mistkerl, das werden Sie mir büßen.«
»Mit Ihrer Rache werden Sie warten müssen. Sie werden jetzt auf der Stelle mein Land verlassen, und gnade Ihnen Gott, wenn ich Sie hier noch einmal wiedersehe, und wenn Sie mit dem Kopf unterm Arm im Staub hierher kriechen. Der Mann —«, er zeigte auf den immer noch bewegungslos daliegenden Dieb, »- der Mann bleibt hier, und Sie werden sich in Natal vor Gericht verantworten müssen.«
Andrew Sinclair starrte ihn schwer atmend an. Dich kriege ich, du teutonischer Schweinehund, wütete er innerlich, beschloss, dem König noch eine zweite Nachricht zu schicken, eine, die so formuliert war, dass Cetshwayo nicht anders konnte, als seine Hyänenmänner loszuschicken, und zwar auf der Stelle. Er bedauerte nur, dass er nicht zusehen konnte, wie dieser arrogante Bauer um sein Leben winselte.
Seine Schreie wären Musik in seinen Ohren.
Maboya band das Pferd an den Baum und untersuchte den Mann mit leichten Fingern. »Ich werde Noningo bitten, ein Muthi, eine Medizin, für seine Wunden zu kochen.« Seine Stimme war leise, seine Hände ruhig, aber seine glühenden Augen ließen Andrew Sinclair nicht los, und Stefan
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