Afrika Saga 02 - Feuerwind
hielten ihre mit einem Blick fest, der sie vor Entsetzen fast ohnmächtig werden ließ. Ihr erster Gedanke war wegzurennen, so schnell sie konnte, worauf sie im selben Augenblick der nächste Gedanke überfiel, nämlich, dass es keinen Ausweg für sie gab. Der Löwe versperrte ihr den Weg, in dem Raum hinter ihr war jeder Ausgang von Johann sorgfältig mit Brettern vernagelt worden.
Sie saß in der Falle.
Das ist also das Ende, dachte sie, ich werde als Futter für einen Löwen enden. Unsinnigerweise verspürte sie den Drang zu kichern.
Ihr linker Arm zuckte, ohne dass sie es verhindern konnte. Der Löwe ließ ihren Blick nicht los, zog aber die Lefzen hoch, ließ seine beeindruckenden Reißzähne aufblitzen und atmete hörbar aus. Es klang wie das Zischen einer großen Schlange, und sie fürchtete, vor Angst zu Boden zu sinken. Was sollte sie tun? Einfach dastehen und sich fressen lassen? Wieder kitzelte sie das Kichern im Hals.
Er war ein prachtvolles Exemplar, das sah sie selbst in ihrer Angst.
Eine dichte, schwarze Mähne bedeckte Kopf und Schultern, setzte sich sogar unter dem Bauch fort, das goldgelbe Fell saß straff und glänzte. Er war gut genährt und bewegte sich mit träger Eleganz. Im Fell von Ohren, Bauch und Rücken hingen pralle, graue Zecken, die ihn aber nicht weiter zu stören schienen. Außerdem trug er am ganzen Körper die Narben vieler Kämpfe, die schlimmste aber verlief quer unter seinem Kinn von Ohr zu Ohr, als hätte jemand versucht, ihm die Kehle aufzuschlitzen. Dort waren seine Fellhaare weiß nachgewachsen.
Ein Rudelführer, der Pascha vieler Löwinnen, dachte Catherine, aber was macht er hier? Warum ist er nicht bei seinen Damen? Meist lag der Pascha irgendwo faul im Schatten herum und wartete, bis sein Harem eine schöne, fette Antilope gerissen hatte, um dann heranzustolzieren und als Erster zu fressen.
Der Löwe machte einen Laut tief in seiner Kehle. Es klang nicht einmal wie ein Knurren, eher wie ein Schnurren.
Das Miezekätzchen schnurrt, wie niedlich, fuhr es ihr durch den Kopf. Ich werde verrückt, dachte sie gleich darauf. Auch gut, dann würde sich das, was unweigerlich folgen musste, vielleicht besser ertragen lassen.
Der Löwe streckte sich, Pranken steif nach vorn geschoben, Schultern hochgezogen, Hinterteil in die Luft gestreckt, machte einen Buckel, warf den mächtigen Kopf in den Nacken, riss sein Maul auf und röhrte.
In Panik warf sie die Arme hoch und schrie. Sein heißer, stinkender Atem fuhr ihr ins Gesicht, und das Gebrüll lief in Schockwellen durch ihren Körper. Als würde die Erde unter ihr beben, wurde sie durchgeschüttelt, dass ihr die Zähne klapperten. Sie hielt die Augen geschlossen, wollte nicht sehen, was jetzt kam, spürte schon die Reißzähne in ihrem Fleisch und schrie und schrie.
Der Löwe hustete, und sie riss die Augen auf. Das große Raubtier stand immer noch im Türrahmen, beäugte sie aufmerksam, ließ sich dann langsam mit eleganten Bewegungen nieder, legte seine gewaltigen Pranken ordentlich gekreuzt übereinander, entließ sie aber keine Sekunde aus dem Bann seines bernsteinfarbenen Blicks. Da lag er nun, ein Prachtexemplar seiner Art, versperrte ihr sicher den Weg, so sicher, wie eine Mauer es tun würde, und es sah nicht so aus, als würde er in nächster Zeit die Möglichkeit erwägen, sich zu trollen. Was um alles in der Welt sollte sie tun? Ihn anschreien? Einen Stuhl nach ihm werfen? Ihr Herz hämmerte, sie röchelte, weil ihr die Luft knapp wurde, und sie drohte völlig aus den Fugen zu geraten. Schlotternd kniff sie die Augen zu, um diesem Bernsteinblick zu entgehen.
Werde zu einem Stein, Katheni, wisperte Mangalisos Stimme in ihrem Kopf. Werde zu einem Stein. Sei kühl, ruhig, still.
Kühl, ruhig, still, wiederholte sie gehorsam in Gedanken, kühl … ruhig … still. Sie atmete tief durch. Einmal und noch einmal, bis ihr Herzschlag sich beruhigte. Kühl, ruhig, still. Gebetsmühlenartig wiederholte sie Mangalisos Worte im Kopf, und bald spürte sie, wie sich Ruhe in ihr ausbreitete, eine solide, sichere Ruhe und ihre Gedanken kühl dahinflössen. Flüchtig dachte sie an jenen Augenblick, als Umafutha starb, rief sich das Gefühl unbegrenzter Kraft ins Gedächtnis, das sie damals gespürt hatte. Langsam hob sie die Lider.
Der Löwe hatte sich nicht gerührt. Sie vermied es, ihm in die Augen zu schauen, sondern ließ ihren Blick durchs Zimmer laufen. Eine Flucht durch die Fenster oder die Tür zur Küche war
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