Afrika Saga 02 - Feuerwind
sowieso dort.«
Catherine nickte abwesend. »Gut. Immerhin ist meine Büchersendung angekommen.«
»Deine Bücher. Die Schauerleute sind erst dabei, das Schiff zu entladen. Wir können sie nach dem Essen abholen.«
»Ich hoffe, Sonnberg wacht dieses Mal persönlich darüber, dass diese Tölpel meine Bücher nicht wieder ins Wasser fallen lassen.« Vor ein paar Wochen war die Kiste direkt vor ihren Augen den Männern aus den Händen gerutscht und ins Wasser geklatscht. Auf den kurzen, kabbeligen Wellen war sie schnell abgetrieben, und niemand spürte das Verlangen, sich lediglich für die Rettung einiger Bücher der Angriffslust hungriger Haie auszusetzen.
»Hoffentlich hat Elizabeth noch eine zweite Ausgabe von Dumas' Graf von Monte Christo gefunden«, setzte sie hinzu. »Ich würde gern zur Einweihung eine Lesung daraus halten.«
»Du willst auf der Einweihungsfeier wirklich eine … Lesung halten, und dann noch auf Französisch? In Natal? Ein wenig exaltiert, oder?«
»Nun, warum nicht? Cilla, Lilly, Mila, Pierre, sie alle sprechen Französisch, Lulamani auch, und es gibt noch einige andere, die es auch bis zu einem gewissen Grad können, unter anderem dich, mein Lieber. Wie ich schon bemerkte, es wird Zeit, dass hier ein bisschen Kultur gepflegt wird.«
»Findest du Französisch in diesem Fall nicht etwas prätentiös, tut's Englisch nicht auch? Es ist immerhin die Sprache Shakespeares.«
»Ich will aber«, murmelte sie so leise, dass er es nicht hören konnte, weil sie wusste, wie kindisch das klang. Aber so war es. Sie wollte es, einen besseren Grund gab es nicht. Französisch war die Sprache ihrer Kindheit, die Sprache Grandperes und Cesars. Es war die Sprache, in der sie noch heute träumte.
»Wenn ich den Dumas nicht bekomme, kann ich ja Hamlet lesen«, bemerkte sie schnippisch. »Ich habe außerdem vor, einen Literaturzirkel zu gründen. Mila und Maria Kappenhofer sind begeistert. Wir werden uns einmal im Monat treffen und über die neuesten Bücher reden.«
Johann verkniff sich wohlweislich, darauf hinzuweisen, dass Catherine versprochen hatte, die Wintermonate auf Inqaba zu verbringen.
In einträchtigem Schweigen bogen sie kurz danach in die West Street ein. Catherine war froh, die glatten Planken der Fußgängerrampe erreicht zu haben. Der Zustand des Wegs am Back Beach war schimpflich und einer Stadt wie Durban nicht würdig. Sie nahm sich vor, eine Eingabe bei der Stadtverwaltung zu machen, und zwar persönlich.
Die leuchtend grün gestrichene Lokomotive keuchte, vom Point kommend, an ihnen vorbei und fuhr an der schäbigen Bretterbude vor, die Durban als Bahnhof diente. Der Lokomotivführer lehnte sich breit lachend aus dem Führerhäuschen und ließ dreimal die Pfeife schrillen.
Der Zug kam, weiße Dampfwolken ausstoßend, mit quietschenden Rädern zum Stehen.
Seine zwei Waggons waren überfüllt mit Passagieren, die der Postdampfer in Südafrikas Häfen aufgenommen hatte. Einige waren, nach ihrer Kleidung zu urteilen, wiederum Neuankömmlinge aus Europa, die in Trauben in den offenen Fenstern hingen. Jeder suchte sich vorzudrängein, um den ersten Blick auf die zukünftige Heimat zu erhaschen.
»Schon wieder Einwanderer. Ich habe den Eindruck, dass fast jeden Tag ein Schiff voll mit ihnen ankommt.«
»Je mehr, desto besser«, schrie Johann, um sich gegen den Lärm durchzusetzen.
Der Lokführer, ein älterer Mann in rotem Hemd und knapper, schwarzer Jacke, sprang vom Zug herunter. Sein Gesicht war auf der einen Seite walnussbraun verfärbt mit dunklen Flecken, auf der anderen von ungesunder Blässe, außerdem war sein Hals so schief, sein Kopf permanent zur Schulter gedreht, dass er, wollte er geradeaus sehen, seitwärts gehen musste wie ein Krebs. Wie jeder Durbaner wusste, hatte er sich den Schiefhals zugezogen, als es nur ein Gleis vom Point nach Durban gab. Die Nase der Lok zeigte zum Point, nach Durban hinein konnte sie nur im Rückwärtsgang fahren, der Lokführer musste die ganze Strecke seinen Kopf nach hinten verrenken. Er entriegelte die Türen und klappte den Tritt herunter. Die aufgeregt durcheinander redenden Neuankömmlinge wurden ausgespien. Ihr Anblick erinnerte Catherine daran, dass die Sangomas der Zulus die Eiserne Schlange für ein menschenfressendes Ungeheuer hielten. So gesehen, konnte sie das nachvollziehen.
Catherine stand am Rande der Menge und ließ ihren Blick über das Meer von erhitzten Gesichtern gleiten in der müßigen Hoffnung, ein vertrautes unter
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