Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
Vom Netzwerk:
ihnen zu entdecken. Besucher aus Kapstadt vielleicht oder Freunde, die in Übersee gewesen waren. Aber natürlich sah sie nur Fremde, hauptsächlich die hoffnungsvollen Mienen der Immigranten, die darauf versessen waren, endlich ihre neue Heimat in Augenschein zu nehmen. Niemand, den sie kannte, war dabei, und natürlich besonders nicht die eine, nach der sie sich so sehr sehnte, dass es schmerzte. Maria.
    »Lass uns gehen. Ich kann es nicht ertragen«, sagte sie zu Johann und wandte sich ab. Unvermittelt jedoch spürte sie deutlich, dass sie jemand an der Schulter berührte, und sie wirbelte überrascht herum.
    Aber da war keiner. Ihre Augen flogen über die Köpfe der vorbeihastenden Menschen. Nichts. Unbehaglich bewegte sie ihre Schultern, war sich sicher, eine Berührung gefühlt zu haben. »Ich versteh nicht, warum sie nicht schreibt. Erinnerst du dich noch an Marias ersten Brief?«
    »Natürlich, Wort für Wort.«
    »Sie klang doch so fröhlich, so aufgeregt, ihr gefiel es dort.«
    Catherine starrte ins Leere. »Jedes Wort drückte Vorfreude aus.« So anschaulich hatte Maria ihre Ankunft geschildert, dass Catherine sich als heimliche Zuschauerin wähnte.
    Den Brief hatte Maria offenbar bereits am Tag nach ihrer Ankunft in Hamburg abgeschickt.
    »Nach sechstausend Meilen befahl der Kapitän der Sea Princess, die Schiffsmotoren backbords auf rückwärts zu stellen«, schrieb sie, »und mit schäumender Hecksee drehte das Schiff langsam über die Schraube an die Pier.«
    Maria stand direkt an der Reling, als das Schiff in Hamburg an den Landungsbrücken längsseits ging, und ihr Herz schlug hart gegen ihre Rippen. In seinem Brief hatte der Onkel ihr mitgeteilt, dass er sie am Schiff abholen würde. Gebannt schaute sie auf die wimmelnden Menschen, die sich unter ihnen versammelt hatten, die meisten wohl, um jemanden abzuholen, andere aus Neugier. Ein Schiff, das aus fremden Landen kam, erregte in jedem Hafen größtes Interesse.
    Wer war wohl Ludovig Mellinghoff? Der stattliche Herr dort mit goldener Uhrenkette und dem Spazierstock mit Silberknauf? Oder der Ältere, drei Schritte dahinter, der ganz in Schwarz daherkam, dessen ungesunde, gelbe Hautfarbe ihn aussehen ließ, als wäre er aus Wachs modelliert? Sie war aufgeregt.
    Schwalben schössen über den milchig blauen Himmel, und für eine flüchtige Sekunde fragte sie sich, ob es dieselben Schwalben waren, die nach ihrem langen Zug aus Nordeuropa am Sommeranfang im Oktober in Zululand einfielen. Dort jagten sie lautlos, hier mischten sich ihre hohen Schreie mit denen der Möwen, die sich am Bug des Dampfers kreischend um die Abfälle, die der Smutje über Bord gekippt hatte, stritten. Für ein paar Augenblicke sah sie ihnen nach, dann ließ sie ihre Blicke wieder über die wartende Menschenmenge gleiten.
    Eine ältere Dame, die sich neben sie gedrängt hatte, ließ versehentlich ihren blauen Schal fallen, der langsam, sich wie eine blaue Blume entfaltend, hinunter in die Menschenmenge schwebte. Der Herr mit der goldenen Uhrenkette spießte ihn mit seinem Spazierstock auf, winkte einen Schiffsjungen heran, gab ihm den Schal und deutete hinauf zu der Dame. Maria beobachtete, dass er dem Jungen eine Münze in die Hand drückte. Sie hoffte, dass das Ludovig Mellinghoff war. Seine souveräne Art beeindruckte sie und flößte ihr Vertrauen ein.
    Ein sanfter Wind strich übers Wasser und fächelte ihr die Hafengerüche zu. Es roch nach Fisch und sonnenwarmem Holz, nach Teer, nassem Metall und dem Rauch der Kohlenfeuer, die die Dampfkessel heizten. Wie in Durban, dachte sie, und ein Anflug von Heimweh streifte sie, den sie aber energisch abschüttelte. Sie stand jetzt an der Schwelle eines neuen, aufregenden Lebens. Da gab es keine Zeit für derartige Sentimentalitäten.
    Geduldig wartete sie, bis die meisten Passagiere von Bord gegangen waren und die Menschenmenge sich deutlich gelichtet hatte, ehe sie selbst über die Gangway herunterstieg. Ihren kleineren Koffer trug sie in der Hand, der größere befand sich noch in der Kabine. Es warteten nur noch wenige Menschen auf der Pier, unter ihnen der Herr mit dem Spazierstock, der sich ihr jetzt mit entschlossenen Schritten näherte. Er blieb stehen, zwirbelte seine Bartspitzen und musterte sie in aller Ruhe einmal von oben bis unten.
    »Maria Steinach?«, fragte er. »Maria Steinach aus Durban? Du musst es sein. Du siehst deiner Großmutter sehr ähnlich. Ich bin Ludovig Mellinghoff, dein Onkel.«
    »Ja, die bin ich«,

Weitere Kostenlose Bücher