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Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Unding, dass ein Telegramm von hier aus derart lange braucht. Weißt du, wann das Unterseekabel für den Telegrafen, der uns mit dem Rest der Welt verbinden wird, endlich nach Durban gelegt wird? Ich habe gehört, dass die Arbeiten schon angefangen haben. Ist das wahr?«
    »Soweit ich weiß, ja. Es wird am Umgeni angelandet werden.« Er stand auf und streckte sich. »Kaum vorstellbar, dass eine Nachricht dadurch schneller reist als der Wind. Unglaublich. Zu unserer Zeit dauerte ein Brief nach Europa drei Monate, und wenn der Adressat irgendwo in Bayern oder Preußen lebte, kamen noch einmal Wochen mit der Postkutsche dazu. Das Leben war damals gemächlicher, man hatte Zeit, sich auf die Dinge einzustellen, und häufig war dann eine Neuigkeit bereits Vergangenheit, und schmerzliche Nachrichten wurden durch den Lauf der Zeit abgemildert. Manchmal sehne ich diese Zeit zurück.« Er seufzte. »Heute brauchen Dampfschiffe kaum fünf Wochen. Die Welt wird kleiner, sag ich dir. Wenn das in diesem Tempo weitergeht, erleben wir es noch, dass sich die Menschen in die Lüfte erheben und fliegen.«
    Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das hat Ikarus schon probiert, und Montgolfieren gibt es auch seit Jahren, aber ich habe gehört, dass es in Amerika ein Schiff gibt, das unter Wasser schwimmt wie ein Fisch - das finde ich aufregend! Aber ehrlich gesagt, glaube ich das nicht. Wie soll man da unten atmen? Wenn man zu lange in einem engen Raum ohne Luftzufuhr bleibt, wird das schnell ungesund. Das weiß doch jeder.«
    Sie schob einen Löffel Passionsfrucht in den Mund. »Mach dir keine Gedanken, auf Inqaba ändert sich nie etwas. Oder kannst du dir vorstellen, dass eines Tages eine Eisenbahn bis dorthin fahren wird?
    Cetshwayo wird nie erlauben, dass die Eiserne Schlange sich durch sein Land windet, besonders da die Sangomas den Glauben verbreiten, dass dieses Ungetüm Menschen frisst. Sie haben Menschen in ihren Bauch steigen sehen, und dann war die Schlange davongelaufen und hatte ihre Opfer in ihren Bau verschleppt.«
    Für eine Weile war nur das Kratzen des Löffels am Boden der Glasschale zu hören. Die letzten Reste wischte sie mit den Fingern heraus und leckte sie ab. »Auf Inqaba werden wir immer unser Wasser aus dem Regenwasserspeicher oder dem Fluss holen müssen. Wir werden immer auf Petroleumlampen und selbst gemachte Kerzen angewiesen sein, denn nicht einmal in Durban gibt es elektrisches Licht, und zu unseren Lebzeiten wird es nie ein anderes Transportmittel in Zululand geben als ein Pferd oder Zugochsen, schon allein deswegen, weil Termiten die Eisenbahnschwellen zum Frühstück vertilgen würden. Glaub es mir. Du wirst dich nicht umstellen müssen, da bin ich ganz sicher.«
    Im Hinausgehen fuhr sie mit dem Finger über das Holz der tiefen Sessel, die, aufeinander gestapelt, fast den ganzen Raum einnahmen.
    Sie waren aus zu hellem Gold poliertem Stinkwood gefertigt. »Man merkt, dass du gelernt hast, mit Holz umzugehen. Die Stühle sind wunderschön geworden.«
    Johann freute sich wie ein Kind über ihr Lob. Außerdem war er froh, dass sie von Maria abgelenkt wurde. »Dafür hast du die Farbe der Polster bestens ausgesucht, das Rotbraun ist wirklich hübsch, wie gebrannter Ton, und Flecken sieht man auch kaum. Praktisch in einem Gästehaus.« Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu, richtete den Docht der blakenden Kerze auf. »Ich bin gleich fertig, dann können wir ins Bett gehen.«
    Sie lag noch lange wach in dieser Nacht, lauschte dem Klatschen der Brecher, dem Zischen der auslaufenden Wellen, dem Klappern der Fensterläden im Wind. Für keine Sekunde hörte der Lärm auf. Nur wenige Tage im Jahr war es je annähernd windstill. Nie herrschte Geräuschlosigkeit hier, so nahe am Meer. Das eintönige Getöse, das Rauschen, Donnern und Klappern füllte ihre Tage und Nächte, und es gab Augenblicke, da hätte sie schreien mögen.
    Plötzlich dachte sie an Inqaba, an die Ruhe, die sanften Buschgeräusche und die samtigen Stimmen ihrer eingeborenen Freunde, an den Duft von trockenem Gras und sonnengebackener Erde, sie dachte an Kinderlachen, ferne, strahlende Tage und die friedliche Ruhe sternenfunkelnder Nächte. Sie sehnte sich nach Zeiten, die längst für immer vergangen waren, doch in diesem Augenblick war ihr das nicht bewusst.
    Als ihr endlich gegen zehn Uhr die Augen zufielen, war das letzte Bild, das sie vor sich sah, die kleine Maria, die auf Inqaba am Stamm des alten Kaffirbaums herunterrutschte und

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