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Agent 6

Titel: Agent 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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erschien sein Körper elegant und geschickt, er gehörte zu den schnellsten Soldaten, konnte weite Strecken ohne Pause zurücklegen und trank dabei nur ein paar Schluck Wasser aus den Flüssen, die er überquerte. Fahad liebte seine drei Brüder, auch Samir, aber was seine Fähigkeiten als Soldat anging, hatte er große Bedenken.
    Samir war für den Sprengstoff zuständig. Für diese Mission hatte er sich für kama entschieden, einen stabilen Mischsprengstoff, der nicht versehentlich explodieren würde. Bomben aus diesem Material konnten nur durch einen Zünder im Innern gesprengt werden. Man konnte sie fallen lassen oder treten, der Träger konnte damit hinfallen oder stolpern, ohne die ganze Gruppe zu töten. Samir verbrachte viel Zeit damit, neue Bomben herzustellen, mit verschiedenen Zündern zu spielen, Zeitzünder auszuprobieren und die Zerstörungskraft von Sprengkörpern zu testen, die er mit Nägeln oder, was viel schwerer zu bekommen war, mit Kugellagern umhüllte. Der Nahkampf lag ihm nicht, und er war kein Anführer, aber als Bombenbauer war er unschätzbar. Als weiteren Vorteil besaß er keine verräterischen Narben, er hatte weder abgerissene Finger noch ein Auge voller Schrapnellsplitter. Die sowjetischen Soldaten ließen sich von seinen sanften Gesichtszügen täuschen, sie verdächtigten ihn nie, er konnte problemlos jeden Kontrollpunkt passieren, während Fahad jedes Mal angehalten und durchsucht wurde, als könnte man ihm seine Wut und seinen Willen zur Zerstörung ansehen. Bei dieser Mission hatte Fahad seinen Bruder zu Hause lassen wollen. Samir hatte argumentiert, er habe die größte Erfahrung mit Sprengstoff und werde am Staudamm gebraucht, um entsprechend den Umständen letzte Änderungen vorzunehmen. Nach langen Diskussionen hatte Fahad nachgegeben. Ihm war wegen dieser Entscheidung immer noch unwohl, das flaue Gefühl im Magen wollte einfach nicht verschwinden.
    Unten angekommen würden sie sich von einem Kilometer flussabwärts, außer Sichtweite der Patrouillen, an den Staudamm heranarbeiten. Es war nicht möglich, die Minen zu entschärfen, aber Fahad hatte tagsüber einige geräumt und eine sichere Strecke markiert, der sie im Dunkeln folgen konnten. Sie gingen langsam und in einer Reihe. Da sie keine Taschenlampe benutzen konnten, dienten ihnen als einzige Anhaltspunkte die Fußabdrücke, die Fahad in den Boden gegraben hatte. Bei jedem Schritt rutschte die Erde ein wenig ab, und sie mussten stehen bleiben und ihr Gleichgewicht finden, ohne sich irgendwo abzustützen, damit sie keine Mine trafen. Sie brauchten beinahe eine Stunde, um den Grund der Schlucht zu erreichen.
    Mondlicht fiel auf den Kabul, der über Felsen sprudelte. Die Feinde hatten sich mit diversen Schutzmaßnahmen gegen einen möglichen Angriff geschützt, aber den Fluss selbst ignoriert. Sie dachten in eingefahrenen Bahnen, ihr konventionelles Vorgehen würde ihnen den Untergang bringen. Als Fahad in den Fluss watete, war das Wasser so kalt, dass er einen Schrei unterdrücken musste. Hinter sich hörte er ein scharfes Luftholen, als seine Männer ihm folgten. Sie trugen keine Spezialkleidung. Ihre üblichen weißen Hemden hatten sie gegen amerikanische T-Shirts getauscht, die sie in der Strömung nicht zurückzogen. Bei diesen Temperaturen konnten sie nicht lange überleben, wenn ihr Kopf oder Hals nass wurde. Deshalb mussten sie sich einen Weg durch die flachen Stellen suchen. Ihre einzige Chance zu überleben bestand darin, unentdeckt zu bleiben, den Sprengstoff anzubringen und sich dann zurückzuziehen.
    Das Ziel der Operation war nicht, den ganzen Damm einstürzen zu lassen. Es wäre ein großartiger Anblick, war aber unmöglich zu erreichen, selbst mit Samirs Fähigkeiten. Sie wollten die Tunnel unter dem Staudamm beschädigen, so dass die Anlage für Reparaturen gesperrt werden musste. Damit würden sie den Betrieb in Kabul lahmlegen. Das sowjetische Regime müsste sich auf den Schutz der Stromversorgung konzentrieren und seine Truppen nahe der Hauptstadt einsetzen, während der Widerstand neue Kräfte sammeln könnte. Es wäre ein großer psychologischer Sieg, den Besatzern einen entscheidenden Schlag bei der Stromversorgung zu versetzen, und das an dem Tag, an dem Fahads älterer Bruder Dost Mohammad eine ganze Klasse von Geheimdienstoffizieren in Ausbildung töten wollte.
    Als sie die letzte Flussbiegung nahmen, lag der Staudamm direkt vor ihnen. Der Kontrollraum war deutlich zu sehen, die Diensthabenden

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