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Agent 6

Titel: Agent 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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antwortete:
    – Du bist der Grund, weshalb wir hier sind. Du bist derjenige, den die CIA will. Wenn du stirbst, ist die Mission gescheitert. Das Mädchen sollte vorangehen.
    Nara sagte:
    – Er hat recht. Ich gehe als Erste.
    Fahad widersprach ihr:
    – Nicht du. Das Mädchen, das Wundermädchen. Sie findet einen Weg. Es ist kein Zufall, dass sie jetzt bei uns ist. Wir müssen ihr vertrauen.
    Bis auf das Prasseln des Regens herrschte Stille, während Leo versuchte, Argumente gegen Fahads Vorschlag zu finden. Der Mann glaubte fest daran, dass Zabi unter göttlichem Schutz stand. Er hatte nicht aus Feigheit vorgeschlagen, dass ein kleines Mädchen vorangehen und sie durch ein Minenfeld führen sollte, sondern aus Frömmigkeit. Leo war überzeugt davon, dass der zutiefst stolze Fahad lieber sein Leben verloren hätte, als den Anschein zu erwecken, er würde sich hinter einem Mädchen verstecken. Für Fahad glich es einer Beleidigung Gottes, eine andere Wahl zu treffen. Nara reagierte zuerst, mit ihrer vorsichtigen Antwort bewies sie diplomatisches Feingefühl.
    – Ich gehe als Erste. Ich suche uns einen Weg. Wenn das Allah missfällt, sterbe ich; wenn nicht, müssen wir nicht länger darüber reden. Aber auf keinen Fall geht Zabi als Erste, Fahad, auf gar keinen Fall. Nicht, solange ich lebe.
    Wie erwartet reagierte Fahad beleidigt.
    – Das hat nichts mit Mut zu tun. Ich würde sofort als Erster …
    Nara ließ ihn gar nicht aussprechen.
    – Ohne dich sind wir alle tot. Ohne Leo ist die Mission gescheitert. Ich bin die Einzige, auf die wir verzichten können. Es geht hier weder um Frömmigkeit noch um Mut. Es ist einfach vernünftig. Ich gehe als Erste. Ihr folgt mir.
    Leo widersprach.
    – Nein, Nara, du musst Zabi tragen. Ich gehe als Erster.
    Nara verwarf diese Idee.
    – Für mich interessiert sich die CIA nicht. Und wenn Fahad uns nicht führt, haben wir keine Chance. Ich bin die Einzige, die infrage kommt. Es ist absurd, darüber zu diskutieren. Du musst Zabi tragen.
    Ohne auf seine Entgegnung zu warten, hielt Nara sich an seiner Taille fest und schob sich an ihm vorbei. Als sie gerade einen Schritt machen wollte, rief Leo:
    – Warte!
    Ihm war die Mine eingefallen, die direkt vor ihnen lag. Während ihm der Regen über das Gesicht strömte, wartete er, bis ein Blitz durch die Wolken zuckte. Die Mine lag immer noch dort, sie war nicht explodiert. Nara hatte sie auch gesehen. Sie ließ ihn los, wich der Mine aus und ging an Fahad vorbei an die Spitze.
    Leo hob Zabi hoch.
    – Halt dich an meinem Hals fest.
    Der Hagel hatte ihn so viel Kraft gekostet, dass es ihn anstrengte, das Mädchen zu tragen, obwohl es nicht viel wog. Als er um die Mine herumging, zitterten seine Beine vor Ermüdung. Nara ganz vorn war im Dunkeln nicht mehr zu sehen. Er hörte ihre Stimme.
    – Fahad, tritt genau in meine Fußspuren. Leg deine Hände auf meine Hüften. Anders schaffen wir es nicht!
    Leo fragte sich, ob Fahad sich weigern würde. Aber Fahad rief ihm nur zu:
    – Du musst das Gleiche machen.
    Leo legte Fahad eine Hand auf die Seite, während er mit der anderen Zabi hielt.
    Als menschlicher Zug setzten sie sich unbeholfen in Gang. Sie tappten blind weiter, nur die unregelmäßig am Himmel aufleuchtenden Blitze zeigten ihnen den Weg. Der Sturm war an ihnen vorbei über die Berge Pakistans gezogen. Leo hörte Fahads schweren Atem, und er hörte das Geräusch, das ihre Schuhe auf dem Boden machten. Bei jedem Schritt, mit dem er in die feuchte Erde einsank, verspürte er Erleichterung. Zabi umklammerte ängstlich seinen Hals. So kurz war er noch nie davor gewesen zu beten.

Pakistan
Nordwestliche Grenzprovinz
Peschawar
43 Kilometer südöstlich der afghanischen Grenze
Zwei Tage später
    Als der Laster durch ein Schlagloch rumpelte – durch eines von vielen in der lädierten Straße –, wachte Leo auf. Er war auf dem teuersten Bett der Welt eingenickt, auf Heroin im Wert von mehreren Millionen Dollar, das in Mehlsäcken mit dem Logo einer westlichen Hilfsorganisation versteckt war. Seine Sucht verlangte zwar immer noch nach Opium, aber die Stimme wurde mit jedem Tag schwächer. Es war für ihn letztlich nur ein Mittel gewesen, um seine Bedürfnisse zu unterdrücken – den Drang, zu desertieren und den Mord an seiner Frau aufzuklären. Doch was früher unerreichbar erschien, war jetzt zum Greifen nah: Er würde nach Amerika fahren, nach New York kommen.
    Nachdem sie das Minenfeld durchquert hatten, erreichten sie

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