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Agent 6

Titel: Agent 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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deren Motiven sie misstrauten und die sie grundsätzlich für unzuverlässig hielten. Die einzelnen Gruppen saßen an ihren Tischen und schmiedeten über fettigen Pommes frites Pläne. Es gab keinen Alkohol und offenbar auch keine Bedienung. Einige Gäste drehten sich um und betrachteten die Neuankömmlinge neugierig, andere reagierten im Drogennebel gar nicht. Als Fahad in die Küche schlüpfte, huschte eine Kakerlake frech an ihm vorbei, als wäre sie die einzige Kellnerin im Restaurant. Einen Moment später kam er mit einem Schlüssel zurück.
    Im obersten Stockwerk lagen fünf Zimmer, drei auf einer Seite, zwei auf der anderen. Sie nahmen das hintere Eckzimmer, das Fenster zu beiden Straßen hin besaß. Es gab ein Bett, aber kein Badezimmer – eine Etage tiefer befand sich ein Gemeinschaftsbad. Der Boden knarrte, der Putz wies Flecken auf, und die Bettlaken waren nicht gewaschen, sondern nach den letzten Gästen nur festgesteckt worden. Fahad warf den Schlüssel auf das Bett.
    – Ich treffe mich mit dem ISI . Wenn sie uns nicht helfen wollen, ist unsere Mission gescheitert. Ich habe keinen direkten Kontakt zur CIA . Und wir können auch keinen herstellen, wenn der ISI uns nicht die Erlaubnis dazu gibt.
    – Wir könnten zur Botschaft nach Islamabad gehen.
    – Nicht ohne die Erlaubnis der Pakistaner. Wir sind jetzt in ihrem Land. Ich habe klare Befehle. Wenn ihr versucht, ohne mich die amerikanische Botschaft zu erreichen, finde und töte ich euch.
    Mit dieser Warnung ging Fahad.
    Leo hob Zabi hoch und setzte sie auf das Bett. Sie fragte:
    – Müssen wir jetzt sterben?
    – Nein.
    – Aber er hat gesagt …
    Nara unterbrach sie.
    – Hör gar nicht auf ihn.
    Leo fügte hinzu:
    – Wir konnten noch nicht darüber reden, was passiert ist. Du bist bestimmt ganz durcheinander. Verstehst du, warum es für dich gefährlich wäre, in Afghanistan zu bleiben?
    Sie gab keine Antwort, sondern biss sich nur auf den Fingernagel. Leo erklärte:
    – Die Sowjets haben große Angst zu verlieren.
    – Warum?
    – Sie glauben, dass sie dann schwach wirken. Und sie würden alles tun, um das zu verhindern. Sie haben viele Waffen, die sie gegen jeden einsetzen, gegen Männer, Frauen und Kinder. Das Land ist nicht sicher, weder für dich noch für mich oder Nara.
    Zabi fragte:
    – Wo sollen wir dann leben?
    – Wir müssen uns einen anderen Ort suchen.
    – Können wir hier bleiben?
    – Ich glaube nicht.
    Nara setzte sich neben sie.
    – Hier sind viele Menschen aus unserem Land. Sie haben ihre Heimat und ihre Familien verloren, genau wie du und ich. Sie haben nichts. Tausende leben in Flüchtlingslagern, sie schlafen zusammen unter Plastikplanen und haben nicht mal sauberes Wasser. Das Leben hier ist schwer. Es wäre gefährlich, vielleicht genauso gefährlich wie der Krieg.
    Mit einer Verständigkeit, die über ihr Alter hinausging, folgte Zabi den Argumenten.
    – Wohin können wir sonst gehen?
    Leo antwortete:
    – Vielleicht nach Amerika. Hast du davon schon mal gehört?
    Sie schüttelte den Kopf.
    – Das ist weit weg und ganz anders als die Welt, die du kennst. Dort gibt es keinen Krieg, es gibt sauberes Wasser und Essen, und es ist sicher, wir hätten eine Chance. Hier müssten wir uns die ganze Zeit abstrampeln, um zu überleben.
    Zabi fragte klug:
    – Welche Probleme gibt es denn in Amerika?
    – Es wäre nicht ganz einfach. Du würdest nichts wiedererkennen. Und wir wären Fremde, Außenseiter. Sie sprechen eine andere Sprache. Du müsstest dich an eine neue Lebensweise gewöhnen. Aber wenn du die Sprache lernst und dich anpasst, akzeptieren sie dich schnell als eine von ihnen.
    Zabi fragte Nara:
    – Gibt es da auch Berge, so wie hier?
    Verlegen reichte Nara die Frage an Leo weiter:
    – Ich weiß es nicht. Gibt es in Amerika Berge?
    Er nickte.
    – Das Land ist riesig. Es gibt Berge und Wüsten und Wälder und Strände. Du kannst in Seen oder im Meer schwimmen.
    Zabi fragte:
    – Was ist das Meer?
    Nicht nur, dass sie das Meer noch nie gesehen hatte, sie hatte auch keine Ahnung, was es war. Leo begriff, wie ungeheuer ihre Reise auf dieses kleine Mädchen wirken musste. Er überlegte, wie er es am besten erklären konnte.
    – Das Meer ist eine riesige Wasserfläche, so groß wie ein Land. Statt Erde ist überall Wasser, es ist so tief, wie die Berge hoch sind. Im Meer leben viele Tiere, wie in einem See, aber manche Tiere sind ganz groß, sogar so groß wie dieses Haus.
    Darüber staunte

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