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Agent der Sterne

Titel: Agent der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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öffnete ein Tor, um uns auf den Platz zu lassen.
    »Gehen wir die Strecke ab, damit ich Ihnen zeigen kann, was der Hund tun soll«, sagte er.
    »Sie können es mir auch einfach erklären. Das müsste genügen.«
    Bowen schmunzelte. »Also gut. Ich habe mir Folgendes überlegt. Ihr Hund soll über den Plastikzaun da drüben springen, dann zu diesem Fenster laufen…« – er zeigte darauf -»… und die Strippe ins Maul nehmen, um damit das Rollo zu öffnen. Danach soll er hierher zurücklaufen…« – jetzt deutete er auf etwas, das wie eine Kinderspielhütte aussah -»… und auf den Klingelknopf rechts neben der Tür drücken. Dazu müsste er eigentlich in der Lage sein. Er soll darauf drücken, sich umdrehen, sich setzen und einmal bellen.«
    »Ist das alles?«
    »Hören Sie mal«, sagte Bowen. »Es dauert ein gutes Jahr, bis ein Hund etwas so Kompliziertes gelernt hat. Wenn Ihr Hund nur eine dieser Aufgaben beim ersten Versuch schafft, wird er als klügster Hund aller Zeiten in die Hundegeschichte eingehen.«
    »Joshua.« Ich schnippte mit den Fingern, als wollte ich ihn bei Fuß rufen. Er trottete herbei, machte Platz und sah mich an.
    Ich zeigte auf den Plastikzaun. »Spring!«, sagte ich. Dann richtete ich den ausgestreckten Arm auf das Rollo. »Zieh!« Dann deutete ich auf die Türklingel an der Spielhütte. »Drück!« Dann bewegte ich die Hand im Kreis und senkte sie nach unten. »Bell!«, sagte ich schließlich.
    Joshua sah mich mit einem Blick an, der so viel besagte wie Nun mach mal halblang.
    »Los!«
    Er rannte los.
    »Heilige Mutter Gottes in der Hummerschale«, sagte Al Bowen ungefähr zwanzig Sekunden später.
    »Ich finde, mit dem Rollo war er etwas nachlässig«, sagte ich. Es hing nun in der Tat ein wenig schief.
    »Hören Sie«, sagte Bowen. »Übermorgen soll hier ein Werbespot für Mighty Dog gedreht werden. Hätten Sie zufällig Zeit?«
    »Klar.«
    »Der Dreh beginnt um halb elf. Versuchen Sie, um sieben hier zu sein. Das ist der klügste Hund, den ich in meinem Leben je gesehen habe, aber trotzdem muss er äußerlich noch etwas auf Vordermann gebracht werden.« Bowen schüttelte den Kopf und ging davon.
    Joshua kehrte zu mir zurück. »Nun?«, sagte er.
    »Du wirst in einem Werbespot für Hundefutter auftreten«, sagte ich.
    »Das geht in Ordnung«, sagte Joshua. »Denn ich würde mich niemals auf etwas einlassen, das nicht zu hundert Prozent aus reinem Rindfleisch hergestellt wird, musst du wissen.«

13
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    Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg, als die Nazis Polen überfielen und kurz danach Warschau bombardierten. Am 27. September hatten die Deutschen die Weichsel erreicht, die mitten durch die polnische Hauptstadt fließt. Wenig später wurden die Juden von Warschau ins Getto getrieben – ursprünglich 500.000, die sich in einem Stadtteil von etwa einer Quadratmeile drängten. Im Juli 1942 begannen die Nazis damit, sie massenhaft aus dem Warschauer Getto zu deportieren. Zwischen dem 22. Juli und dem 3. Oktober wurden 300.000 Menschen in verschiedene Konzentrationslager geschafft – hauptsächlich nach Treblinka und Chelmno, die der Hauptstadt am nächsten lagen – und dort ermordet. Im April 1943 wurden die etwa 40.000 Juden, die sich noch im Getto aufhielten und sich in ihrer Verzweiflung zum Aufstand entschlossen, von deutschen Soldaten angegriffen. Die Juden leisteten drei Wochen lang heldenhaften Widerstand. Danach wurden fast alle getötet.
    Eine der Überlebenden war Rachel Spiegelman. In der Vorkriegszeit waren die Mitglieder von Rachels Familie in angesehenen Berufen tätig. Als Tochter und Enkelin von Ärzten hatte Rachel selbst Jura studiert und arbeitete als Büroleiterin der Anwaltskanzlei ihres Mannes. Neben Polnisch und Jiddisch sprach sie Deutsch und Englisch und war als Kind sogar einmal in Amerika gewesen, um dorthin emigrierte Verwandte zu besuchen. Sie war eine privilegierte Tochter und Ehefrau, und der Niedergang von einem Leben mit Dienstpersonal und Sommerlandsitz zu einem Zimmer im Getto war ein langer Weg.
    Und dennoch schlug sich Rachel durch, so gut es unter den gegebenen Umständen möglich war. Sie war zielstrebig und vernünftig – und gleichzeitig eine beeindruckende Persönlichkeit. Als die Nazis den Getto-Bewohnern mitteilten, dass sie »Judenräte« bilden sollten, die sich um Unterbringung, sanitäre Einrichtungen und die Versorgung der Bevölkerung kümmern sollten, verbot sie den Mitgliedern ihrer Familie, sich daran zu beteiligen.

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