Agenten kennen kein Pardon
Möbel waren weiß, sauber, steril gemacht.
Prof. Dr. Paerson lag auf einem Berg weißer Kissen und rechnete auf einer Holzplatte, auf die er mit Heftzwecken große Bogen Papier geheftet hatte. Er sah erstaunt den Eintretenden entgegen und schob dann seine Platte fort.
»Mabel!« sagte er glücklich. »Kind, du bist da!« Er ließ sich von Mabel auf die Stirn küssen und nickte Dr. Bouth zu. »Ich danke Ihnen, mein Junge. Aber ich habe gehofft, euch anders empfangen zu können.«
»Sie hatten Pech, Herr Professor.« Dr. Bouth und Mabel setzten sich ans Bett und zogen die Stühle nah heran. Paerson wies auf die Papiere, die über und über mit Formeln und Zahlen bedeckt waren.
»Ein kleiner technischer Fehler, sonst nichts. Ich hätte es mir denken können. Wenn bei einer neuartigen Beschießung mit Neutronen größere Energien frei werden, bedeutet dies auch eine Verstärkung der Strahlung, selbst der Abfallprodukte.« Er sah seinen Assistenten an. »Doktor Bouth, wir haben einen neuen Weg gefunden. Ich habe Recht behalten: Es gibt ein Mittel, aus einem Plutonium-Atom durch Beschießung mit Neutronen in Verbindung mit neuartigen Bremsmitteln eine Kettenreaktion herbeizuführen, die bis zu 25 Prozent der in der Materie wohnenden Energie freiwerden läßt. Das heißt –«, Paerson schaute auf seine Berechnungen und tippte mit dem Zeigefinger auf eine Stelle, »daß wir in der Lage sein können, 1.300.000 000 Grad Celsius zu erzeugen, eine Menge, die wir zur Zeit im gesamten Weltall nicht feststellen können!«
»Unglaublich.« Dr. Bouth beugte sich über das Bett und studierte die Formeln. »Das bedeutet«, sagte er leise, »daß wir hier eine Hyperspaltung haben, die es ermöglicht, das Gleichgewicht der Erde zu stören, wenn wir die Energie auf einen Punkt konzentrieren.«
»Ja, Dr. Bouth!« Paerson richtete sich etwas auf. »Wir haben das Mittel in der Hand, innerhalb von zehn Sekunden diesen Stern Erde auszulöschen!«
»Grauenhaft!« Mabel war aufgesprungen. Ihr Gesicht war weiß, in ihm brannten die Augen, als habe sie Fieber. »Und um dieses Grauen zu bringen, forschst du? Um dieses Elend Wahrheit werden zu lassen, gibst du keine Ruhe? Weißt du denn, was das bedeutet, wenn man es draußen in der Welt erfährt? Dein Name wird verachtet werden, man wird dich verfluchen, dich, den größten Wissenschaftler, der den größten Mord in seiner Retorte sott: den Mord an 2 ½ Milliarden Menschen!« Dr. Bouth war aufgesprungen und wollte etwas sagen, aber eine Handbewegung Mabels ließ ihn schweigen. »Ich bin hierhin gekommen, voll Freude, meinen Vater zu sehen. Ich wollte dich pflegen.« Mabel fiel vor dem Bett in die Knie und umklammerte seine Hände. »Vater, es war doch eine Warnung, dieser Unfall. Hör auf diese Stimme! Laß es sein, neues Grauen zu erfinden! Vater, woran denkst du denn, wenn du siehst, daß du Sonnen herstellen kannst? Denkst du dann an mich, die auch einmal unter deiner künstlichen Sonne verbrennen kann, wenn irgendein anderes Land diese Atome über uns bringt?«
»Mabel!« Prof. Paerson sank in die Kissen zurück. »Es geht um eine Entdeckung, die alle Lebensgesetze umgestaltet.«
»War die Welt nicht schön genug, bevor ihr zu forschen anfingt?« Sie schlug die Hände vor die Augen. »Damals war die Sonne noch eine Sonne, und man konnte durch die blühenden Wiesen gehen ohne die Angst im Nacken, daß aus geheimnisvollen Fernen ein Strahl mit 55.000.000 Grad Hitze die Erde wieder flüssig macht. Was habt ihr dabei gewonnen? Ihr wißt, daß sich Atome verändern; ihr erschließt Dinge, die nie ein Mensch in die Hand bekommen sollte, und ihr entdeckt das Geheimnis der Natur, um den Menschen zu bedrohen, um Herr zu werden über die, die hilflos unter eurer Macht verbrennen wie die 80.000 Japaner in Hiroshima und die 50.000 Unschuldigen in Nagasaki!«
»Die Angst der Menschheit wird unser Frieden sein.« Dr. Bouth wandte sich zu Mabel um. »Wenn diese Macht in der Hand der Menschen ist, die Frieden lieben, wird es nie mehr Krieg geben von denen, die im Krieg ihr Element sehen. Es wird keine Staaten mehr geben, keine Politik, kein Ost oder West – es wird nur Menschen geben in der Gemeinschaft einer Menschheit!«
»Und du glaubst, daß nur du oder Vater oder die Handvoll Wissenschaftler hier in Los Alamos den Stein der Weisen besitzen? Glaubst du, man schläft in Rußland? Oder in England? Oder in Japan? Oder sonstwo auf der Welt? Was ist, wenn zwei Staaten das Atom in der Hand haben?
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