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Agenten - Roman

Agenten - Roman

Titel: Agenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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zurecht, schon bald wußte er von ihren kleinen Geschäften und abendlichen Jobs, denen sie ihre Gewandtheit verdankten und durch die sie an Geld kamen. Unter ihnen waren auffällige Gestalten wie Lautner, der die Anzeigen für Wiesbaden live , eine der beiden monatlich erscheinenden Stadtzeitungen, eintrieb; er hatte immer einen Taschenrechner dabei, mit dem er die Einnahmen kalkulierte. Lautner war einer, der interessierte Blicke auf sich zog; er hatte einen schwerfälligen, aber imponierenden Gang, kam schnell zur Sache, ließ sich nie in lange Gespräche verwickeln und war der typische gute Freund aller Frauen, die ihre Geschichten an einen ruhigen Zuhörer loswerden wollten. Er selbst fand keinen Geschmack daran, sich mit einer Frau fest zu befreunden; Freundschaft war, wenn man es genau
nahm, ein Projekt, das ohne längerfristige Perspektiven nichts hergab, und Lautner war nur gewohnt, von Monat zu Monat zu rechnen.
    Befreundet war Lautner mit Blum, der nur Blümchen gerufen wurde, weil er klein gewachsen war und sich gern mit allerhand Kitsch umgab. Blümchen half, wann immer er Zeit hatte, in einem Antiquitätenladen aus; er stand auf englischen Möbeln, teuren Nachbildungen skurriler Stücke aus der Kolonialzeit, die meist mehrfach verwendbar waren und jeden Käufer befriedigten, der etwas Ausgefallenes suchte. Blümchens Vater war lange Zeit zur See gefahren; jetzt war er Vertreter einer Mineralwasser-Firma, die ihren Sitz im Taunus hatte. Ihm gehörte ein Segelboot, das im Hafen eines kleinen Rheingauortes lag und um das sich legendäre Geschichten von ausschweifenden Festen rankten, zu denen Blümchen seine Freunde im Sommer einlud.
    Der Dritte in diesem Bund war Männie, der einen guten Draht zu den US-boys in der Kaserne hatte und dadurch an allerhand amerikanischen Schnickschnack kam, an Erdnußbutter und Maischips, an Baseballhandschuhe und an Schlagkeulen, wie sie der batter benutzte. Es hieß, Männie treibe Handel mit Drogen, man kam schnell darauf, wenn man ihn länger beobachtete, denn Männie besaß etwas Nervöses, Verhetztes und eine übertriebene Reizbarkeit. Angeblich nahm er selbst Kokain, doch es war nur ein Gerücht, das nicht verstummte, weil er selbst nichts dazu sagte und vieles auf heimliche Weise tat. Blok hielt ihn nur für zerfahren und glaubte, daß diese Zerfahrenheit von exzessiven Diskothekenbesuchen herrühre.
    Diese drei und viele der andern – Honolka, der Jugendmeister im Tennis war, Killes, der beim Fernsehen aushelfen
durfte, weil sein Bruder Sekretär eines Showmasters war, der ein Büro in der Innenstadt hatte, Falk, der einmal Koch werden wollte und lauter Rezepte auswendig kannte, in denen sein Lieblingswort Messerspitze dominierte, Bessin, der sich für einen Athleten hielt, dessen muskulöser Körper nur mit Ausnahmeleistungen zu beruhigen war, Hegeler, der als Bademeister im Opelbad am Beckenrand stand und schon nach wenigen Sonnentagen im Frühjahr so braun war, daß ihn jeder beneidete – sie alle waren Söhne wohlhabender Eltern, die von ihren Elternhäusern längst losgekommen waren. Sie hatten einen wachen Sinn für das schwierige Verhältnis zwischen Arbeit und Vergnügen und verstanden es perfekt, der Arbeit etwas Vergnügen abzuringen und dem Vergnügen Züge von Diszipliniertheit zu verleihen. Sie gaben sich aufgeschlossen und sorglos, solche Sorglosigkeit beruhte auf einem tief gläubigen Optimismus, einem Vertrauen in die Werte der steten Progression, die ihre Dauerhaftigkeit schon im Leben ihrer Eltern erfolgreich bewiesen hatten und nicht mehr antastbar waren.
    »Sie sind uns um Längen voraus«, sagte ich zu Blok.
    »Ist ja kein Wunder«, antwortete er, »wir sind die Trampel vom Dorf, die im Frieden der weiten, unberührten Natur groß wurden.«
    »Sie sind an allem ganz nahe dran, als gäbe es nirgends was Tückisches.«
    »Ja und? Es sind eben launige Kerle mit einer unheimlich feinen Witterung.«
    »Meinst du, sowas läßt sich trainieren?«
    »Du kannst es mit ein paar Wochenendkursen versuchen.«
    »Danke, ich komm schon allein dahinter.«
    »Das gibt ein abwechslungsreiches Programm.«

    »Du traust ihnen nicht?«
    »Wer redet denn davon?«
    »Ich, ich trau ihnen nicht. Es sind zu viele Angeber darunter, und gerade die haben das Sagen.«
    »Und wenn sie einfach tüchtig sind? Oder mehr Reserven haben als du? Vielleicht waren sie schon im Mutterleib hemmungslose kleine Ichthyosaurier, die ihre Nabelschnur aufknabberten.«
    »Irrtum, das ist

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