Agentur der boesen Maedchen
daraus hervorgehen würde. Aber die Wirklichkeit war leider anders.
»Nein, es wird ein Dienstleistungsunternehmen.«
»Und um was geht es genau?«
»Begleitagentur«, formulierte ich etwas vage.
Thomas sah mich mitleidig an.
»Bist du selbst auch zu mieten oder machst du nur die Organisation?«
Elegant tupfte er sich den Mund mit der Serviette ab, wischte noch kurz über den Bart und erwartete offenbar gar keine Antwort, er redete gleich weiter.
»Ich kann mir das nicht so recht vorstellen für dich. Du bist weder die Mieze, die gerne mit einem Typen für Geld ausgeht oder sonst was macht, und verwaltungstechnische Aufgaben sind eigentlich auch nicht deine Stärke, wenn ich das als guter Freund so unverblümt sagen darf.«
Ich hatte das Gefühl, ich wäre mit meiner Mutter ausgegangen. So hatte mich schon lange niemand mehr niedergemacht. Aber das Vorgehen des guten Freundes hatte Methode. Leute niedermachen und für die eigenen Zwecke aufbauen – damit konnte man Zeit und Geld sparen. Doch das merkte ich erst ein paar Minuten später, nach einer Kunstpause von Thomas, die ich einfach nicht mit guten Argumenten füllen konnte.
»Annette, ich glaube, du hast ganz andere Fähigkeiten. Du könntest doch eine erstklassige Wissenschaftlerin sein.«
Ich überhörte die Unverschämtheit im Lob und glaubte noch, Thomas meinte es wirklich gut mit mir. Ich war auf seinen Vorschlag gespannt.
»Du könntest mir doch helfen, meine Doktorarbeit für die Publikation umzuarbeiten. Ich zahle auch dafür. Denn im Moment habe ich für so was wirklich keine Zeit. Ich will möglichst bald mit der Habilitation anfangen.«
»Und was soll ich deiner Meinung nach tun?«
»Zitate überprüfen, Fußnoten korrigieren, den Druck überwachen, was man eben so tut. Denk mal nach, ich komm gleich wieder. Wir können ja dann zu dir gehen, ist ja um die Ecke.«
Thomas schraubte sich aus der Bank und entfernte sich in Richtung Toilette, um seine beiden Weißbiere abzuschlagen.
Vielleicht besorgte er auch schon mal ein Kondom. Man konnte ja nie wissen. Meine Gedanken schweiften ab. Um wie viel besser war es mir doch am Abend zuvor gegangen, als ich Onkel Franz begleitet hatte. Ein Haufen Geld und gutes Essen, ein Mann, der mir meine Wünsche von den Augen ablas. Wo war bloß der Unterschied? Ich schluckte den Rest Wein, und mit ihm kam auch die Wahrheit. Von Onkel Franz wollte ich nichts, Thomas aber hatte mir schon immer gefallen, und offenbar tat er das noch, da ließ ich mich behandeln wie eine kleine Studentin.
Ich baute mich innerlich auf, spürte Ricarda und Eva hinter mir stehen. Pfeif auf das Schwein, flüsterte Eva, im Bett war er doch auch eine Niete, fügte Ricarda hinzu. Du hast mehr als drei Mille an einem Abend verdient, du bist eine gute Geschäftsfrau.
Genau. Ich bin nicht die Sekretärin von Thomas, auch nicht seine Matratze. Ich stand auf und steuerte dem Ausgang zu.
»Der Herr zahlt«, sagte ich dem Kellner im Vorübergehen.
Ricarda Der Cousin war nicht zu erblicken. Entweder hielt er sich still in dem Kämmerchen, das ich ihm zugewiesen hatte, oder er war auf Tour gegangen in die Stadt. Keine Ahnung. Ich hatte beschlossen, dass er nicht mein Fall war, und das reichte mir. Sein Aufenthalt in meinem Haus war so oder so nur eine Frage der Zeit.
Ich hatte mich für nachmittags mit meinem früheren Psychologen zum Segeln verabredet. Er hatte mir damals geholfen, über die Trennung von Franz hinwegzukommen, die mich doch etwas mehr Nerven gekostet hatte, als ich offen zugeben würde. Ich hatte dabei zwar mühevoll gelernt, für mich selbst zu sorgen, meine eigenen Interessen zu entdecken, aber das Alleinsein war gar nicht so einfach. Ich war zwar auch in der Ehe viel allein gewesen, aber es gab da immer einen im Hintergrund, auf den man im Zweifelsfall zurückgreifen konnte. Bei Gero hatte ich gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen und mein Selbstmitleid zu vergessen. Wir ließen monatelang mein Leben Revue passieren, auch die Zeit, als ich, die kleine Krankenhaustippse, vom Herrn Assistenzarzt als Lebensgefährtin auserkoren worden war. Ich musste zuletzt auch anerkennen, dass die ganzen Jahre nicht nur Mist gewesen waren. Sich dankbar von der Vergangenheit verabschieden, nannte Gero das.
Gero, der Kluge und Feinsinnige. Nun, leider war er gegen meine Verführungskünste immun. Aber wir waren uns irgendwann später wieder über den Weg gelaufen und seitdem gut befreundet. Meine Männerwut beobachtete er mit dem
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