Agentur der boesen Maedchen
nur, wenn sie beschienen wurden, was immer man darunter verstehen mochte. Und wenn Frauen Monde waren, dann konnte man auch endlich begreifen, warum sie andauernd zu- und abnahmen.
Annette reagierte immer noch nicht. Aber da sie offenbar nicht umzufallen drohte, ließ ich sie wieder los und geleitete sie nur behutsam zu ihrem Sessel, damit sie endlich mit dem Laufen auf hörte. Ich pflanzte sie mitten in die Polster und setzte mich zu ihr auf die Lehne.
»Du musst nichts dazu sagen, Annette. Du hast dich gestern Abend richtig verhalten, finde ich. Und jetzt tust du erst mal was für dein Selbstbewusstsein. Dann kannst du immer noch entscheiden, ob du den Kerl Wiedersehen willst. Aber so wie das die letzten zwei Jahre lief, mal ein bisschen was, mal gar nichts, das ist eigentlich nicht das, was du suchst.«
»Was suche ich dann?«
»Denk mal drüber nach. Hoffentlich was anderes als einen Mann, der dich niedermacht.«
»Meinst du, ich falle ständig auf dieselben Typen rein?«
»Würdest du es aushalten, wenn dich einer toll findet und bewundert?«
Annette versank fast in den Polstern. Offenbar konnte sie sich gar nicht vorstellen, dass ein normaler Mann auf so eine Idee käme. Ich machte mir ernsthaft Sorgen um sie und beschloss, nachher mit Gero darüber zu sprechen. »Weißt du, was ich finde? Versuch das mit der Agentur, meine Hilfe sollst du haben. Und verliere deine Doktorarbeit nicht aus dem Auge, soviel Zeit muss sein. Und wenn dir einer über den Weg läuft, der dir gefällt, dann riskier mal ein Abendessen oder mehr. Aber er muss dich sagenhaft toll finden, darunter läuft bei dir gar nichts mehr. Das gestern Abend mit Thomas fand ich einen starken Anfang.«
So wie Annette mich nun ansah, zweifelte ich sehr daran, ob überhaupt noch irgendetwas in ihrem Leben erfolgreich ablaufen würde. Aber das sagte ich natürlich nicht.
Annette Die ersten Tage waren hart. Ich hatte jede Menge Anrufe, die meisten schweinischen Inhalts. Was die Kerle alles mieten wollten, was sie aus unserer Anzeige herausgelesen hatten, das ließ sich kaum ausdenken. Irgendetwas mussten wir falsch gemacht haben. Der eine faselte von Sado-Maso, der andere fragte nach orientalischen Techniken. Ich konnte froh sein, dass ich viele dieser speziellen Wünsche gar nicht verstand. Zum Glück hatte ich mir mit meinen neunundzwanzig Jahren eine Portion Naivität bewahrt. Dennoch hatte ich massive Bedenken, schließlich war das Büro ja in meiner Wohnung untergebracht und von draußen gut einsehbar. Ich schloss die Verbindungstür zu meinen hinteren Räumen inzwischen immer ab und schob den neu angebrachten Riegel vor, wenn ich mich abends zurückzog. Vielleicht tauchte eine dieser perversen Gestalten mal bei mir auf.
Von unserer Idee war ich nicht mehr so überzeugt. Kein einziger Auftrag in dieser Woche, vielleicht war Onkel Franz doch eine Eintagsfliege gewesen, ein harmloser Masochist mit Geld sozusagen.
Das Büro hatte ich inzwischen fertig gestaltet. Wenige Bücher, ein aufgeräumter Schreibtisch, ein paar Aktenordner im Regal, eine Kaffeemaschine, das Telefon, ein paar Sachen, die wichtig wirkten, ohne es zu sein, also Pinnwand, Diktaphon und andere Kleinigkeiten, die wir zusammengetragen hatten.
Als ich an diesem Morgen aus den übriggebliebenen Räumen meiner einstmals schönen Wohnung das Büro betrat und es bitter bereute, dafür mein Wohnzimmer aufgegeben zu haben, sah ich ein schmächtiges Männchen vor der Eingangstür warten. Ich öffnete und sah etwas genauer auf ihn hinab.
»Wollen Sie zu mir?«
»Gehört Ihnen die Agentur, dann ja …«
»Nun, äh …«
»Rohmeister, ich arbeite bei den Stadtwerken.«
»Wollen Sie Strom ablesen? Muss ich was bezahlen?«
»Nein, nein, Sie missverstehen mich. Ich bin privat da …«
Ich trat etwas beiseite und ließ ihn eintreten. Ein bisschen lüften hätte nicht geschadet, aber während sich der Kleine aus dem Mantel schälte und überlegte, wo er ihn hinlegen könnte, räumte ich schon mal die Gläser und Tassen der letzten Tage weg und setzte Kaffee auf. Ich widerstand meinem ersten Impuls, dem Besucher eine Tasse anzubieten, es gab im Moment nur eine, Milch und Zucker waren auch nicht da, und in meine privateren Räume wollte ich mich auch nicht begeben, um die Sachen zu holen, ich misstraute dem Kerl nach meinen telefonischen Erfahrungen der letzten Tage.
Er stand immer noch wie ein Fragezeichen mitten im Raum, der Pullover sah verdächtig selbstgestrickt aus – Frau
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