Agentur der boesen Maedchen
Annette nutzte die Gelegenheit und hakte gleich nach.
»Ihr habt euch mal geliebt«, Annette war immer so romantisch, »ihr habt ein gemeinsames Kind, das ihr auch einige Jahre gemeinsam betreut habt.«
»Falsch, für Haushalt und Kind war ich zuständig.«
»Aber er war da, im selben Haushalt.«
»Ein bisschen wenig, findest du nicht auch? Der Kater war schließlich auch da und erhebt jetzt keine Ansprüche.«
»Der Kater ist nicht der Vater deiner Tochter.«
»Außerdem ist er tot.«
»Eva, lass mich doch auch einmal ausreden.«
Annette hatte heute schon viel geredet, aber ich beschloss, sie noch einmal zu Wort kommen zu lassen.
»Du solltest wenigstens mit ihm reden. Lass dir ein Angebot machen, wie er sich die Sache vorstellt. Und überlege dir ganz genau, was du willst und was nicht.«
»Das weiß ich.«
»Das glaube ich nicht. Du bist verbohrt, anstatt aus der Situation Kapital zu schlagen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Denk an das, was Clara gesagt hat. Als Emanze kann man auch Geld mit Männern verdienen. Du kannst ja ruhig Feministin bleiben und doch mit einem Kerl ins Geschäft kommen – so wie heute Abend.« Da hatte Annette recht. Aber ich wusste noch nicht, was da auf mich zukommen würde.
Ricarda Sonntagnachmittage habe ich schon immer gehasst. Und auch der heutige versprach nicht besonders anregend zu werden. Als ich noch mit Franz verheiratet war, haben wir in den ersten Jahren immer versucht, diese Nachmittage zu genießen, etwas zu unternehmen oder es uns gemütlich zu machen. Gemütlich machen hieß dann, dass es sterbenslangweilig wurde und wir irgendwann zu streiten anfingen. Davon war mir etwas geblieben. Noch immer unternahm ich ungern etwas am Sonntag. Ich glaubte offenbar daran, dass man sich an diesem Tag Ruhe gönnen sollte, und die Folge davon war, dass ich nicht wusste, wohin mit mir. Der Blues schien mich schon wieder einzuholen, als Gero anrief. Er war auch nicht besonders gut drauf, also verabredeten wir uns zu einem Kummeraustausch. Da ich mir keine Arbeit machen wollte, gingen wir abends zum Essen.
»Ich habe über deine Idee nachgedacht«, begann Gero nach den einleitenden Floskeln. »Ich halte es nicht für gut, wenn du dich in das Leben deiner Nichte einmischst.«
»Sie ist weniger Nichte als Freundin, und ich finde, sie sollte ein paarmal mit einem Mann ausgehen, der so gut Frauen aufbauen kann wie du.«
»Aber das muss nicht unbedingt ich sein. Das kann jeder beliebige.«
»Du kennst die Männer nicht.«
Gero lachte. Natürlich kannte er Männer, aber er war auf ihre Aufmerksamkeit nicht angewiesen. Er kannte vor allem Männer, die Probleme hatten und sie mit seiner Hilfe lösen wollten. Dann waren sie von ihm abhängig. Den Fall, dass einem ein Mann das Selbstbewusstsein raubte, kannte er wohl kaum, da war ich mir sicher.
Die Bedienung kam, und Gero bestellte Fisch und Weißwein, wie immer. Mir waren die Nudeln lieber. Sie machten satt und weniger Mühe. Ich war keine große Genießerin, wenn’s ums Essen ging. Ich aß einfach alles gern, außer Gräten.
»Aber das Verfahren ist doch ganz einfach. Du rufst bei der Agentur an, verlangst eine junge Frau und kriegst Annette. Kannst auch sagen, sie sei dir empfohlen worden. Sie hat mir erzählt, dass sie einen Fall von den Stadtwerken erfolgreich bearbeitet.«
»Ich finde das nicht gut. Deine Nichte muss sich selbst zu helfen wissen.«
»Weiß sie aber nicht.«
»Das ist eine Unterstellung deinerseits. Ich halte dein Vorgehen für übergriffig.«
»Annette verliebt sich immer in die falschen Männer. Annette schmeißt ihre Doktorarbeit hin. Annette wird auch mit ihrer Agentur scheitern, wenn ihr niemand hilft.«
»Wenn alle so über sie denken wie du, dann wird sie auch immer scheitern, um eure Erwartungen zu erfüllen.«
»Du hast recht. Ich rede über sie wie ihre Mutter. Die traut ihr auch nichts zu.«
»Eben. Ihr habt sie auf Erfolglosigkeit programmiert.«
»Ich nicht.«
»Du führst das Werk deiner Schwester fort, wenn auch mit anderen Mitteln.«
Da mir keine Antwort einfiel, trank ich erst einmal einen ordentlichen Schluck Wein, den der Kellner gerade gebracht hatte.
»Außerdem könnte es sein, dass sie mich kennt. Du hast vielleicht mal von mir erzählt.«
»Ich erzähle nie von dir, weil ich dich nicht teilen will.«
»Aber jetzt willst du mich verkaufen.«
»Du bist mir heute zu psychologisch.«
»Du hast mich um einen beruflichen Rat gebeten.«
Gero trieb mich in
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